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Ein Jugendlicher mit einer Flasche Bier in der Hand.

© dpa/Daniel Karmann

Alkohol für Minderjährige: Immer nur Verbote sind einfallslos

Seit Jahren sinkt der Konsum von Alkohol bei Jugendlichen. Dennoch wirbt der Suchtbeauftragte der Regierung für strengere Regeln. Auch ohne Gesetze hat sich der Umgang verändert.

Ein Kommentar von Felix Hackenbruch

Medizinisch ist die Sache relativ eindeutig: Jugendliche und junge Erwachsene sind deutlich stärker gefährdet, alkoholbedingte Schäden zu erleiden, als Erwachsene. Je jünger die Leber, desto schwerer tut sie sich mit dem Abbau von Alkohol.

Vor allem aber kann sich erhöhter oder regelmäßiger Alkoholkonsum in der Jugend negativ auf die Gehirnentwicklung auswirken. Schon in jungen Jahren kann Alkoholkonsum die Grundlage legen für spätere Langzeitschäden und Suchterkrankungen.

Es ist daher nur richtig, wenn sich der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Burkhardt Blienert (SPD), Gedanken macht, wie Kinder und Jugendliche noch besser geschützt werden können. Und doch ist seine Forderung, das beaufsichtigte Trinken von Minderjährigen zu verbieten und die Altersgrenze für alle alkoholischen Getränke auf 18 Jahre zu erhöhen, falsch.

Jugendliche konsumieren Alkohol heute verantwortungsvoller

Bislang dürfen Jugendliche in Deutschland ab 14 Jahren Bier, Wein und Sekt konsumieren, wenn ihre Eltern dies beaufsichtigen. Ab 16 Jahren dürfen sie diese Getränke dann auch selbst kaufen, ab 18 Jahren dann harten Alkohol. Die Idee dahinter: Minderjährige sollen nur schrittweise und verantwortungsvoll an Alkohol herangeführt werden.

56,3
Prozent der unter 16-Jährigen haben noch nie Alkohol getrunken.

Das heißt aber nicht, dass Jugendliche zwangsläufig anfangen, mit 14 zu trinken. Laut den Zahlen des Alkoholatlas des Deutschen Krebsforschungszentrums gaben im Jahr 2021 56,3 Prozent der 12- bis 15-Jährigen an, in ihrem Leben noch nie Alkohol probiert zu haben. Zum Vergleich: 2001 hatten in diesem Alterssegment noch 83,5 Prozent angegeben, bereits mit Alkohol in Berührung gekommen zu sein.

Auch mit Blick auf andere Entwicklungen scheinen Blienerts Vorschläge alarmistisch: Denn der Alkoholkonsum von Jugendlichen ist nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf einem Tiefstand. Nur noch 8,7 Prozent der Minderjährigen gaben an, wöchentlich Alkohol zu trinken. Bei der ersten Erhebung 1979 hatte der Wert noch bei etwa 25 Prozent gelegen.

Der gesellschaftliche Umgang mit Alkohol hat sich in den vergangenen Jahren ganz ohne Gesetzesänderungen stark verändert. Besonders Jugendliche konsumieren heute viel verantwortungsvoller als noch vor einigen Jahren. Es verwundert darum, wenn Blienert dennoch davon spricht, Deutschland habe ein „dickes Problem beim Alkoholkonsum“. Bei Jugendlichen ist das immer weniger der Fall.

Blienerts Bemühungen für mehr Jugendschutz sind aufrichtig, seine Pläne aber einfallslos. Statt nur mit immer neuen Verboten, die sich schwerlich überprüfen lassen, zu kommen, sollte der Drogen- und Suchtbeauftragte für weitere Aufklärung sorgen.

Statt den ersten Kontakt von Jugendlichen mit Alkohol durch ein Verbot in die Heimlichkeit zu verschieben, sollten Minderjährige unterstützt werden, einen maßvollen Umgang mit Alkohol zu erlernen. Dabei auf die Fürsorge der Eltern zu verzichten, wäre töricht.

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