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Hubert Aiwanger will nach der Landtagswahl in Bayern im Oktober weiter mit der CSU koalieren.

© Imago/Wolfgang Maria Weber

„Aufhören, gegen die Mehrheit zu regieren“: Freie-Wähler-Chef Aiwanger kritisiert Ampel-Koalition scharf

Er wolle nach der Landtagswahl in Bayern die Koalition mit der CSU fortsetzen – um zu verhindern, dass die AfD oder die Grünen zulegen, sagt Aiwanger.

Der Chef der Freien Wähler in Bayern, Hubert Aiwanger, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Sie handele gegen die Interessen einer Mehrheit im Land. „Ich will nicht mehr, als dass die Bundesregierung aufhört, die Menschen zu nerven und gegen die Mehrheit zu regieren. Das meine ich mit Demokratie: Politik für die Mehrheit, nicht gegen die Mehrheit“, sagte Aiwanger der „Welt“.

Aiwanger will nach der Landtagswahl in Bayern im Oktober weiter mit der CSU koalieren: „Jeder sieht, dass er den anderen als Partner braucht. Also werden wir uns nicht gegenseitig die Augen auskratzen, sondern es gemeinsam nach Kräften verhindern, dass die Grünen oder die AfD in Bayern zulegen“, sagte er. „Markus Söder will wie ich die grüne Politik in die Schranken weisen, weil die ein Hauptgrund für das Erstarken der AfD ist.“ Einen anderen Koalitionspartner als die CSU könne er sich nicht vorstellen, so Aiwanger.

Mit Blick auf die Stärke der AfD sagte Bayerns Vizeregierungschef: Er habe den Anspruch, zu verhindern, dass sich die AfD in Bayern wie in Ostdeutschland oder mittlerweile auch Baden-Württemberg bei 20 Prozent und mehr festsetze. „Das geht nur, wenn man Klartext spricht. Und wenn ich sage, dass wir zu viele Zuwanderer haben oder dass die Straftaten von Migranten besorgniserregend hoch sind, dann ist das nicht AfD-Sprech.“

Wer da gleich nach der Sprachpolizei schreie, mache die Rechtsradikalen nur umso größer. „So wie die Grünen das mit ihrer Politik tun. Das Heizungsgesetz von Robert Habeck ist ein Konjunkturprogramm für die AfD“, sagte Aiwanger weiter. „Es ist ein Versagen der übrigen bürgerlichen Parteien, dass die AfD überhaupt so groß werden konnte. Wichtige Themen wie verfehlte Migration zum Schaden unseres Landes wurden zu Tabuthemen erklärt, anstatt die Probleme zu benennen und abzustellen.“

Wir haben in ganz Deutschland ein Potenzial von mehr als fünf Prozent.

Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler in Bayern

Er tue alles dafür, dass die AfD nicht weiter wachse. „Durch vernünftige bürgernahe Politik in Land und Bund kann man am ehesten verhindern, dass Vertreter dieser Partei weitere politische Ämter besetzen. Vielfach sind nämlich auch bundespolitische Themen wahlentscheidend für kommunale Ämter“, sagte Aiwanger.

Aiwagner forderte eine Neujustierung der Zuwanderungspolitik. „Im Prinzip sollten nur die zu uns kommen, die bei uns arbeiten wollen, sich anständig benehmen, und Menschen, die wirklich politisch verfolgt sind, sofern man die nicht wohnortnah auffangen kann. Also in den Herkunftsregionen oder in sicheren Staaten, die auf der Fluchtroute liegen“, sagte der Freie-Wähler-Vorsitzende. Die aktuelle Asylpolitik überfordere die Menschen, die Kommunen, den Staat.

„Also muss der Zuzug konsequent begrenzt werden. Bei Straftätern mit Migrationshintergrund muss versucht werden, sie umgehend abzuschieben und nicht mehr einreisen zu lassen. Wir müssen unsere Zuwanderungspolitik viel stärker auf das ausrichten, was Deutschland braucht: den Zuzug von Fachkräften.“

Derzeit verliere die Bundesrepublik aber Fachkräfte. „Deutschland ist ein Auswanderungsland von Fachkräften und ein Einwanderungsland für zu viele Unqualifizierte. Es verlassen jedes Jahr mehr Hochqualifizierte unser Land, als neu hinzukommen. Dagegen muss man was tun“, sagte Aiwanger.

Die Forderungen aus der CDU nach einer Abschaffung des individuellen Asylrechts kritisierte Aiwagner dagegen als „juristisch nicht haltbar, das Asylrecht ist ein Grundrecht. Es wäre viel sinnvoller, die bestehenden Gesetze konsequent anzuwenden und Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern von unerwünschten Zuwanderern zu schließen.“

Aiwanger sagte weiter, die Freien Wähler würden eigene Akzente unter anderem in der Sozialpolitik setzen: Die Erbschaftsteuer soll bei Immobilien generell gestrichen werden, auch für Firmen und Mietwohnungen. „Denn wenn die Eigentümer diese Einheiten nicht vererben können, weil die Steuern so hoch sind, fallen sie am Ende an chinesische Investoren. Und das kann niemand wollen. Wir sind außerdem dafür, Brutto-Einkommen bis zu 2000 Euro im Monat grundsätzlich steuerfrei zu stellen.“

Auf die bundespolitischen Ambitionen der Freien Wähler angesprochen, sagte Aiwanger: „Wir haben in ganz Deutschland ein Potenzial von mehr als fünf Prozent. Wir sehen ja, dass die Menschen mit den Parteien, die seit vielen Jahren im Bund und den Ländern regieren, nicht zufrieden sind, aber deshalb nicht alle gleich zur AfD überlaufen. Da steht ein riesiges Tor für uns offen, wir müssen nur durchfahren. Dafür müssen wir die Themen so besetzen, wie wir das in Bayern machen, und mit unseren Vertretern vor Ort bekannter werden.“ (lem)

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