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Dreckiger als gedacht? Dieselfälle beschäftigen die Gerichte schon seit Jahren.

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Update

Hoffnung für Dieselfahrer: BGH erleichtert Klägern den Weg zum Schadensersatz

Thermofenster und andere Einrichtungen, mit denen die Abgasreinigung eingeschränkt wird, berechtigen zum Schadensersatz. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

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Autohersteller müssen grundsätzlich Schadensersatz für Dieselautos mit Thermofenster-Technik zahlen, wenn die Technik nur in einem zu kleinen Temperaturbereich korrekt arbeitet. Falls die Technik zu wenig Abgase von Schadstoffen reinigt, steht den Käufern grundsätzlich Schadensersatz in Höhe von fünf bis 15 Prozent des Kaufpreises zu, erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) am Montag.

Der BGH hob damit Urteile von Gerichten auf, die Schadensersatzklagen abgewiesen hatten, und verwies sie zurück. Die Berufungsgerichte müssten die Haftungsfrage nun aber weiter aufklären, erklärte Richterin Eva Menges. Dabei sei es Sache der Autohersteller, das ordnungsgemäße Funktionieren eines Thermofensters nachzuweisen.

Geklagt hatten Autobesitzer gegen Audi, Mercedes-Benz und Volkswagen. Ihre Diesel-Pkw halten nur bei bestimmten Außentemperaturen die Schadstoff-Grenzwerte für Stickoxid ein.

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Bei hohen und niedrigen Temperaturen wird die Abgasreinigung gedrosselt - zum Motorschutz. Das ist nach EU-Recht prinzipiell möglich, die Grenzen dafür wurden durch die Rechtsprechung infolge des Dieselskandals aber eng gezogen. Die Kläger können einen Teil des Kaufpreises zurückerhalten, sofern in den Motoren ihrer Autos eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist.

100.000
Diesel-Verfahren sind noch offen

BGH ändert seine Linie

Mit den neuen Urteilen ändert der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung. Denn obwohl die Bundesrichter bereits Hunderttausenden VW-Kunden den Weg zu Schadensersatz freigeräumt hatte, hatten die Richter bislang in allen Urteilen eine wichtige Voraussetzung aufgestellt: Schadensersatz gibt es nur, wenn die Autohersteller über den Schadstoffausstoß auf sittenwidrige Weise getäuscht haben.

Beim VW-Skandalmotor EA189 hatte der BGH das bejaht, weil VW die Software so programmiert hatte, dass die Autos erkannten, wenn sie auf dem Prüfstand standen und dann weniger Abgase freisetzten als auf der Straße. Beim Thermofenster und anderen temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen hatten die Bundesrichter bei den Autoherstellern dagegen bestenfalls Fahrlässigkeit gesehen und Schadensersatzansprüche abgelehnt.

Vorgaben aus Luxemburg

Im März hatte jedoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) anhand eines Mercedes-Falls aus Deutschland entschieden, dass Schadensersatzansprüche auch schon bei einfacher Fahrlässigkeit entstehen können, nicht erst, wenn bewusst getäuscht und getrickst wird. Nach Einschätzung der Luxemburger Richter sind Thermofenster illegale Abschalteinrichtungen, wenn die Abgasreinigung schon bei Temperaturen unter 15 Grad gedrosselt oder abgeschaltet wird.

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Die Autohersteller argumentieren damit, dass Thermofenster den Motor schützen sollen. Die Software sorgt dafür, dass bei niedrigen, aber auch bei hohen Außentemperaturen die Verbrennung der Abgase im Motor eingeschränkt oder gestoppt wird. Kritiker sehen jedoch Parallelen zum VW-Dieselskandal, sie werfen der Branche vor, dass die Grenzwerte vor allem unter typischen Test.-Bedingungen eingehalten werden.

Klagen gegen VW, Audi und Mercedes

In Karlsruhe stauen sich derzeit die Dieselfälle, weil der BGH die Vorgaben aus Luxemburg abwarten wollte. Deshalb hatte der Dieselsenat erst im Mai neue Musterfälle verhandelt, die jetzt entschieden worden sind. Zum einen ging es um einen Mercedes-Diesel mit einem Thermofenster, der zweite Kläger hatte einen VW-Passat mit dem Motor EA288. Der EA288 ist ein Nachfolger des EA189 und steckt in Millionen Dieselfahrzeugen. Das Auto hat neben dem Thermofenster auch eine Fahrkurvenerkennung. Der dritte Fall betrifft einen Audi mit dem EA896Gen2BiT-Motor. Der Audi ist das einzige Auto unter den dreien, für den das Kraftfahrtbundesamt einen Rückruf und ein Software-Update angeordnet hatte und zwar, bevor der Kläger den Wagen gekauft hatte..

Die neuen Urteile geben Dieselfahrern Hoffnung auf Schadensersatz, die bisher leer ausgegangen waren. Offen sind noch mehr als 100.000 Verfahren in Deutschland. Die Autobauer verweigerten bisher Schadenersatz, weil ihre Technik rechtlich einwandfrei und vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt sei. (mit Reuters)

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