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Hinter den Gittern der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben

© dpa/Sebastian Kahnert

Bundesverfassungsgericht stärkt Wissenschaft: Mit Kriminellen muss man ungestört reden können

Es sind nicht Polizei und Justiz allein, die Verbrechen bekämpfen. Auch Forscher leisten einen Beitrag - den der Rechtsstaat respektieren sollte.

Wenn das Bundesverfassungsgericht etwas zu sagen hat, sagt es das. So war es auch jetzt mit seinem Beschluss zur Wissenschaftsfreiheit.

Ein Psychologie-Professor hatte Beschwerde eingereicht, weil er Strafverfolgern Forschungsdaten herausgeben musste (Az.: 1 BvR 2219/20 ). Leider zu spät, eine wichtige Frist war versäumt worden. Eigentlich wäre dann Schluss mit der Prüfung.

Anders hier, denn es gab etwas zu sagen. Der Forscher untersucht die „Islamistische Radikalisierung im Justizvollzug“. Zweifellos ein Thema, das nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Justiz und Sicherheitsbehörden im Blick behalten sollten.

Die vertrauliche Datenerhebung gehört zur geschützten wissenschaftlichen Methode.

Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Der Professor hatte Interviews mit Strafgefangenen geführt und ihnen Vertraulichkeit zugesichert. „Wir haben Schweigepflicht und dürfen der Gefängnisleitung oder anderen Bediensteten nichts von dem erzählen, was Sie uns sagen. Nur wenn Sie uns von einer geplanten Straftat erzählen, müssen wir das melden.“

Gegen einen der Interviewten - er saß wegen Drogendelikten ein - wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung geführt. Die Polizei kam mit einem Durchsuchungsbeschluss zur Uni. Man erhoffte sich Aufschlussreiches.

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So geht das nicht, meint das Bundesverfassungsgericht. Die Strafverfolger hätten das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit stärker beachten müssen. Es gehe hier nicht nur um den Einzelfall, es gehe um Größeres.

Tatsächlich sind gerade kriminologische Forschungen mitunter auf Kriminelle angewiesen. Um sich von der islamistischen Radikalisierung im Strafvollzug ein Bild zu machen, sollte man sich nicht zuletzt mit muslimischen Inhaftierten unterhalten. Müssten sie befürchten, dass eine Vertraulichkeitszusage nichts zählt - machen sie dann noch mit?

Kriminalprävention, so das Bundesverfassungsgericht, ist auf solche Forschung angewiesen. Wohl wahr: Justiz und Polizei bekämpfen Verbrechen als Symptom - die Wissenschaft sucht nach Ursachen. Beides gehört zusammen.

Ohne den Beschluss zur eigentlich unzulässigen Beschwerde wäre die Verunsicherung und damit der Schaden groß. Umgekehrt dürften sich Verluste für die Strafrechtspflege in Grenzen halten. Der Schutz gilt nicht absolut.

Die Justiz muss einen Zugriff künftig nur gut begründen. Besser als hier.

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