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Markus Söder.

© imago/Chris Emil Janßen / IMAGO/Chris Emil Janssen

Die Wandlungen des Markus Söder: Der CSU-Chef will jetzt auf Verlässlichkeit setzen

Er war Migrations-Hardliner, umarmte Bäume, warnte vor Corona: Nach Söders zahlreichen Kehrtwenden sucht die CSU bei ihrem Parteitag in Augsburg ihren Kurs für die Landtagswahl.

Der Parteitag hat noch gar nicht richtig begonnen, die Reihen der Delegierten sind noch weitgehend leer. Aber Markus Söder will schon mal eine Botschaft loswerden. „Das werden auch für uns schwere Monate werden“, sagt der CSU-Chef – gemeint ist die wirtschaftliche Lage. Aber, das ist Söder wichtig, Bayern werde besser bestehen als andere, weil die Substanz besser sei. „Wir sind die Nummer eins und wir bleiben es auch. Das werden wir bei diesem Parteitag zeigen.“

Bayerisches Selbstbewusstsein – das soll jetzt wieder das Erfolgsrezept sein. Der bayerische Ministerpräsident muss seine Partei auf einen langen Wahlkampf einschwören. Im Herbst 2023 wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Die CSU ist nicht da, wo sie gerne wäre. Söders politisches Schicksal hängt vom Ausgang dieser Wahl ab.

Der CSU-Parteitag in Augsburg am Freitag und Samstag soll ein Aufbruch sein. Aber Söder muss hier auch eine Antwort auf die Frage geben, wo es überhaupt hingehen soll. Er hat in den vergangenen Jahren so oft die Richtung geändert, dass vielen gar nicht mehr klar ist, wofür die CSU stehen will – und wofür der Parteichef selbst.

2018 versuchte Söder noch Wähler vom rechten Rand abzuwerben, er gab den Migrations-Hardliner. Getrieben auch von Söder ließ es der damalige Innenminister Horst Seehofer im Streit um Zurückweisungen an der Grenze fast auf einen Bruch mit der Schwesterpartei CDU ankommen. Es folgten die grünen Jahre des Markus Söder samt Baumumarmungen und Sympathien für Koalitionen mit den Grünen.

Attacken gegen die Ampel bringen Markus Söder Applaus ein.

© dpa / Karl-Josef Hildenbrand

Zu Beginn der Coronapandemie kletterte Söder dann als selbst ernanntes Mitglied des „Teams Vorsicht“ bundesweit in ungeahnte Umfragehöhen. Schließlich der unrühmliche Kampf um die Kanzlerkandidatur der Union, bei der Söder den Kürzeren zog.

Der Franke ist ein politischer Wandlungskünstler, aber eben auch Opportunist. Die ständigen Kehrtwenden überfordern nicht nur manchen in der Partei, sondern auch die Wähler. In Bayern kam sein Knallhart-Coronakurs weit weniger gut an als im Rest Deutschlands. Sein Annäherungskurs an die Grünen stieß bei den Parteianhängern nicht nur auf Gegenliebe. Und in Bayern wissen sie auch, dass Söders Sticheleien gegen den Kanzlerkandidaten Armin Laschet zur Wahlniederlage der Union beigetragen hat.

Nur gegen die Ampel sein, reicht nicht

Jetzt, ein Jahr vor der Landtagswahl, will Söder keinen Zweifel mehr daran lassen, wo sein Platz ist: in Bayern. Die CSU, behauptet er, sei die einzige Partei, die die Interessen des Freistaates vertrete. Er wettert gegen die Ampel in Berlin, wirft ihr „Bayern-Bashing“ vor. Mit seiner „Bayern gegen Berlin“-Rhetorik kämpft Söder darum, die konservativen Stammwähler zu halten.

In der CSU sind von dem Kurs nicht alle überzeugt. Es fehle ein überzeugendes Konzept, das über „Gegen die Ampel“ hinausgehe, hieß es im Vorfeld. Genau dieses Konzept will Söder auf dem Parteitag präsentieren.

Schwarz-grün? Kommt nicht in Frage

Mit Attacken gegen die Ampel spart Söder freilich trotzdem nicht – sie bringen ihm den meisten Applaus ein. „Die Ampel ist wohl eine der schwächsten Regierungen, die wir je in der Bundespolitik gehabt haben“, schimpft er. Wettert gegen „endlos peinliches Ampel-Tiki-Taka“. Besonders hart geht Söder mit den Grünen ins Gericht, mittlerweile Hauptfeind der CSU. Sie seien „eine Schönwetterpartei, aber keine Partei für Krisenzeiten“, meint Söder. Eine schwarz-grüne Koalition? Komme nicht in Frage. Die Zeiten, in denen man in der CSU grün geblinkt hat, sind vorbei.

Es ist keine Rede, die den Saal elektrisiert. Das liegt aber auch daran, dass Söder hier keine Schenkelklopfer-Rede hält – anders als beispielsweise jüngst beim CDU-Parteitag. Söder präsentiert sich in Augsburg als verlässlicher Ministerpräsident, der Bayern sicher durch die Krise führen will. Er will Halt geben in dunklen Zeiten. Dazu passt ein allzu krawalliger Auftritt nicht.

Unser Ziel ist: Unabhängig von Russland und deutlich unabhängiger vom Ampel-Norden.

Markus Söder

Es gehe auch nicht um „Bashing“ der Ampel, beteuert Söder. Es mache sich einfach Sorgen. „Wir kritisieren, wir machen Druck – vor allem, wenn es um bayerische Interessen geht“, sagt Söder. Und man stelle auch eigene Konzepte in den Vordergrund. So erklärt Söder, er wolle Bayern bei den Erneuerbaren Energien führend machen. „Unser Ziel ist: Unabhängig von Russland und deutlich unabhängiger vom Ampel-Norden.“

Der schlecht regierte Ampel-Norden gegen den funktionierenden CSU-Süden - das ist die Erzählung, die Markus Söder aufbaut. Aber keines seiner Themen streichelt so sehr die Seele des Parteitags wie das, was Söder „Fragen von Freiheit und Identität“ nennt. In Bayern solle jeder „Essen was er will, anziehen, was er will und singen was er will“. Und wem das nicht gefalle, „der geht halt raus“. Es gibt großen Applaus. Das Wettern gegen politische Korrektheit dürfte im Wahlkampf wohl zum Standardrepertoire gehören.

Söder ruft dazu auf, im Jahr bis zur Wahl im Land präsent zu sein. Er selbst tingelte schon den ganzen Sommer von Bierzelt zu Bierzelt, kein Volksfest war ihm zu unwichtig oder zu klein. Nur in den Umfragen schlug sich das bislang nicht nieder.

Für Söder kommt es darauf an, wenigstens über dem schlechten Ergebnis von 37 Prozent aus dem Jahr 2018 zu landen. Sonst wird es für ihn politisch eng, selbst wenn die CSU unangefochten stärkste Kraft wird. Söders Glück ist nur, dass es derzeit niemanden gibt, der ihm in der Partei ernsthaft Konkurrenz machen könnte.

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