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Lastwagen mit humanitärer Hilfe für den Gazastreifen fahren in Rafah aus Ägypten ein.

© dpa/Mohammed Talatene

Entscheidung des UN-Gerichts: Israel muss humanitäre Hilfe im Gaza-Streifen ermöglichen

Im umstrittenen Genozidverfahren gegen Israel hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag eine erste Entscheidung getroffen.

Israel muss nach einer ersten Entscheidung des Internationalen Gerichtshof Maßnahmen ermöglichen, um einen Genozid im Gaza-Streifen zu verhindern. Den Krieg gegen die Terrororganisation Hamas muss Israel laut Gerichtsentscheidung aber nicht einstellen.

Israel muss nun Schutzmaßnahmen ergreifen, und mehr humanitäre Hilfe zulassen. Israel muss außerdem alles dafür tun, Aufrufe zum Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, wie die Richter befanden.

Südafrika hatte in einem Eilantrag die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen wegen angeblichen Verstößen gegen die Völkermordkonvention gefordert. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wies darauf hin, dass das Gericht „nicht in der Hauptsache“ der Anklage des Völkermords entschieden, sondern „vorläufige Maßnahmen“ angeordnet habe. Diese seien „völkerrechtlich verbindlich“.

Auch die Hamas ist für extrem viel Leid verantwortlich, weil sie eiskalt und bewusst Krankenhäuser und Schulen benutzt.

Agnieszka Brugger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Agnieszka Brugger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagte dem Tagesspiegel, das Gericht habe „keinerlei Vorentscheidung mit Blick auf die Frage getroffen, ob Israels Vorgehen in Gaza gegen die Völkermordkonvention verstößt“.

Sie kritisierte, Südafrika habe mit seinem Vorgehen den „brutalen terroristischen Überfall des 7. Oktobers auf Israel nahezu völlig ausgeblendet“. Israel habe die „Pflicht“ das „völkerrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit“ zu wahren. Doch auch die Hamas sei für „extrem viel Leid verantwortlich“, weil sie „eiskalt und bewusst Krankenhäuser und Schulen“ benutze.

Der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte sagte ebenfalls, das Gericht sei „dem Vorwurf des gezielten Völkermords“ nicht gefolgt. Die Forderung nach mehr Schutz für die Zivilbevölkerung entspreche dem Wunsch der „Freunde und Unterstützer Israels“. Ähnlich äußerte sich der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt. Er sagte dem Tagesspiegel, Südafrika sei „damit damit gescheitert, die Völkermord-Konvention zu missbrauchen“.

Der Internationale Gerichtshof habe sich gegen einen sofortigen Waffenstillstand entschieden, „der nur den Terroristen der Hamas genützt hätte“. Die Menschen in Gaza bräuchten „internationalen Schutz“ und „eine vernünftige Verwaltung durch die Palästinensische Autonomiebehörde“.

Mögliche Beteiligung von UNRWA-Mitarbeitern am Massaker des 7. Oktobers

Die Palästinensische Autonomiebehörde begrüßte die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs. „Die Entscheidung des IGH ist eine wichtige Erinnerung daran, dass kein Staat über dem Gesetz steht“, sagte der palästinensische Chefdiplomat Riad al-Maliki. Sie sei „ein Weckruf für Israel“.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat die Entscheidung des UN-Gerichts zurückhaltend aufgenommen. „Israels Respekt für das internationale Recht ist unerschütterlich“, teilte Netanjahu am Freitag in einer Video-Botschaft mit. Zugleich werde sich Israel weiterhin „gegen die Hamas, eine völkermordende terroristische Organisation, zur Wehr setzen“.

14 der 15 Richter stimmten allen Maßnahmen zu

Nach Ansicht des Völkerrechtlers Kai Ambos ist das Gericht „weitgehend Südafrika gefolgt“. Der IGH sehe ein „reales und unmittelbares Risiko“, dass bestimmte genozidale Handlungen begangen werden. Er weist darauf hin, dass 14 der 15 permanenten Richter/-innen den angeordneten Maßnahmen zugestimmt hätten. Eine Order zum Ende der Kampfhandlungen sei nicht zu erwarten gewesen, „denn das geht über den Schutzzweck der Völkermordkonvention hinaus“, sagte Ambos dem Tagesspiegel.

Zugleich wurde bekannt, dass das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA eine mögliche Beteiligung mehrerer seiner Mitarbeiter am Massaker der Hamas am 7. Oktober in Israel prüft. Diesen Mitarbeitern sei „sofort“ gekündigt worden, sagte UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini laut einer am Freitag veröffentlichten Erklärung des UN-Hilfswerks.

„Jeder UNRWA-Mitarbeiter, der an Terroranschlägen beteiligt war, wird zur Verantwortung gezogen, auch durch strafrechtliche Verfolgung“, sagte Lazzarini. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich entsetzt über die Nachricht, dass mehrere UNRWA-Mitarbeiter in die Terroranschläge in Israel verwickelt sein könnten.

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