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Ein Polizist mit Maschinenpistole in Berlin

© dpa/Paul Zinken

Terrorgefahr in Deutschland: Es den Hetzern nicht so einfach machen

Manche geben Angela Merkel die Schuld daran, dass mutmaßliche Terroristen als Flüchtlinge nach Deutschland einreisen konnten. Sie machen es sich zu einfach. Ein Kommentar.

Sicherheit. Das Wort hat etwas sehr Bestimmtes. Wir benutzen es häufig im Zusammenhang mit Ordnung. Da schwingt Härte mit (gegen die, die sie verletzen), aber auch Geborgenheit (die jeder auf seine Art braucht). Wir nennen zuständige öffentliche Organe Sicherheitsbehörden. Sie sollen sich darum kümmern, dass die Bürger sicher sind und sich sicher fühlen. Denn darum geht es nicht zuletzt: Gefühl.

Das hat wenig mit gefühlig zu tun, aber ganz viel mit dem eigenen Schutzsystem. Dieser Tage empfinden in Deutschland wohl viele Dankbarkeit, auch wenn der Adressat sehr unterschiedlich sein mag. Wir sind bisher vom Terror verschont geblieben. Haben wir einfach Glück gehabt? Jedem ist doch klar, dass auch Leipzig, Köln oder Berlin Terrorziele sein könnten. Ist es vor allem Geheimdiensten, Polizei und deren grenzüberschreitender Zusammenarbeit zu danken, dass vier mutmaßliche Attentäter gefasst wurden, offenbar lange bevor sie eine Bluttat gegen fröhliche Menschen in der Düsseldorfer Altstadt ausführen konnten?

Und schon ist da wieder dieses andere Gefühl: Angst. Die Menschenverachter der Terrormiliz "Islamischer Staat" wollen auch das offensichtlich als Waffe nutzen. Ihre Botschaft: Ihr seid nirgends sicher. Ein widerliches Gefühl, dem sich glücklicherweise die Mehrheit der Deutschen – wie auch der ungleich stärker herausgeforderten Franzosen – nicht ergeben haben.

Einige Verantwortliche sollten noch einmal darüber nachdenken, wie sie informieren

Da Sicherheit so viel mit gefühlter Sicherheit zu tun hat, sollten einige Verantwortliche noch einmal darüber nachdenken, wie sie informieren. Als die Kritik an der Willkommenskultur angesichts der vielen Flüchtlinge immer lauter wurde, wurde den Bürgern erklärt, der IS habe es gar nicht nötig, seine Kämpfer über die Balkanroute zu schicken. Was wohl gedacht war, Ressentiments gar nicht erst aufkommen zu lassen, ist bei vielen anders angekommen. Sie fühlten sich mit ihren Ängsten nicht verstanden, abgekanzelt. Bei ihnen kam an, man wolle ihnen weismachen, das könne nicht passieren. Und nun: wurden Flüchtlinge, die Asyl beantragt haben, unter Terrorverdacht gefasst. Das kostet Vertrauen. Ein wichtiges Gefühl in Sicherheitsfragen.

Beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird ein Terrorverdächtiger dem Haftrichter vorgeführt.

© dpa

Zu einfach machen es sich alle, die schamlos eine vermeintlich schnelle Antwort bieten: Schuld sei Angela Merkels Entscheidung, vergangenen Sommer die syrischen Flüchtlinge nicht abzuweisen. Wer ehrlich bleibt, und kurz mal rechnet: Gefasst wurden einzelne mutmaßliche Attentäter unter Millionen Flüchtenden. Vielleicht sogar gezielt auf dieser Route losgeschickt, um all die anderen zu diskreditieren, die genau wegen dieser Schlächter geflohen sind. Um uns Angst zu machen. So einfach sollten wir es den Terroristen nicht machen. Aber wir sollten offen über die Ängste reden. Verunsicherte haben ein Recht, ernst genommen zu werden. Auch Hetzern hierzulande sollten wir es nicht so einfach machen.

Die Universität von Maryland hat gerade global nachgezählt: 2015 gab es weltweit weniger Anschläge als im Jahr davor. Und: Der Westen ist nicht das Hauptziel. 55 Prozent treffen Irak, Afghanistan, Pakistan, Indien und Nigeria. Drei Viertel der Todesopfer lebten in Afghanistan, Nigeria, Syrien und Pakistan.

Sicherheit entsteht nur in einem Rahmen der Ordnung. Auch wenn die dezentralen Akteure es immer schwerer machen, Bedrohungen zu lokalisieren, funktioniert Ordnung in Europa recht gut. Sicherheit ist hier noch ein gutes Gefühl.

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