zum Hauptinhalt
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, mit Vertretern von Bund beim Powertalk im Rahmen des 24. Deutschen Eigenkapitaltag in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom.

© IMAGO/Political-Moments

„Ich will das Gesetz besser machen“: Habeck lenkt beim umstrittenen Heizungsplan ein

Der Wirtschaftsminister kann sich vorstellen, dass ab Januar 2024 vorerst nur Neubauten von dem Gesetz betroffen sind. Beim Bestand hingegen könne sich mehr Zeit gelassen werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist zu weitreichenden Nachbesserungen beim umstrittenen Heizungsgesetz bereit. „Ich will das Gesetz besser machen“, sagte Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Mir ist wichtig, dass der Umstieg auf erneuerbares Heizen pragmatisch funktioniert, für die Bürgerinnen und Bürgern einfach machbar ist und sozial flankiert wird.“

So schlug Habeck beim Startzeitpunkt eine Staffelung vor: „Wir könnten ab dem 1. Januar 2024 mit dem Umstieg für Neubauten anfangen. Das betrifft dann die Neubauten, die ab Januar genehmigt werden. Bei den Bestandsgebäuden würde ich gern den Wunsch nach mehr Zeit aufnehmen.“

Mehr Zeit bei Umrüstung in Bestandsgebäuden

Hier seien die Herausforderungen größer, sagte Habeck den Zeitungen. „Und angesichts der Sorgen wegen Handwerkermangel und Lieferengpässen ist etwas mehr Zeit auch eine Hilfe.“ Der genaue Zeitrahmen sei im parlamentarischen Verfahren und in Gesprächen mit gesellschaftlichen Gruppen zu vereinbaren.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Mehr Technologieoffenheit beim Heizungstausch

Als zweiten Aspekt nannte Habeck mehr Technologieoffenheit beim Heizungstausch. „Man kann auf mehrere Arten klimafreundlich heizen.“ Schon jetzt sei der Gesetzentwurf technologieoffen und sehe „acht Möglichkeiten“ vor.

„Aber wir sollten das auch noch mal stärken, wie die Debatte um Holzpellets zeigt“, sagte er den Funke Zeitungen. „Hier sehe ich Spielräume.“

Ankündigung: Maßnahmenpaket für den Nah- und Fernwärme-Ausbau

Der Minister kündigte „bald ein Maßnahmenpaket für den Nah- und Fernwärme-Ausbau“ an. Auch das gerade vorgestellte Wärmeplanungsgesetz werde Wärmenetzen einen Schub geben, sagte er weiter. Habeck schlug vor, die Übergangsfristen besser mit dem Neu- und Ausbau eines Wärmenetzes zu synchronisieren.

„Pragmatische, unbürokratische Härtefallregelung“

Habeck will auch Verbesserungen bei den Übergangsfristen prüfen. „Und es braucht eine pragmatische, unbürokratische Härtefallregelung, die dafür sorgt, dass von niemandem etwas verlangt wird, was er oder sie nicht leisten kann“, versicherte er.

Er nehme die Kritik und die gesellschaftlichen Sorgen vieler „sehr ernst“, sagte Habeck weiter. „Mein Anspruch ist, nicht nur die Koalitionsfraktionen hinter diesem Gesetz zu vereinen, sondern auch den gesellschaftlichen Rückhalt für Klimaschutz zu erhalten.“ Deshalb werde er in der kommenden Woche zusammen mit seinem neuen Staatssekretär Philipp Nimmermann „eine Reihe von Gesprächen unter anderem mit Verbänden führen und dann meine Vorschläge noch mal einspeisen“.

Antworten für verunsicherte Bürger

Er verstehe gut, dass die Debatte um das Heizungsgesetz viele Menschen verunsichere, und dass der Entwurf Fragen und auch Bedenken auslöse, sagte Habeck. „Viele wollen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und wollen klimafreundlich heizen, sie machen sich aber Gedanken, wie es konkret geht und ob sie es sich leisten können. Und sie verdienen Antworten.“

Habeck betonte, das klare Signal zum Umstieg auf erneuerbares Heizen müsse rasch kommen. „Deshalb ist es wichtig, dass das Gesetz vor der Sommerpause durch den Bundestag geht.“ Es brauche jetzt Kompromissbereitschaft auf allen Seiten, „um die Gesellschaft bei dieser riesigen Aufgabe nicht weiter auseinander zu treiben, sondern sie hinter bezahlbarem, pragmatischem und der Drastik der Klimakrise angemessenem Klimaschutz zu versammeln.“

Scholz: Heizungsgesetz soll vor Sommerpause ins Parlament

Zuletzt war fraglich geworden, ob der vom Kabinett beschlossene Entwurf zum Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause im Bundestag besprochen wird. Die FDP hatte großen Änderungsbedarf angemeldet. Damit steht der Zeitplan mit Start Anfang 2024 infrage.

Laut derzeitiger Planung ist der Gesetzesentwurf auch für die nächste Sitzungswoche des Bundestags Mitte Juni nicht vorgesehen. Das geht aus der vorläufigen Tagesordnung des Bundestags hervor. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, betonte allerdings, die Tagesordnung werde endgültig erst am Dienstag der Sitzungswoche gemacht. Bis dahin seien die Fraktionen im Bundestag weiter im Gespräch.

Bundeskanzler Olaf Scholz jedenfalls versicherte im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag), dass das Gesetz noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden solle. „Alle Beteiligten haben diesen Ehrgeiz. Und haben versichert, die offenen Fragen sehr zügig miteinander zu besprechen.

Zum offen ausgetragenen Konflikt zwischen Grünen und FDP um das Gesetz sagte der Kanzler: „Ich verhehle nicht, dass diese Diskussionen für meinen Geschmack durchaus auch leise im Ton geführt werden könnten.“

Die FDP will Änderungen - aber begrüßt Habecks Sinneswandel

FDP-Chef Christian Lindner verwies auf kritische Stimmen auch in Reihen der Koalitionspartner SPD und Grüne. „Wir sind nicht allein mit den Bedenken“, sagte der Bundesfinanzminister dem Medienhaus Table.Media. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Lukas Köhler begrüßte den Sinneswandel von Habeck: „Dass Wirtschaftsminister Habeck nun bereit ist das Gesetz nochmal wesentlich zu ändern, finden wir sehr begrüßenswert. Genau diesen Arbeitsmodus brauchen wir jetzt.“

Lindner verwies auf Äußerungen des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und des Chefs der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich. Mützenich hatte sich dafür ausgesprochen, die geplante Förderung stärker sozial zu staffeln, aber auch erklärt, das Verhalten der FDP „nerve“ ihn. 

Linder sagte, Klimaschutz müsse mit wirtschaftlicher Vernunft und physikalischer Machbarkeit verbunden werden. Lindner widersprach der Behauptung, die FDP schade dem Land. „Wenn die FDP linke Politik und wirtschaftlich unvernünftige Lösungen verhindert, dann stärkt das unser Land.“ Eine Gefahr für den Fortbestand der Koalition mit SPD und Grünen sieht er nach eigenem Bekunden nicht.

Kretschmann begrüßt Änderungsvorschläge von Habeck

Winfried Kretschmann hat das Einlenken von Habeck begrüßt. „Wer die Transformation zum Erfolg führen will, muss sie gestalten, nicht verwalten. Das tut Robert Habeck mit Nachdruck“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Wärmewende voranzubringen sei „vorausschauender Verbraucherschutz“, weil das Heizen mit fossilen Brennstoffen in den nächsten Jahren aufgrund des CO2-Preises „relevant teurer“ würde.

Nun seien „Klare und nachvollziehbare politische Leitplanken“ wichtig, „die möglichst breite Akzeptanz“ finden müssten. Er lobte Habeck für den Willen zur Änderung des Gesetzes: „Deshalb begrüße ich die angekündigten Schritte ausdrücklich. Es ist auch eine Frage von Glaubwürdigkeit, für etwas einzustehen, auch wenn es unbequem ist und eine Frage von Pragmatismus und Weitsicht, auf Kritik einzugehen und Lösungen anzubieten“, sagte Kretschmann.

Kritik am Gesetzesentwurf kam am Freitag auch aus der Kommunalwirtschaft. Nach dem Gesetzentwurf müssten die Stadtwerke 50 Prozent erneuerbare Wärme im Jahr 2030 in ihren Netzen nachweisen. „Das sind kapitalintensive, teure Projekte, die auch Zeit kosten. Und da gehen nicht so kurze Fristen“, sagte der Chef des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, am Freitag im „Deutschlandfunk“.

Es bleibt nicht mehr viel Zeit

Eigentlich hatten SPD, Grüne und FDP im Koalitionsausschuss Ende März vereinbart, dass das Gesetz vor der Sommerpause nicht nur eingebracht werden soll in das Parlament, sondern bis dahin auch vom Bundestag bereits beschlossen werden soll. Die parlamentarische Sommerpause beginnt am 7. Juli. Habeck hatte am Donnerstag angekündigt, zeitnah Vertreter der drei Ampel-Fraktionen zum Austausch über das geplante Heizungsgesetz einzuladen. 

Das Heizungsgesetz gilt als Baustein des Vorhabens, Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen. (AFP/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false