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Ende des Atomstreits: Wirtschaftsminister Robert Habeck und Kanzler Olaf Scholz.

© Reuters/Christian Mang

Kabinett billigt AKW-Plan: Am Ende dauert es keine vier Minuten

Der Plan des Kanzlers geht auf, das Kabinett beschließt, dass die drei Atommeiler bis 15. April 2023 weiterlaufen dürfen. Doch Habecks Plan für den Winter danach ist riskant.

Am Ende dauert es keine vier Minuten. Die für Atomsicherheit zuständige Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) trägt kurz den Entwurf für ein neunzehntes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes vor, keine Debatte. Strich drunter unter einen langen Konflikt, der die Koalition fast zerrissen hätte. Das Gesetz ist eines der kürzesten überhaupt in der der bisherigen Ampel-Regierungszeit.

Geändert wird Paragraph 7, Absatz 1e: „Abweichend von Absatz 1a Satz 1 erlöschen die Berechtigungen zum Leistungsbetrieb für die Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 mit Ablauf des 15. April 2023.“ Ursprünglich sollte ja zum 31. Dezember 2022 Schluss sein.

Dann kam Russlands Krieg gegen die Ukraine, das Gas wurde knapp und die Grünen mussten sich sehr verrenken - und am Ende dann per Machtbrief vom Kanzler auf diese viermonatige Verlängerung einschwenken. Olaf Scholz wirkt dieser Tag sehr mit sich im Reinen, die SPD lobt ihn, dass sein riskanter Plan, das per Richtlinienkompetenz zu entscheiden, aufgegangen und die Grünen zähneknirschend ihn auch in der Fraktion unterstützen.

Die rote Linie der Grünen: Keine neuen Brennstäbe

Im Gegenzug wird eine Hintertür, auf die die FDP gehofft hatte, zugeschlagen. Im Entwurf steht: „Für den weiteren Leistungsbetrieb (…) sind nur die in der jeweiligen Anlage noch vorhandenen Brennelemente zu nutzen.“ Ansonsten wäre einer weiteren, womöglich mehrjährigen Verlängerung die Türe geöffnet worden.

Darf weiterlaufen bis April: Das Kernkraftwerk Emsland.

© Foto: dpa/Sina Schuldt

Wenige Minuten nach der Entscheidung des Kabinetts stehen Lemke und Wirtschaftsminister Robert Habeck vor dem Tor des Kanzleramts. Die beiden Grünen-Politiker wirken ernst, aber auch zufrieden, dass das leidige Thema jetzt geklärt ist. Lemke betont als erstes, damit werde der Atomausstieg zum 15. April 2023 unumkehrbar. Bis dahin erhalten die drei Atomkraftwerke die Erlaubnis zum Weiterbetrieb im Leistungsbetrieb, „um für eine potentielle Krisensituation im kommenden Winter weiter Strom produzieren zu können“.

Wir haben ein Gasproblem, kein Stromproblem.

Wirtschaftsminister Robert Habeck im Sommer

Die Grünen haben hier immer wieder ihre Argumente anpassen müssen, zunächst sagte Habeck, Deutschland habe ein Gas-, kein Stromproblem. Dann standen viele französische Atomkraftwerke still, Deutschland musste aushelfen und viel Gas verstromen, was den Strompreis enorm nach oben trieb. Mehr Atom, weniger Gasstrom könne die Preise auch wieder stark dämpfen, so lautet die Rechnung von Kanzler Scholz und Lindner. Aber die Grünen wollen mehr als April 2023 auf keinen Fall zulassen.

Lemke macht nochmal ganz klar: Keine neuen Brennelemente dürfen angeschafft werden. Und Habeck betont Richtung gelbem Koalitionspartner und Christian Lindner, dass sie egal wie der Winter läuft, das Fass nicht nochmal aufmachen sollen: „Ich gehe fest davon aus dass die FDP vertragstreu und die Autorität des Bundeskanzlers nicht beschädigen wird.“

Habeck setzt auf Flüssiggas statt Atomstrom

Und im Übrigen sei er sehr zuversichtlich, dass man im nächsten Winter eine andere Situation vorfinden werde. Denn dann stünden die ersten Flüssiggas-Terminals zur Verfügung, das werde die Lage entspannen. Derzeit stauen sich rund 35 Schiffe mit dem in Europa wegen ausbleibender russischer Energielieferungen heiß begehrten verflüssigtem Erdgas (LNG) vor der spanischen Küste, weil sie keine Stelle zum Entladen finden - sie könnten daher die Ladung in andere Weltregionen bringen.

Die bisher fehlende Infrastruktur hierfür ist das eine, Habeck sagt auch nichts zu den Kosten, etwa im Vergleich zum Atomstrom aus abgeschriebenen Meilern. Die Frachtraten für LNG-Schiffe sind stark gestiegen. Daher wird sich zeigen müssen, wie weit und preislich vertretbar die Lösungen tragen.

Habeck jedenfalls meint, nach einem „schwierigen Weg“ habe man jetzt eine gute Lösung gefunden. Der Kanzler habe mit seiner Autorität den Einsatz der drei Atomkraftwerke in diesem Winter festgelegt, „aber eben auch den Nichteinsatz im kommenden Winter“.

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