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Die vom Planet Labs PBC herausgebene Aufnahme zeigt die Hafenstadt Sewastopol auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim.

© picture alliance/dpa/Planet Labs PBC

Explosionen auf der Krim: Kamikaze-Drohnen gewinnen im Ukraine-Krieg zunehmend an Bedeutung

Mit einer im Internet bestellbaren Drohne aus China griff die Ukraine den russischen Marinestützpunkt an. Es war offenbar nicht der erste Einsatz dieser Art.

Über dem Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte in der Stadt Sewastopol stieg vor wenigen Tagen Rauch auf. Wieder war es auf der Krim-Halbinsel zu einer Explosion gekommen. Im Internet tauchten daraufhin Videos und Fotos auf, die zeigen, wie eine Drohne über die Bucht in Richtung des Stabsgebäude steuert.

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Sie entgeht offenbar den elektronischen Abwehrsystemen und überfliegt den Marinestützpunkt. Bevor sie ihre Ladung absetzen kann, wird sie mit Handfeuerwaffen abgeschossen, darauf deuten Geräusche aus dem Hintergrund des Videos hin. Teile der Drohne treffen das Gebäude, wie Fotos zeigen. Russland macht die Ukraine für den Vorfall in der Marinestadt verantwortlich.

Zuletzt häuften sich die Explosionen auf der von Russland 2014 völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel im Schwarzen Meer. Auf dem Luftwaffenstützpunkt Saky in Nowofedoriwka kam es am 9. August zu mehreren gewaltigen Detonationen. Videos von flüchtenden Urlaubern und Staus in Richtung Russland gingen durchs Netz.

Ukraine zerstörte etliche russische Panzer mit Drohnen

Kiew bestätigte offiziell keinen Angriff auf die Krim. Einem „Spiegel-Bericht“ zufolge wies der Berater von Wolodymir Selenskyi, Mykhailo Podolyak, dies zurück („Was haben wir damit zu tun?“). Auf dem Nachrichtendienst Twitter schrieb er allerdings. „Das ist nur der Anfang.“

Der ukrainische Präsident selbst ließ ebenfalls wissen: „In diesem Jahr kann man auf der Krim förmlich spüren, dass die Besetzung der Krim vorübergehend ist und die Ukraine zurückkehrt.“

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Es ist jedenfalls bekannt, dass unbemannte Lenkwaffen zentraler Bestandteil der ukrainischen Kriegsführung sind. Durch Kampfdrohnen gelang es Kiews Truppen immer wieder, russische Panzer zu zerstören, woraufhin Moskau seine elektronische Aufklärung verstärkte. Offenbar nicht ohne Lücken.

„Leider konnte die Drohne nicht über dem Meer abgeschossen werden – wie es bei anderen Angriffen gestern Abend geklappt hat“, erklärte der Verwaltungschef der Stadt, Michail Raswoschajew, via Telegram. Und bekräftigte, dass die Luftabwehr funktioniere. Die Menschen sollen sich nicht beunruhigen.

Die Drohne Mugin-5 Pro kostet nur rund 9500 US-Dollar

Experten vermuten, dass es sich um eine chinesische Drohne vom Typ Mugin-5 Pro handeln könnte. Sie ist online auf der Website des chinesischen Unternehmens „Alibaba“ für jeden erhältlich. Das ukrainische Militär rüstet die Drohnen dann mit Sprengsätzen auf. Nach Angaben des Herstellers beträgt die Nutzlast beträgt 15 bis 20 Kilogramm, die Mugin-5 Pro kann demnach länger als sieben Stunden fliegen.

Der Stückpreis dieser Drohnen liegt bei etwa 9500 US-Dollar. Ein „Spottpreis“ im Vergleich zu einer türkischen Bayraktar-Drohne, die eine Million kostet – sich allerdings als sehr effektiv bei den Angriffen auf Panzer und Nachschubkolonnen erwiesen hat.

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Beobachtern zufolge dürfte es nicht ihr erster Einsatz gewesen sein. „Es sieht so aus, als ob bei dem Angriff heute Morgen die gleiche Art verwendet wurde, mit der die Ukraine vor zwei Monaten die Ölanlage in Rostow angegriffen hat“, schrieb der Militärexperte Rob Lee auf Twitter.

Besagte Ölraffinerie befindet sich in Nowoschtinsk auf russischem Gebiet in der Nähe von Rostow, gleich hinter der Grenze zur besetzten Region Donezk. Die Raffinerie, einer der wichtigen Arbeitgeber in der Region, ging in Flammen auf.

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Gleichzeitig erzielte sie damit einen Effekt, der weit über die Zerstörung der Raffiniere hinausging und eine Botschaft vermittelte: Wir sind in der Lage, in euren Luftraum einzudringen. Noch dazu im besetzten Gebiet in der Ostukraine und das mit einem Fabrikat, das aus China stammt – ein Land, das Russland gerne als engen Partner präsentiert.

Kritik an russischen Streitkräften

Die Analysten des „Institute for the Study of War“ (ISW) gehen davon aus, dass ein anhaltendes Versagen Russlands, die Angriffe auf der besetzten Krim zu unterbinden, öffentliche Unzufriedenheit hervorrufen könnte.

Ein russischer Militärblogger kritisierte die Streitkräfte via Telegram dafür, dass sie nach dem ersten Angriff nicht mehr Ausrüstung für die elektronische Kriegsführung eingesetzt haben. „Entweder ist es Schlamperei oder das BSF-Hauptquartier verfügt nicht über die oben erwähnten Sicherheitssysteme, was zugegebenermaßen merkwürdig aussieht.“

Verschiedene Kamikaze-Drohnen im Einsatz

Neben der Mugin-5 hat die Ukraine verschiedenen Berichten zufolge weitere Kamikaze-Drohnen im Einsatz. Sie werden auch „Suizid-Drohnen“ genannt, die einmal verwendet werden können, keine Ladung abwerfen, sondern sich selbst mit der Munition ins Ziel stürzen.

So haben die USA den Ukrainern etwa die „Switchblade 300“ zur Verfügung gestellt: Sie ist mit 6000 US-Dollar ebenfalls günstig, lässt sich leicht bedienen und ist so groß wie ein Sauerteigbrot. Ihre Flugzeit beträgt allerdings nur zehn Minuten und diese Drohne hat eine dementsprechend geringe Reichweite.

Im Drohnen-Krieg hat die Ukraine bisher die Oberhand, allerdings will Moskau nachziehen. Schon länger wird über eine Kooperation mit dem Iran spekuliert. Die ISW-Analysten gehen wiederum davon aus, dass Moskau seine Sicherheit auf der Halbinsel nach den Angriffen verstärken wird und dazu auch Kräfte von der Front abziehen könnte.

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