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Kita-Krise. Es wurden 2022 zwar mehr Unter-Dreijährige als im Vorjahr betreut, die Lücke zwischen Angebot und Bedarf ist aber gewachsen.

© Getty Images/Westend61

Krise durch Personal- und Platzmangel: Diese fünf Zahlen zeigen, wie der Kita-Ausbau stockt

Viele Eltern finden keinen Platz, die Einrichtungen sind noch häufiger als früher dicht, der Personalmangel wächst: Neue Zahlen des Familienministeriums dokumentieren Deutschlands Kita-Krise.

Der Ausbau des Kita-Systems in Deutschland stockt. Das geht aus einem aktuellen Evaluationsbericht des Familienministeriums hervor, der Daten für 2022 mit den Vorjahren vergleicht. Dies sind die zentralen Erkenntnisse.

1 Sehr viel mehr Bedarf als Angebot

Es wurden 2022 mehr Unter-Dreijährige als im Vorjahr betreut, die Lücke zwischen Angebot und Bedarf ist aber gewachsen: 35,5 Prozent der Kinder werden betreut, aber für 49 Prozent würden die Eltern sich eine Betreuung wünschen.

Es bleibt eine Lücke von 13,6 Prozentpunkten – das ist ein Prozentpunkt mehr als noch 2021. Immerhin: Im Jahr 2019 lag die Lücke noch bei 15,1 Prozent, seitdem hat sie sich also verkleinert.

Bei den Kindern zwischen drei und fünf Jahren ist die Lücke für 2022 kleiner, beträgt aber immer noch vier Prozentpunkte. Im Vorjahr waren es noch 3,8 Prozent. Die Bewertung im Bericht selbst ist ernüchternd: „Die Kindertagesbetreuung ist weder für alle Kinder verfügbar, noch für diese gleichermaßen niedrigschwellig im Zugang.“

2 Mehr Kita-Schließungen als zuvor

Signifikant mehr Einrichtungen als zuvor mussten wegen Personalausfällen vorübergehend schließen oder die Öffnungszeiten verkürzen, das Vergleichsjahr für diese Daten ist 2020.

Vorübergehende Schließungen gab es in 37 Prozent der Einrichtungen. Noch 2020 waren es nur zwölf Prozent. Ebenfalls steil ist der Anstieg beim Verkürzen von Öffnungszeiten: Im Jahr 2020 betraf das 25 Prozent der Einrichtungen, 2022 waren es schon 61 Prozent.

Es zeigt sich auch: Das Personal schätzt die Betreuungsrelation subjektiv deutlich schlechter ein als zuvor. Auch das kann auf die in der Praxis sehr angespannte Situation aufgrund von Krankheitsausfällen hindeuten, sowie darauf, dass mehr Kinder als in früheren Jahren Förderbedarf haben.

3 Große Diskrepanzen beim Betreuungsschlüssel

Beim Verhältnis von Kindern zu Personal geht es bei den kleinsten Kindern nicht voran: Für die Altersgruppe bis unter drei Jahren liegt das Verhältnis bundesweit so wie im Vorjahr bei vier zu eins. Die Länderunterschiede sind enorm: Den schlechtesten Wert hat Mecklenburg-Vorpommern (5,8), den besten Baden-Württemberg (3,0).

Das Familienministerium bewertet die Zahlen dennoch als Erfolg und spricht davon, der Personal-Kind-Schlüssel habe sich verbessert. Dies zeigt die Statistik allerdings nur dann, wenn man als Vergleichsjahr nicht 2021, sondern 2019 wählt.

Auch bei den älteren Kindern ist die Spanne zwischen den Ländern beim Personalschlüssel groß: In Baden-Württemberg kommen rechnerisch 6,5 Kinder auf eine pädagogisch tätige Kraft, in Mecklenburg-Vorpommern sind es 11,9. Hier gibt es immerhin im bundesweiten Schnitt (7,8) eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr.

4 Großer Personalmangel

Der Personalmangel ist außerordentlich groß: Mittlerweile sagt ein Drittel der Kita-Leitungskräfte, dass es in ihrer Kindertageseinrichtung Stellen für pädagogische Fachkräfte gibt, für die sich schon sechs Monate oder länger niemand Geeignetes findet. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 sagten das erst 23 Prozent.

5 Große Kostenunterschiede für Eltern

Groß sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern für Eltern in finanzieller Hinsicht: In einigen Gegenden fallen gar keine oder nur sehr geringe Kosten an, andernorts zahlen Eltern deutlich über 300 Euro für einen Ganztagsplatz für ein Kind unter drei Jahren. Seit 2019 hat sich diese Spanne nicht verringert. Und: Die Eltern waren 2022 mit den Gebühren etwas unzufriedener als noch im Vorjahr.

6 ...und das sind die guten Nachrichten

So gewaltig der Fachkräftemangel in der Branche ist, zumindest läuft die Nachwuchssuche. 2022 gab es 3,3 Prozent mehr pädagogisch Tätige in den Einrichtungen als im Vorjahr. Der Anteil der Einrichtungen, in denen es keine ausgewiesene Leitungskraft gibt, ist von 2021 bis 2022 leicht gesunken: von 7,4 auf 7,1 Prozent.

Bei dem Bericht, aus dem diese Zahlen vorgehen, handelt es sich um die jährliche Evaluation des „KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetzes“. Es wurde einst geschaffen, damit der Bund die eigentlich zuständigen Länder beim Ausbau des Kita-Systems unterstützen kann. Bekannt wurde es unter dem Namen Gute-Kita-Gesetz, geprägt von der damaligen Familienministerin Franziska Giffey (SPD).

Das Gesetz wurde zum 1. Januar 2023 durch das von der Ampel beschlossene Kita-Qualitätsgesetz abgelöst. Die derzeit amtierende Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will so den Fokus stärker als bisher auf die Qualität des Betreuungsangebots legen. Die erste Evaluation der Effekte dieses neuen Gesetzes steht noch aus. Für die restliche Legislaturperiode ist außerdem ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards geplant.

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