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Polizeikräfte bei einer Demonstration gegen Rassismus und Polizeigewalt 2020 in Hamburg.

© dpa/Christian Charisius

Lehrauftrag weg wegen Rassismus-Kritik: Wenn Meinungsfreiheit im Dreck versinkt

Eine Dozentin klagt, weil eine Polizei-Hochschule sie wegen Äußerungen zur Polizei loswerden will. Bei dem Prozess wird es keine Gewinner geben.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Bahar Aslan ist im Hauptberuf Lehrerin und nebenbei Dozentin für „Interkulturelle Kompetenz“ an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen. Ihr wurde der Lehrauftrag entzogen, weil sie sich bei „X“ zum Rassismus in der Polizei geäußert hatte. Jetzt klagt sie vor dem Verwaltungsgericht, unterstützt von der „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ (GFF). Der Name ist Programm.

Liest man die GFF-Pressemitteilung, ist der Fall klar. Weil Aslan öffentlich ihre Angst geäußert habe, habe sie ihren Job verloren. Das zeige, „wie weit wir davon entfernt sind, dass Sicherheitsbehörden sich mit Rassismus in den eigenen Reihen auseinandersetzen“. Kritik an staatlichen Behörden üben zu können, sei der Teil der Meinungsfreiheit – „das hat die Polizeihochschule grob verkannt“.

Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht.

Hochschul-Dozentin Bahar Aslan in einer öffentlichen Mitteilung bei „X“

Juristisch stehen Aslans Chancen nicht schlecht. Die Hochschule hatte ihr die Lehraufträge im Einzelfall erteilt. Statt um eine - rechtlich unproblematische - Nichtneuerteilung geht es nun um den Widerruf des zuletzt erteilten. Da gibt es Hürden.

Polizei-Bashing brachte schon Seehofer auf die Palme

Der Streit erinnert an die Debatte um den „taz“-Text „All cops are berufsunfähig“. Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) war ganz oben auf der Palme, weil die Autorin satirisch-fiktional vorschlug, Polizisten auf Müllhalden zu verbringen. Die Provokation einer Journalistin. Seehofer machte sich lächerlich in der Art, wie er darauf einstieg.

Frau Aslans Beitrag ist keine Provokation, sondern Ausdruck von Sorge, so die GFF. Wörtlich lautet das so: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“

Wer ist der „ganze braune Dreck“? Wie man etwas meint, ist das eine. Wie es ankommen, wie man es verstehen kann, das - oft entscheidende - andere. Das Bewusstsein für diese Differenz zu fördern, dürfte ein Teil jener „Interkulturellen Kompetenz“ sein, die Aslan bei der Polizei lehrt. Ihre im Ton scharfe, hinsichtlich der Gemeinten unscharfe Kritik muss daher verwundern. Sollte sie ihren Lehrauftrag zurückerhalten, könnte sie am eigenen Fall darlegen, wie man es falsch macht.

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