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Olaf Scholz.

© imago/photothek/IMAGO/Florian Gaertner

Update

Mit Merz, Rhein und Weil: Scholz lädt zu Spitzengespräch über Migration und verteidigt Ampel-Beschluss

In die Flüchtlingspolitik kommt Bewegung. Die Regierung will Abschiebungen erleichtern – aber auch den Zugang zu Arbeit für Geflüchtete mit Bleibeaussichten.

| Update:

Wenige Tage nach dem schwachen Abschneiden der Ampel-Parteien und dem Erstarken der AfD in den Landtagswahlen in Bayern und Hessen kommt Bewegung in die Migrationspolitik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Einigung der Bundesregierung beim Thema Migration am Mittwochabend verteidigt. „Ich glaube, das ist ein Thema, wo der Staat zeigen muss, dass er die Dinge unter Kontrolle hat“, sagte Scholz auf der Wirtschaftskonferenz der SPD-Bundestagsfraktion.

„Ich will ganz klar sagen: Es kommen viel zu viele auf irreguläre Weise nach Deutschland“, sagte der SPD-Politiker. „Es sind mehr Menschen, als sich leicht bewältigen lassen - auch für ein großes Land wie Deutschland.“ Deshalb sei das „Rückführungspaket“ jetzt notwendig.

Er habe die Hoffnung, dass sich auch die Länderchefs bis zum Freitag auf ähnliche Beschlüsse einigen könnten. An diesem Tag hat der Bundeskanzler CDU-Chef Friedrich Merz und die Ministerpräsidenten von Hessen, Boris Rhein (CDU), und Niedersachsen, Stephan Weil (SPD), zum Spitzengespräch eingeladen. Rhein und Weil sitzen derzeit der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vor, mit der sich Scholz am 6. November treffen wird. Dann sollen Beschlüsse in der Flüchtlingspolitik fallen. „Wichtig ist, dass wir in dieser Frage zusammenarbeiten“, sagte Scholz. Deshalb habe er auch „den Oppositionsführer“ Merz eingeladen. Scholz hatte Merz unlängst Gespräche über einen „Deutschlandpakt“ angeboten, zu dem auch die Migrationspolitik gehören soll.

Bundesregierung einigt sich auf Migrationspaket

Zuvor hatte die Bundesregierung sich am Mittwoch auf ein Migrationspaket verständigt. Von der Jahreskonferenz der MPK in Frankfurt/Main ist zudem bis Freitag ein eigenes Papier zu erwarten. Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gehören zum Regierungspaket vor allem zwei Maßnahmen. Zum einen soll die Beschäftigung von Geflüchteten und Asylbewerbern erleichtert werden. Zum anderen hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) Vorschläge gemacht, wie Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber erleichtert werden können.

Scholz forderte auch außerdem Zuwanderung von Fachkräften, etwa Pflegekräften, Ärzten und Ingenieuren: „Reguläre Migration von Männern und Frauen würde uns sehr nutzen.“ Wie sehr der Wohlstand einer Nation von Zuwanderung abhängen könne, zeige das Beispiel USA: „Die Hälfte der Menschen, die in den USA einen Doktor machen, ist nicht in den USA geboren“, sagte Scholz.

Faeser legt Gesetzentwurf vor

Laut Faeser liegt nun ein Gesetzentwurf vor, der zügig vom Kabinett beschlossen werden soll. Demnach wird den Behörden künftig mehr Zeit gegeben, Abschiebungen vorzubereiten, indem der Abschiebegewahrsam von 10 auf 28 Tage verlängert wird.

Insbesondere Schleuser und Flüchtlinge, die zu einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurden, sollen zügig abgeschoben werden können. Um die Identität von Flüchtlingen klären zu können, sollen deren Wohnungen nach Datenträgern und Unterlagen durchsucht werden dürfen. Nach dem Entwurf wird Ausreisepflichtigen in Haft ihre Abschiebung nicht mehr angekündigt. Gestrichen werden soll auch die einmonatige Ankündigungspflicht bei Abschiebungen, denen eine mindestens einjährige Duldung vorausging, wie Faeser mitteilte.

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Um die Ausländerbehörden zu entlasten, sollen die Aufenthaltserlaubnisse verlängert werden. Im Asylverfahren sind nun sechs statt drei Monate vorgesehen. Bei subsidiär Schutzberechtigten sollen es drei Jahre statt einem sein. In diese Gruppe fallen Menschen, die weder Flüchtlingsstatus noch Asylberechtigung haben, denen aber in ihrer Heimat ein ernsthafter Schaden droht, den sie glaubhaft machen können - etwa Folter.

Kommt gar eine Arbeitspflicht?

Auch in der MPK ist im Gespräch, die Arbeitsaufnahme von Geflüchteten zu erleichtern, insbesondere auch für gemeinnützige Tätigkeiten in den Kommunen, in denen sie untergebracht sind. Ob die MPK eine Arbeitspflicht fordern wird, ist noch unklar. Nach Faesers Plänen soll diese Erleichterung bei der Arbeitsaufnahme nicht für Geflüchtete aus sicheren Herkunftsländern gelten.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte zu den Regierungsplänen, Ziel sei es, irreguläre Migration zu begrenzen und gleichzeitig qualifizierten Fachkräften eine Perspektive in Deutschland zu geben. „Heute senden wir ein deutliches Signal an diejenigen, die unser Land wieder verlassen müssen: Menschen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, müssen gehen. Ohne Wenn und Aber.“

Die Möglichkeit einer zügigen Arbeitsaufnahme von Asylsuchenden führe zu mehr Eigenverantwortung, zu schnellerer Integration und zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung, sagte Wiese. „Je schneller wir Menschen mit guter Bleibeperspektive in Beschäftigung bringen, desto besser für uns alle.“

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann betonte, dass durch die schnellere Arbeitsaufnahme auch Kommunen entlastet würden. „Endlich kommen wir beim Abbau von Arbeitsverboten einen großen Schritt voran.“ Mit Blick auf Faesers Pläne sagte sie, Fragen zur verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Konformität müssten geprüft werden. „In den parlamentarischen Beratungen stehen für uns rechtsstaatliche Fragen und der Schutz von Kindern und Familien im Vordergrund.“

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