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Gasfeld in Katar.

© KARIM SAHIB/AFP

Update

Nun doch Erdgas aus Katar: Habeck nennt Laufzeit „super“ – Fachleute weniger euphorisch

Nach monatelangen Verhandlungen steht die Vereinbarung. Sie gilt ab 2026. Doch die Menge ist klein, der Beginn spät. Und dann sind da noch die Klimaziele.

| Update:

Das Golfemirat Katar und Deutschland haben sich auf einen Vertrag über die Lieferung von Flüssiggas (LNG) geeinigt. Das bestätigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Zuvor hatte der katarische Energieminister Saad Scherida Al-Kaabi den Deal in Doha verkündet. 

Den Angaben zufolge wurde der Energieriese Qatar Energy mit den Flüssiggaslieferungen nach Deutschland beauftragt. Demnach wird der Konzern ab dem Jahr 2026 mindestens 15 Jahre lang jährlich zwei Millionen Tonnen LNG liefern. Der US-Konzern ConocoPhillips werde das Gas im östlichen und südlichen North Field vor der Küste Katars fördern und nach Brunsbüttel liefern. 

Zur Einordnung: Bei der Menge handelt es sich umgerechnet um 2,7 Milliarden Kubikmeter Gas, die pro Jahr anlanden sollen. Der Gasverbrauch in Deutschland lag 2021 bei knapp über 90 Milliarden Kubikmetern.

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Habeck bezeichnete die Dauer des Liefervertrags als perfekt. „15 Jahre ist super“, sagte der Grünen-Politiker. Wegen der geplanten Klimaneutralität in Deutschland ab 2045 müssten dann die Mengen hinten raus aber immer geringer werden. Spätestens ab 2040 müsste der Gasverbrauch runtergehen und andere Energieformen dominant werden.

Habeck sagte, es sollten die günstigsten Angebote auf dem Weltmarkt eingekauft werden. „Das schließt Katar mit ein, ist aber auch nicht der einzige Anbieter auf dem Weltmarkt.“ Zu konkreten Details des Deals wollte sich Habeck nicht äußern. Habeck war im März in Katar, er war begleitet worden von einer Wirtschaftsdelegation.

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Katars Energieminister Al-Kaabi erklärte, Qatar Energy sei mit deutschen Unternehmen über weitere Gaslieferungen im Gespräch. „Wir haben gute Beziehungen zu deutschen Unternehmen und zur deutschen Regierung“, sagte er. Zu dem Preis wollte auch er sich nicht äußern.

Das Gas soll an das geplante LNG-Terminal in Brunsbüttel geliefert werden, das bis 2026 fest installiert sein soll. Die Bauarbeiten laufen derzeit. Die ersten deutschen LNG-Terminals stehen als temporäre, schwimmende Anlagen kurz vor dem Betriebsbeginn.

Schleswig-Holstein, Brunsbüttel: Löscharme und eine Pipeline sind an einem Terminal zum Entladen von Öl und Gas im Elbehafen zu sehen. An diesem Standort soll ein schwimmendes Terminal zum Entladen von LNG gebaut werden.

© dpa / Daniel Reinhardt

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte erst in der vergangenen Woche erklärt, der Kauf von verflüssigtem Erdgas in Katar sei nicht vom Tisch. „Deutsche Unternehmen sind in sehr konkreten Gesprächen, über die ich Ihnen mehr erzählen könnte, als ich werde“, sagte Scholz in einem „Focus“-Interview. Er selbst war kürzlich in die Region gereist, um neue LNG-Lieferanten zu finden.

Vereinbarte Menge entspricht drei Prozent des deutschen Jahresbedarfs

Als Ergebnis der Reise von Scholz in den Nahen Osten ist aber bisher nur Vertrag über eine symbolische LNG-Lieferung zustande gekommen. Der Energiekonzern RWE bekommt aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) einmalig 137.000 Kubikmeter Flüssiggas, was einem Tankschiff entspricht. Möglich ist, dass weitere folgen – RWE und die VAE haben ein sogenannten „Memorandum of Understanding“ unterzeichnet.

TV-Teams filmen die Einfahrt des LNG-Schiffes Neptune in den Hafen Mukran auf der Insel Rügen.

© imago/Jens Koehler / imago/Jens Koehler

Für Energieexperten kommt der Vertrag mit Startdatum 2026 allerdings zu spät. „Der Vertrag ist nicht mehr bedeutend für unsere unmittelbare Energiekrise jetzt und nächstes Jahr“, sagte Andreas Schröder, Energieexperte beim Beratungsunternehmen ICIS dem Tagesspiegel. Der nun geschlossene Vertrag mit Katar sei eher relevant, um die neue feste und fossile Infrastruktur in Brunsbüttel abzusichern.

Es liegt noch viel Arbeit vor uns , um die Versorgung langfristig zu sichern

Timm Kehler, Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas

Die Gaswirtschaft sieht in dem Dienstag geschlossenen Abkommen deshalb ein „positives Signal für die landbasierten LNG-Terminals“. Mit den langfristigen Lieferungen über 15 Jahre ab 2026 werde eine gute Perspektive für diese Terminals eröffnet, sagte der Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas, Timm Kehler.

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Insbesondere für einen späteren Umstieg auf grüne Gase seien die landbasierten Terminals von elementarer Bedeutung. Laut Zukunft Gas entspricht die zwischen Katar und Conoco Phillips vereinbarte Menge rund 30 Terawattstunden und damit etwa drei Prozent des deutschen Jahresbedarfs.

„Wir müssen aber knapp 500 Terawattstunden ersetzen, die bislang über russische Gaslieferungen gedeckt wurden“, sagte Kehler. „Das bedeutet, dass noch viel Arbeit vor uns liegt, um die Versorgung langfristig zu sichern.“

Erste deutsche LNG-Terminals kurz vor Betriebsstart

Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas. Das reiche Emirat verfügt nach Russland und dem Iran über die drittgrößten Gasreserven weltweit. Katar teilt sich mit dem Iran das weltweit größte Gasfeld, das vor der Küste des Landes liegt. Der allergrößte Teil des Exports geht nach Asien, bislang vor allem nach Japan, Südkorea und Indien.

Zuletzt hatten das Emirat und China ein langfristiges Gasabkommen unterzeichnet. Der Produzent Qatar Energy will über 27 Jahre insgesamt 108 Millionen Tonnen Flüssiggas (LNG) an den chinesischen Konzern Sinopec liefern. Es handele sich um den längsten Gasliefervertrag in der Geschichte der Flüssiggasindustrie, hatte Minister Al-Kaabi erklärt.

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Die ersten deutschen LNG-Terminals stehen kurz vor dem Betriebsbeginn. Zwar sind die Gasspeicher inzwischen fast voll, bis Dienstag erreichte ihr Füllstand laut Branchendaten 98 Prozent. Doch verflüssigtes Erdgas soll einen zusätzlichen Beitrag leisten, Bundeswirtschaftsminister Habeck spricht von einem „zentralen Baustein für die Sicherung unserer Energieversorgung im kommenden Winter“.

Doch was könnte die Ampel tun, damit auch kurzfristig noch LNG-Verträge zustande kommen? Die Möglichkeiten der Bundesregierung seien in der Tat beschränkt, sagte Schröder. Kurzfristig bliebe wohl nur, LNG auf dem Spotmarkt einzukaufen, was auch absehbar teuer bleibt.

Jetzt einen Vertrag auf 15 Jahre bis 2041 abzuschließen, steht der Energiewende im Weg.

Niklas Höhne, Klimaexperte beim New Climate Institute

Um sich mehr Verträge für die Zeit ab 2025 zu sichern, müsste die Bundesregierung Lieferländern signalisieren, dass es Deutschland ernst sei mit seiner LNG-Offensive. „Auch die Lieferländer des Nahen Ostens bekommen ja mit, dass sich in Deutschland der politische Wind schnell drehen kann“, sagte Schröder. „Jetzt gibt es große Zustimmung für LNG, das kann sich aber in fünf Jahren ändern.“ Deshalb brauche es etwa Garantien von Seiten des Staates, dass die festen LNG-Terminals auch wirklich gebaut würden.

Doch feste, fossile LNG-Infrastruktur und Vertrags-Lautzeiten von bis zu 30 Jahren stehen in krassem Widerspruch zu den nationalen Klimazielen. Darauf machte auch Niklas Höhne, Klimaexperte beim New Climate Institute, aufmerksam. „Wenn Flüssiggas zur Energiesicherheit beitragen soll, dann von jetzt an für etwa fünf Jahre. Spätestens dann sollten wir in Deutschland so viel Gas eingespart haben, das LNG-Importe nicht mehr nötig sind“, sagte Höhne dem Tagesspiegel.

Den neuen Vertrag mit Katar sieht er daher kritisch. „Jetzt einen Vertrag auf 15 Jahre bis 2041 abzuschließen, steht der Energiewende im Weg.“

Auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 muss der Gasverbrauch drastisch sinken. Höhne rechnet vor, was dafür zu tun ist. „Nach zehn Jahren Laufzeit des angesprochenen Vertrags, also 2036, müsste der gesamte deutsche Gasverbrauch schon halbiert sein. Nach 15 Jahren, also 2041, sollte er um 80 Prozent gesunken sein.“ Dann brauche man sicher kein LNG mehr, weil die Importkapazitäten über Land ausreichen.

Bisher erhalten Deutschland und andere europäische Länder das über die Niederlande, Belgien oder Frankreich aufgenommene LNG vor allem aus den USA. Habeck bemühte sich auf einer Reise im Frühjahr um Lieferbeziehungen mir Katar. Das Emirat will dem Vernehmen nach Langfristverträge. Weitere wichtige LNG-Ausfuhrländer sind Australien, Malaysia und Nigeria.

Im August hatte das Bundeswirtschaftsministerium mitgeteilt, die Belieferung der schwimmenden Flüssiggas-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven ab dem Jahreswechsel sei gesichert. Dazu sei eine Absichtserklärung mit Unternehmen unterzeichnet worden. Diese biete die Sicherheit, dass die schwimmenden Terminals für die nächsten beiden Winter voll ausgelastet würden. (AFP, dpa, Reuters)

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