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Der alte und neue Parteichef und wohl auch bald zum dritten Mal Präsident: Xi Jinping.

© Foto: Imago Images/Kyodo News

Immer mehr Macht: Xis Traum vom Ein-Mann-Staat ist endgültig Wirklichkeit geworden

Der alte und neue Parteichef Xi Jinping zementiert seine Rolle in der KP Chinas und damit im gesamten Land. Im März dürfte er zum dritten Mal Staatschef werden.

Eigentlich ist es unter politischen Journalisten nicht üblich, bei offiziellen Terminen zu klatschen, doch wenn chinesische Staatsmedien im Raum sind, kann sich das auch anders verhalten: Am Sonntag brandete in Peking großer Beifall auf, als die sieben wichtigsten Männer Chinas in der Großen Halle des Volkes über einen roten Teppich in den Saal zu den Journalisten schritten.

Bilder des chinesischen Staatsfernsehens zeigen, wie Partei- und Staatschef Xi Jinping langsam vorweg geht und bedächtig winkt. Als jeder seinen Platz auf dem Podium erreicht, endet der Beifall und die Journalisten dokumentieren mit ihren Handys den wichtigsten öffentlichen politischen Moment des Landes.

Für alle ist nun erstmals sichtbar, welche Personalentscheidungen zuvor in den Hinterzimmern der alleinherrschenden Kommunistischen Partei (KP) oder auch nur in Xi Jinpings Kopf getroffen worden sind. Der nur alle fünf Jahre stattfindende Parteitag, das neue Zentralkomitee und das neue Politbüro haben sie anschließend abgenickt. Wie erwartet führte am Sonntag Xi Jinping die Riege an, ist also zum dritten Mal zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei und Chef der Militärkommission bestimmt worden.

1,4
Milliarden Menschen leben in China.

Er wird im März zum dritten Mal auch zum Staatschef gekürt werden. Damit setzt er sich über alle bisherigen Alters- und Amtszeitgrenzen hinweg und zementiert seine alleinige Machtstellung unter 1,4 Milliarden Chinesen. Die Zusammensetzung des siebenköpfigen Ständigen Ausschusses des Politbüros bestätigt das: Sie sind alle seine Vertrauten.

So trat überraschend Shanghais Parteichef Li Qiang an zweiter Stelle auf das Podium. Das bedeutet, dass der 63 Jahre alte Weggefährte Xis im März wohl neuer Regierungschef werden wird. Und das, obwohl er keinerlei Erfahrung in der Zentralregierung hat, und in der Bevölkerung nicht sonderlich beliebt ist. Li Qiang ist wegen des Chaos in Shanghai beim zweimonatigen Corona-Lockdown in die Kritik geraten. Manche reagierten mit Unverständnis, dass er jetzt dafür mit einem Aufstieg belohnt wird.

Erstaunlich ist auch die rasante Karriere des 66 Jahre alten Cai Qi. „Cai ist ein langjähriger Schützling von Präsident Xi Jinping“, schreibt der China-Experte Moritz Rudolph von der Yale-Universität auf Twitter. Eine Dekade lang arbeitete Cai für Xi in den Provinzen Fujian und Zhejiang. „Seit 2014 ist Cai Qi ungewöhnlich schnell durch die Führungsränge der KP China hochkatapultiert worden“, schreibt Rudolph. Auch der enge Xi-Vertraute Ding Xuexiang (60) sowie der Parteichef der Provinz Guangdong, Li Xi (66), sind neu im Ständigen Ausschuss.

Ist das wichtig, wenn all diese Leute einfach Marionetten von Xi Jinping sind?

China-Experte Richard McGregor vom Lowy-Institut

Dem Gremium gehören unverändert auch der Chef der mächtigen Disziplinkommission, Zhao Leji (65), und der Chefideologe Wang Huning (67) an. Der Personalwechsel in der Führung enttäuschte auch deswegen, weil keine einzige Frau mehr im jetzt 24-köpfigen Politbüro vertreten ist.

Wie erwartet ausgeschieden ist hingegen Regierungschef Li Keqiang, der in der Vergangenheit nicht immer auf einer Linie mit Xi Jinping zu liegen schien. Er gehört bereits dem Zentralkomitee nicht mehr an, obwohl er erst 67 Jahre alt ist. Wer Premier wird oder sich um die Wirtschaft kümmert, spielt aus Sicht des China-Experten Richard McGregor vom Lowy-Institut allerdings keine große Rolle mehr. „Ist das wichtig, wenn all diese Leute einfach Marionetten von Xi Jinping sind?“, fragte McGregor. „Er hat jede Fähigkeit von jemanden an seiner Seite beseitigt, nicht nur Widerstand gegen ihn zu organisieren, sondern auch nur gegen seine Position zu argumentieren.“

Xi Jinpings Vorgänger Hu Jintao (Mitte) wurde am Samstag aus dem Saal geführt. Die Hintergründe sind unklar.

© Foto: AFP/Noel Celis

Unklar ist, ob der Zwischenfall auf der Abschlusssitzung, als Xi Jinpings Vorgänger Hu Jintao offenbar zunächst gegen seine Willen vom Podium geführt wurde, ebenfalls einen politischen Hintergrund hat. Als ein Saaldiener ihn am Arm packte, wehrte Hu den Mann zunächst ab, ebenso wie einen zweiten Versuch des Mannes, ihn mit beiden Händen unter den Achseln von seinem Platz zu heben. Gleichzeitig griff Hu nach Papieren auf dem Podiumstisch, die Xi jedoch festhielt.

Nur mit Mühe gelang es dem Saaldiener und einem Kollegen schließlich, Hu zum Aufstehen zu bringen. Nach einem Wortwechsel mit Xi wurde der Ex-Präsident schließlich aus dem Saal geführt. Dabei klopfte er Regierungschef Li Keqiang noch auf die Schulter, während die meisten seiner Parteikollegen starr nach vorne blickten. 

In einer im Onlinedienst Twitter veröffentlichten Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua hieß es, der 79-Jährige habe sich nicht wohl gefühlt und sei daraufhin aus dem Saal geführt worden. Das Team, das sich um die Gesundheit des Ex-Präsidenten kümmere, habe ihn in einen Nebensaal geführt, so dass er sich dort habe ausruhen können. Für letzteres könnte sprechen, dass der 79 Jahre alte ehemalige Partei- und Staatschef zu Beginn des Parteitages ebenfalls von einem Begleiter auf das Podium geführt worden war.

Der China-Experte Bill Bishop schreibt in seinem Newsletter: „Egal was die Ursache war, die Szene war erniedrigend und das Bild von dem hinausgeführten Hu Jintao steht symbolisch perfekt für die komplette Dezimierung der Fraktion des Kommunistischen Jugendverbandes.“ Diese Fraktion war unter Hu Jintao ein einflussreicher Flügel in der Partei. Auch das ist nun offenbar vorbei. (mit dpa)

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