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Der Wiederaufstieg der AfD begann schon im vergangenen Jahr. Die Gründe dafür sind nach Ansicht von Experten vielfältig.

© Imago/Jacob Schröter

Radikale Rechte auf dem Vormarsch: Was die AfD gerade so erfolgreich macht

18 Prozent in den Umfragen – die AfD ist im Aufwind. Die Gründe dafür sind vielfältig. Experten sagen: Es ist nicht nur eine Aufgabe der CDU, dem etwas entgegenzusetzen.

Es waren zwei Schlagzeilen, die zusammenzuhängen schienen: Die AfD – laut Umfragen mittlerweile bei 18 Prozent. Und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) spricht sich dafür aus, das Asylrecht grundlegend zu ändern. Kriegt man so die AfD klein?

Nicht nur in der Union beobachten sie mit Sorge die steigende Zustimmung zu der in Teilen rechtsextremen Partei. Auch wenn Umfragen nichts darüber aussagen, wie viele der Befragten am Ende in der Wahlkabine tatsächlich ihr Kreuz bei der AfD machen, spiegeln die Werte eine Entwicklung wider. Spricht man mit Politikern, die viel im Land unterwegs sind, sagen sie: Die Stimmung sei schlecht.

Experten erklären das Umfragehoch der AfD mit verschiedenen Faktoren. Dabei ist das, was die Partei selbst tut, nur bedingt ausschlaggebend. In die Karten spielt der AfD die Entwicklung seit Beginn des Krieges in der Ukraine: Inflation, Energiepreise, wirtschaftliche Unsicherheit. Kaum beachtet, stiegen die Umfragewerte der Partei bereits im vergangenen Jahr.

Dazu kommt aktuell die Migration, die noch immer viele Kommunen überfordert. Das sei ein wesentliches Mobilisierungsthema der AfD, sagt der Extremismusforscher Steffen Kailitz. „Insofern profitiert die Partei auch jetzt wieder von den steigenden Migrationszahlen.“

Zudem sorgt das Heizungsgesetz für Verunsicherung in der Bevölkerung. Ursache sei, schreibt der Politikberater und AfD-Experte Johannes Hillje, dass die Belastung durch das Gesetz sehr konkret und überfordernd bekannt wurde, aber die Entlastung bis heute unklar sei. Die Opposition befeuere den Diskurs mit Schlüsselbegriffen der AfD. Dass all das auf fruchtbaren Boden fällt, liegt daran, dass ein Teil der Bevölkerung ohnehin rechtspopulistisch eingestellt ist.

Erfolgsmodell Zuhören

Wer oder was kann die Partei stoppen? CDU-Chef Friedrich Merz hat seine Ankündigung, die AfD halbieren zu wollen, in den letzten Jahren explizit nicht mehr wiederholt. Seitdem verfolgen Spitzenpolitiker seiner Partei unterschiedliche Strategien, um der AfD beizukommen.

Michael Kretschmer, der sächsische Ministerpräsident, hat dabei wohl die schwierigste Aufgabe. Wenn die AfD bei der Landtagswahl stärkste Kraft werde und „zumindest pro forma den Ministerpräsidentenposten beanspruchen könnte, hätte das extreme Symbolkraft“, sagt Forscher Kailitz.

Falsch wäre es aber, inhaltliche Positionen nur deshalb zu verändern, um AfD-Wähler zurückzuholen.

Steffen Kailitz, Extremismusforscher

Kretschmer versucht es seit Jahren mit: Zuhören. Bei seinen Veranstaltungen mit dem Titel „Michael Kretschmer direkt“ können ihn die Bürger mit Fragen löchern, ihre Kritik loswerden. Kretschmer hält dann durchaus auch dagegen, aber nie belehrend. Die Strategie gilt als Erfolgsmodell.

Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen

© dpa/Jan Woitas

Doch immer wieder kommen von Kretschmer auch Forderungen, die bei Parteifreunden für Befremden sorgen, zum Beispiel beim Thema Ukraine, oder die zumindest umstritten sind. So sein jüngster Vorstoß, das Asylrecht ändern zu wollen. Kretschmer schlägt eine Kommission für neue Migrationsregeln vor, falls nötig, müsse die Verfassung geändert werden. Kretschmer schwebt offenbar etwas Ähnliches vor wie der Asylkompromiss von 1993.

Kailitz sagt, es sei einer Partei wie der CDU unbenommen, ihre Positionen etwa beim Thema Migration zu verändern – zumal die Kommunen ja tatsächlich am Limit seien und im Sommer die Zahlen noch einmal steigen könnten. „Falsch wäre es aber, inhaltliche Positionen nur deshalb zu verändern, um AfD-Wähler zurückzuholen“, so der Forscher.

Genauso sei es falsch, sich mit verbalen Entgleisungen der Partei rhetorisch anzunähern so wie es jüngst etwa der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt getan habe. „Damit bekämpft man die Partei nicht, sondern legitimiert sie“, meint Kailitz. 

Voigt hatte im Zusammenhang mit dem Wärmeplanungsgesetz der Ampel von einer „Energie-Stasi“ gesprochen und damit indirekt die Bundesregierung mit einem DDR-Regime verglichen. Der „DDR 2.0“-Vorwurf kam sonst immer von der AfD.

Innerhalb der Union ist es auch umstritten, wie stark man einen Kulturkampf befeuern soll, beispielsweise wenn es um das Reizthema Gendern geht. Verstärkt er die Polarisierung oder mobilisiert er Wähler? CSU-Chef Markus Söder wettert gegen den „Woke-Wahn“. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst etwa kann damit wenig anfangen.

Einig sind sie sich in der Union, dass es am Ende darauf ankommt, die realen Probleme der Menschen zu lösen. Auch Rechtsextremismusforscher Kailitz sagt, es sei falsch zu glauben, es sei nur Aufgabe von CDU oder FDP Wähler im demokratischen Spektrum zu halten. „Das ist eine Aufgabe für alle Parteien.“ 

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