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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne)

© dpa/Soeren Stache

Thesenpapier des Seeheimer Kreises: SPD-Abgeordnete warnen Baerbock und Habeck vor „Anti-China“-Strategie

Der konservative SPD-Flügel kritisiert die Grünen-Minister scharf und fordert „Wirtschaftspolitik auf Augenhöhe“ mit China. Baerbock weilt derzeit in Peking.

Der konservative SPD-Flügel fordert in einem Thesenpapier eine pragmatischere China-Politik und warnt vor einer „Anti-China“-Strategie. Der Seeheimer Kreis verlangt eine „abgestimmte, einheitliche und langfristige Strategie innerhalb der Bundesregierung im Umgang mit China“. Es dürfe „keine eindimensionale deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik gegenüber China geben“.

Scharf gehen die Sozialdemokraten dabei Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) an. „Aktuell hangeln sich die Spitzen des Auswärtigen Amtes und des Bundeswirtschaftsministeriums von Einzelfall zu Einzelfall. Im Zentrum steht dort mehr die innenpolitische Symbolkraft getroffener Maßnahmen als eine weitsichtige Politik“, heißt es in dem fünfseitigen Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt. Zuerst hatte der „Spiegel“ darüber berichtet. Dem Seeheimer Kreis gehören 93 SPD-Bundestagsabgeordnete an.

Ein abruptes Ende der Handelsbeziehungen mit China wäre ein ökonomisches Desaster. 

Esra Limbacher, SPD-Abgeordneter und Mitglied im Seeheimer Kreis

„Ein abruptes Ende der Handelsbeziehungen mit China wäre ein ökonomisches Desaster. Wir sind für die Sicherheit der heimischen Arbeitsplätze verantwortlich“, sagte der SPD-Abgeordnete Esra Limbacher dem Tagesspiegel. Und: „Diversifikationsprozesse der deutschen und europäischen Wirtschaft sind notwendig, müssen aber immer im Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Gewerkschaften und der Politik erfolgen.”

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Während ihrer derzeitigen China-Reise sprach sich Außenministerin Annalena Baerbock ebenfalls gegen eine Entkopplung von China aus. Ein völliges Ende des Handels mit China verlangen nicht einmal die Menschenrechtspolitiker der Grünen.

Der Seeheimer Kreis fordert vom Auswärtigen Amt, keine allzu konfrontative Haltung gegenüber China einzunehmen und „Wirtschaftspolitik auf Augenhöhe“ anzustreben. Eine kohärente Chinastrategie dürfe „keine ‚Anti-China‘-Strategie sein“, schreiben die Seeheimer. Die China-Strategie der Bundesregierung, schon mehrfach angekündigt, lässt derweil auf sich warten.

Weite Teile des Papieres lesen sich wie ein entschiedenes Sowohl-als-auch. Zum einen heißt es darin relativierend, China habe sich unter der Führung von Staats- und Parteichef Xi Jinping „stark verändert – sowohl innen- als auch außenpolitisch“. Zum anderen werden „Menschenrechtsverletzungen wie die anhaltende Unterdrückung der Uiguren oder die Niederschlagung der Proteste in Hongkong“ benannt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hält sich generell mit Kritik an der Kommunistischen Partei Chinas zurück.

Im Gegensatz zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron fordert der konservative SPD-Flügel, man müsse zu dem „potentiellen Konflikt“ zwischen China, Taiwan und der Indopazifik-Region klar Position beziehen: „Im Fall von eskalierenden Konflikten muss die EU mit einer Stimme sprechen und sich mit unseren transatlantischen Partnern abstimmen.“

In weiten Teilen sind sich die Sozialdemokraten mit Baerbock und Habeck einig. So heißt es in dem Papier etwa: „Chinesische Investitionen in kritische deutsche Infrastruktur müssen vorausschauend unterbunden werden.“ Bei Bundes- oder Europafördermitteln sei sicherzustellen, „dass weder Know-how noch Daten abfließen und durch die Volksrepublik genutzt werden können.“ Die SPD-Abgeordneten verlangen für deutsche und chinesische Unternehmen Gegenseitigkeit: „Wenn chinesische Unternehmen in Deutschland investieren dürfen, muss dies auch in gleichem Maße für deutsche Firmen in China gelten.“

Baerbock hatte auf ihrer China-Reise am Donnerstag aber auch betont, dass China nicht nur als Partner bei der Bewältigung globaler Krisen und als wirtschaftlicher Wettbewerber, sondern „zusehends auch als systemischer Rivale“ zu sehen sei.

„Wenn man sich an internationale Regeln nicht halten möchte, sondern die Regeln selber definieren möchte, dann stellt man offensichtlich die regelbasierte Ordnung in Teilen infrage, und das können wir nicht ignorieren“, sagte Baerbock. „China hat sich verändert, und deshalb muss auch unsere China-Strategie darauf reagieren.“

Sie wolle in Peking die europäischen Werte vertreten, etwa eine faire Wirtschaftsordnung und „eine gerechte internationale Ordnung, wo sich alle darauf verlassen können, (...) dass man sein Nachbarland zum Beispiel nicht angreift“. Damit spielte sie offensichtlich auf die militärischen Drohungen gegen den Inselstaat Taiwan an, den China als eigenes Territorium beansprucht.

„So wie China deutlich macht, sie wollen für ihre eigene wirtschaftliche Sicherheit sorgen, mache ich hier deutlich, dass wir Europäer natürlich auch für unsere wirtschaftliche Sicherheit sorgen wollen“, sagte Baerbock. (mit dpa)

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