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Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, vor der Bundespressekonferenz.

© dpa/Christoph Soeder

Thomas Haldenwang gegen die AfD: Ein Verfassungsschützer muss keine Wahlkämpfe fechten

Der Präsident des Inlandsgeheimdiensts warnt, wovor alle warnen, und klärt über etwas auf, das alle wissen. Dass seine Aufgabe ein derartiges Engagement erfordert, hat er exklusiv.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Wenn eines Tages tatsächlich irgendwo AfD-Politiker in Regierungsämter gelangen, an Thomas Haldenwang soll es nicht gelegen haben. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz ist nach Kräften bemüht, die Partei klein zu halten. Er beschwört sie als „Gefahr für die Demokratie“; man müsse gegen sie „mobilisieren“, die Leute im Land „wachrütteln“.

Das klingt nach Parlament und Wahlkampf. Es sind aber Worte eines Geheimdienstchefs, der Hinweise auf verfassungsfeindliche Bestrebungen sammeln soll. Dass es die in der AfD gibt, steht außer Frage. Um sie festzustellen, bedarf es weder Spitzel noch Lauschgeräts: Der Marsch der Partei in die Gegnerschaft zum Grundgesetz findet öffentlich statt.

Aufklärung heißt, die Behörde liefert Informationen, die noch niemand kennt. Das tut Haldenwang eher selten.

Jost Müller-Neuhof

Wozu also amtliche Warnungen? Haldenwang bezieht sich auf seinen gesetzlichen Auftrag, zu dem - wörtlich - Verfassungsschutz durch Aufklärung der Öffentlichkeit gehört. Aufklärung heißt, die Behörde liefert Informationen, die noch niemand kennt. Das tut Haldenwang eher selten. Er nutzt seine Befugnis, um Bekanntes zu betonen und Offenkundiges offenkundiger zu machen. Rechtlich mag das zulässig sein - die Gerichte werden es fallweise entscheiden. Aber ist es klug?

Möglicherweise sind die Leute nicht so schläfrig, wie Haldenwang denkt. Man sieht es daran, wie Politik und Medien - äußerst wachsam - so laut in das Haldenwang-Horn stoßen wie dieser in ihres. Zugleich sehen die aus Sicht des Spitzenbeamten noch Wachzurüttelnden, wie ein Behördenleiter mit CDU-Parteibuch unter Aufsicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gegen eine im Bundestag vertretene Oppositionspartei angeht, die ihr Profil wesentlich dadurch gewinnt, dass sie Ressentiments gegen „Altparteien“ schürt.

Eine Gemengelage, die nicht nur Antidemokraten aufmerken lässt, die überall Verschwörung wittern. Auch Demokraten dürfen skeptisch werden. Es gehört nicht zur Aufgabe der Exekutive, den politischen Wettbewerb zu gestalten.

Haldenwang ist hier seinem Vorgänger Hans-Georg Maaßen ähnlich, der ebenfalls politischer wurde, als sein Amt es vorsah. Der Unterschied: Maaßen kungelte mit AfD-Politikern und stichelte, siehe Flüchtlingspolitik, gegen die Regierungslinie. Haldenwang hingegen liegt voll drauf. Auch das merken die Leute, die Haldenwang für Schläfer hält.

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