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Brandenburg, Cottbus: Landwirte kommen mit Traktoren zu einer Demonstration (Archivbild vom 27.02.2024).

© dpa/Patrick Pleul

Trotz Einlenken Özdemirs : Bauern setzen weiter auf Zugeständnisse beim Agrardiesel

Der Bauernverband begrüßt die Möglichkeit zum Anbau auf Brachflächen. Doch der Protest der Landwirte ist damit noch nicht vom Tisch.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) gibt Landwirten die Möglichkeit, auch auf Brachflächen Ackerbau zu betreiben. Ob damit der Protest von Landwirten gegen Bürokratie-Auflagen und die vom Bundestag inzwischen beschlossenen Subventionskürzungen beim Agrardiesel beendet wird, bleibt allerdings offen.

Eigentlich sieht die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU vor, dass Landwirte zur Erhaltung der Artenvielfalt vier Prozent ihrer Nutzflächen brach liegen lassen müssen. Unter dem Eindruck der Bauernproteste in Deutschland, Frankreich, Polen und weiteren Mitgliedstaaten hatte die EU-Kommission die Möglichkeit einer Lockerung dieser Regel zugestanden.

Die Bauern gehen in der EU seit Ende letzten Jahres aus unterschiedlichen Gründen auf die Straße. In Deutschland entzündete sich der Protest an den Kürzungen beim Agrardiesel. In Frankreich richtete sich der Protest unter anderem gegen das geplante EU-Abkommen mit dem südamerikanischen Handelsraum Mercosur.

Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat eine Lockerung bei den Brachflächen-Vorgaben für die Landwirte ermöglicht.
Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat eine Lockerung bei den Brachflächen-Vorgaben für die Landwirte ermöglicht.

© imago/Jens Schicke/imago/Jens Schicke

Laut der von Özdemir verkündeten Lockerung bei den Brachflächen-Vorgaben soll es auch in diesem Jahr möglich sein, dass Landwirte EU-Fördergelder erhalten, sofern sie auf vier Prozent ihrer Flächen stickstoffbindende Pflanzen wie Linsen, Erbsen und Bohnen oder Zwischenfrüchte anbauen. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist auf diesen Flächen nicht erlaubt. Nach den Worten des Agrarministers verschaffe diese Lösung den Betrieben „zusätzliches Einkommen“.

Die Proteste von Landwirten in deutschen Städten – hier in Cottbus vor Beginn einer Konferenz zur Infrastrukturentwicklung im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier – halten an.
Die Proteste von Landwirten in deutschen Städten – hier in Cottbus vor Beginn einer Konferenz zur Infrastrukturentwicklung im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier – halten an.

© dpa/Patrick Pleul

Umweltschützer kritisierten die Entscheidung Özdemirs scharf. Nach den Worten von Olaf Bandt, des Vorsitzenden des BUND, sei der Verzicht auf Brachen und Stilllegungsflächen „ein fundamentaler Rückschritt für den gemeinsam mit der Landwirtschaft errungenen notwendigen Schutz der Artenvielfalt in unseren Agrarlandschaften“.

Die Zwickmühle, in der Özdemir zwischen Umweltschützern und Landwirten sitzt, wird deutlich, wenn man die Reaktionen von Landwirten auf die Lockerung bei den Brachflächen hört. Denn den Bauern gehen die Zugeständnisse der Bundesregierung immer noch nicht weit genug, auch wenn der Deutsche Bauernverband es als positiv bewertete, dass die Bundesregierung und die Ampel-Fraktionen „die Zeichen der Zeit erkannt“ hätten.

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Unter etlichen Interessenvertretern der Landwirte setzt man aber darauf, dass CDU und CSU bei einer Sitzung des Bundesrats am 22. März die Rücknahme der Agrardiesel-Kürzungen durchsetzen.

Möglicherweise könnte es aber auch schon vorher zu einem Kompromiss zwischen den der Regierung und den Bundesländern kommen. Erschwert wird der Plan der Ampel, die Subventionen bis zum Jahr 2027 abzuschmelzen, auch durch Einwände in SPD-regierten Bundesländern. Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Saarland hatten sich dafür ausgesprochen, die Kürzung der Agrardiesel-Beihilfen vorerst zu stoppen. 

Wir glauben, dass uns Cem Özdemir jetzt einen Brocken hinschmeißt, damit wir zufrieden sind. Sind wir aber nicht.

Claus Hochrein, Vorstandssprecher der Bauernvereinigung „Landwirtschaft verbindet Deutschland“

Wie das „Handelsblatt“ berichtete, arbeitet die Bundesregierung an einem Entlastungspaket für die Landwirtschaft, das in der kommenden Woche auf der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beraten werden soll. Um den Landwirten weiter entgegenzukommen, sei demnach unter anderem eine mehrjährige Glättung der Einkommensteuer für Bauern im Gespräch, bei der Landwirte ein schlechtes Jahr steuerlich ausgleichen können. Einen entsprechenden Vorschlag hatte bereits Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei der einer Großkundgebung der Landwirte Mitte Januar am Brandenburger Tor gemacht.

Claus Hochrein, der Vorstandssprecher der Bauernvereinigung „Landwirtschaft verbindet Deutschland“, gehört derweil zu denjenigen, die nicht von einem unmittelbar bevorstehenden Ende der Proteste in Deutschland ausgehen. Özdemir habe mit der Brachflächen-Lockerung lediglich eine Öffnungsmöglichkeit der EU umgesetzt, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir glauben, dass uns Cem Özdemir jetzt einen Brocken hinschmeißt, damit wir zufrieden sind. Sind wir aber nicht“, so Hochrein.  

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