zum Hauptinhalt
Hakeem Jeffries, Bewerber um die Nachfolge Nancy Pelosis an der Spitze der US-Demokraten im Repräsentantenhaus

© Reuters/Evelyn Hockstein

US-Demokraten wählen neue Führung: Hakeem Jeffries will Nancy Pelosi folgen

Die Demokaten haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Eine neue Führung soll US-Präsident Biden nun helfen, seine Vorhaben dennoch umzusetzen. Das wird schwierig.

Generationswechsel im US-Repräsentantenhaus: Am Mittwoch wählen die Demokraten ihre neue Führung in dieser Kammer des Kongresses.

Nachdem feststand, dass sie die Mehrheit bei den Zwischenwahlen Anfang November knapp verloren hatten, kündigte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ihren Rückzug von dem Führungsposten der Demokratischen Partei an.

Fast zeitgleich wie die 82-Jährige, die knapp zwei Jahrzehnte an der Spitze der Partei stand und 2007 als erste Frau zum „Speaker“ des Repräsentantenhauses gewählt worden war, erklärten auch Fraktionschef Steny Hoyer, 83, und Fraktionsgeschäftsführer James Clyburn, 82, den Weg für Jüngere freizumachen.

Wie Pelosi, die jahrzehntelang San Francisco im Repräsentantenhaus vertrat, könnte dort nun erneut ein Sprecher Geschichte schreiben: Für Pelosis Nachfolge hat sich Hakeem Jeffries beworben. Er ist nicht nur 30 Jahre jünger, sondern wäre auch der erste Afroamerikaner, der jemals eine Partei im Kongress anführt.

Seit 2013 vertritt Jeffries den achten Distrikt des Bundesstaats New Yorks, der Teile von Brooklyn und Queens umfasst. Der 52-Jährige, der bereits Mitglied im Fraktionsvorstand ist, hat keinen Gegenkandidaten. Seine Wahl gilt als wahrscheinlich. Die Herausforderungen, die auf ihn warten, wenn der Kongress am 3. Januar 2023 neu zusammentritt, sind indes gewaltig: Er wird auf eine republikanische Mehrheit stoßen, die alles tun wird, um die politische Agenda von US-Präsident Joe Biden zu blockieren.

Von vielen Kollegen für seinen Pragmatismus und seine Kompromissfähigkeit gelobt, droht Jeffries aber auch Gegenwind aus dem eigenen Lager – vom (laut-)starken linken Flügel der Partei rund um die New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die sich nicht für seine Wiederwahl ausgesprochen hat.

Es wird niemals vorkommen, dass ich vor dem hart-linken demokratischen Sozialismus in die Knie gehe.

Hakeem Jeffries, Bewerber um den Chefposten der US-Demokraten im Repräsentantenhaus

Den Parteilinken gilt er als zu weit der Mitte zugeneigt. Sie sind skeptisch und werden genau beobachten, welche Kompromisse er möglicherweise mit den Republikanern schmieden könnte. Dass er zusammen mit einem der konservativeren demokratischen Abgeordneten, Josh Gottheimer aus New Jersey, das Team Blue PAC gegründet hatte, eine Lobbygruppe, die Amtsinhaber gegen parteiinterne – und vor allem progressivere – Herausforderer unterstützen soll, trägt nicht zur Entspannung bei.

Jeffries selbst nennt sich einen „schwarzen, progressiven Demokraten“, den Ungerechtigkeiten umtrieben. Er erklärte aber im vergangenen Jahr im Gespräch mit der Zeitschrift „The Atlantic“ auch: „Es wird niemals vorkommen, dass ich vor dem hart-linken demokratischen Sozialismus in die Knie gehe.“

Wird er gewählt, muss er angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse unter Beweis stellen, wie groß seine Fähigkeiten sind, die eigene Fraktion zusammenzuhalten. Auf Unterstützung aus dem Weißen Haus kann er dabei bauen: Präsident Biden rühmt sich selbst als jemand, der während seiner Zeit im Senat immer wieder auch unwahrscheinliche Mehrheiten zusammengebracht hat.

7
Sitze bleiben die Demokraten im Repräsentantenhaus hinter den Republikanern zurück.

In seinem Bewerbungsbrief an die Fraktionskollegen schrieb Jeffries: Die Demokraten im Repräsentantenhaus müssten sich auf einen harten Kampf einstellen. Die Fraktion müsse sich hinter den gemeinsamen Zielen vereinen, „diszipliniert kommunizieren“, gute Gesetze schaffen und mit der Biden-Regierung zusammenarbeiten.

Für soziale Fragen sensibilisiert sollte Jeffries allein durch seine Herkunft sein. Er wurde 1970 im New Yorker Stadtteil Brooklyn als Sohn einer Sozialarbeiterin und eines Betreuers bei einer staatlichen Drogenberatung geboren. Jeffries studierte Politikwissenschaft und Jura und arbeitete später als hochdotierter Anwalt in einer renommierten Großkanzlei.

Einen Namen machte er sich mit seinem Kampf gegen Polizeigewalt. Und im ersten Amtsenthebungsverfahren 2020 gegen Donald Trump. Denn dort war er einer von sieben „Impeachment-Managern“, die als Ankläger fungierten. Das wird ihm im Trump-Lager absehbar Probleme bereiten.

Republikanischer Gegenspieler von Jeffries wäre Kevin McCarthy, der an der Spitze der Republikaner im House steht und neuer Sprecher des Repräsentantenhauses werden will. Um die Wahl zu gewinnen, braucht McCarthy die Unterstützung der rechten Trump-Anhänger in seiner Fraktion, die eine versöhnliche Linie gegenüber den Demokraten kaum tolerieren werden.

Auch das wird Jeffries’ Aufgaben schwerer machen. Dabei helfen sollen ihm die Abgeordneten Katherine Clark, 59, aus Massachusetts und der 43-jährige Kalifornier Pete Aguila. Sie kandidieren am Mittwoch ebenfalls für die neue Fraktionsspitze der Demokraten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false