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Wladimir Putin am 9. September 2022.

© Sputnik/Gavriil Grigorov/Pool via REUTERS

Update

US-Geheimdienste berichten: Russland soll große Summen an ausländische Politiker gezahlt haben

Die USA gehen von massiver Wahleinmischung aus. Geheimdienstinformationen sollen nahe legen, dass Russland mehr als 300 Millionen Dollar an politische Parteien und Kandidaten im Ausland gezahlt habe.

| Update:

Nach Angaben von US-Geheimdiensten hat Russland in den vergangenen Jahren enorme Summen in die Beeinflussung ausländischer Wahlen gesteckt.

Mehrere US-Medien, darunter die „Washington Post“ und der Sender CNN, berichteten am Dienstag übereinstimmend unter Berufung auf einen hochrangigen US-Regierungsvertreter, Russland habe seit 2014 verdeckt mehr als 300 Millionen Dollar an ausländische politische Parteien und Kandidaten in mehr als zwei Dutzend Ländern gezahlt, um Einfluss auf die dortige Politik zu nehmen.

Das sei das Ergebnis eines neuen Berichts der Geheimdienste. Die Regierung habe entschieden, Teile der Untersuchung öffentlich zu machen, um Russlands Gebaren entgegenzuwirken.

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Die genannte Summe von mehr als 300 Millionen Dollar sei aber wohl nur „die Spitze des Eisbergs“, sagte ein hoher US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Wahrscheinlich habe Russland „heimlich noch mehr Geld transferiert, das nicht entdeckt wurde“, sagte der Regierungsvertreter.

Die betroffenen Ländern sollen nun informiert werden

Um welche Länder es sich handelte, wurde nicht genannt. Die betroffenen Länder würden aber informiert.

Unter anderem soll der russische Botschafter aber in einem nicht genauer bezeichneten asiatischen Land einem Präsidentschaftskandidaten mehrere Millionen Dollar zur Verfügung gestellt haben. Eine mit den Erkenntnissen des Gutachtens vertraute Quelle gab zudem an, dass Russland etwa eine halbe Million Dollar für die Unterstützung der albanischen Demokratischen Partei bei den Wahlen im Jahr 2017 ausgegeben habe.

Demnach sollen auch Parteien oder Kandidaten in Bosnien, Montenegro und Madagaskar finanziert worden sein. Nach Angaben der Quelle hat Russland die belgische Hauptstadt und EU-Sitz Brüssel als Drehscheibe etwa für Stiftungen genutzt, die rechtsextreme Kandidaten unterstützen.

So soll der Geldfluss verschleiert worden sein

Auch wird dem Land vorgeworfen, der russischen Botschaft in Ecuador von 2014 bis 2017 große Mengen Geld geschickt zu haben - offenbar ebenfalls mit dem Ziel, Wahlen zu beeinflussen. Dabei bediente sich Russland offenbar fiktiver Verträge und Strohfirmen in Europa und leitete verdeckte Finanzmittel in Mittelamerika, Asien, Nordafrika und im Nahen Osten direkt weiter.

Bisweilen habe Russland Bargeld geschickt, aber auch Kryptowährungen und „üppige“ Geschenke seien verschickt worden, hieß es.

Der US-Regierungsvertreter wurde mit folgenden Worten zitiert: „Indem wir ein Licht werfen auf die verdeckte russische Politikfinanzierung und die russischen Versuche, demokratische Prozesse zu untergraben, machen wir diesen ausländischen Parteien und Kandidaten klar, dass wir aufdecken können und werden, wenn sie heimlich russisches Geld annehmen.“

Laut einer internen Erklärung des US-Außenministeriums an US-Vertretungen in aller Welt verfolgt Russland eine doppelte Strategie: Zum einen wolle es den Erfolg der favorisierten Kandidaten fördern, zum anderen aber auch Einfluss innerhalb der politischen Parteien gewinnen.

„Die versteckten Beziehungen zwischen diesen Parteien und ihren russischen Gönnern untergraben die Integrität der demokratischen Institutionen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Institutionen“, heißt es darin.

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hatte das Gutachten zu russischer Einflussnahme auf die Politik anderer Länder nach dem Beginn des Einmarschs Russlands in die Ukraine am 24. Februar angefordert.

Es handele sich um einen Bestandteil von Bidens „Demokratiegipfel“, den er kurz nach seinem Wahlsieg gegen seinen Vorgänger Donald Trump ins Leben gerufen hatte, sagte ein US-Regierungsvertreter. Das Gutachten befasst sich nicht mit der Situation in den USA. 

Vorwurf der Einmischung ist nicht neu

Die USA werfen Russland seit langem vor, sich auch in amerikanische Wahlen eingemischt zu haben: Nach Ansicht der US-Geheimdienste setzte sich Russland bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 für den damaligen US-Präsidenten Donald Trump ein und bemühte sich, dessen Herausforderer Joe Biden zu schaden.

Russland habe sich auf Desinformation konzentriert, anders als bei der Wahl 2016 aber nicht versucht, die Wahlinfrastruktur in den USA direkt zu untergraben. Bei der Präsidentschaftswahl 2016 hatte Russland nach Überzeugung der US-Sicherheitsbehörden zugunsten des Kandidaten Trump interveniert, um die Demokratin Hillary Clinton auszubremsen.

In den vergangenen Monaten hatte die US-Regierung wiederkehrend Geheimdiensterkenntnisse zu Russland öffentlich gemacht, um den Druck auf Moskau zu erhöhen - vor allem mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. 

Aufregung in Italien vor Parlamentswahlen: Rasche Aufklärung gefordert

Der US-Geheimdienstbericht über die Versuche Russlands, mit enormen Geldsummen Einfluss auf ausländische Wahlen zu nehmen, hat in Italien für große Aufregung gesorgt. Eineinhalb Wochen vor den Parlamentswahlen forderten viele Politiker am Mittwoch rasche Aufklärung in der Causa.

In dem Mittelmeerland hatten einige Parteien und Politiker in den vergangenen Jahren gute Beziehungen mit Moskau. Die Einschätzung der amerikanischen Geheimdienste, dass Russland seit 2014 mehr als 300 Millionen Dollar verdeckt an ausländische Parteien und Kandidaten gezahlt haben soll, versetzte einige Stellen in Rom deshalb in Alarmstimmung.

Derzeit sei nicht bekannt, dass Italien betroffen sei

„Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Mitteilungen, wonach Italien betroffen ist“, sagte Adolfo Urso, der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Geheimdienste (Copasir), dem Sender Rai3. Alle Parteien forderten den Copasir und die Regierung jedoch auf, weitere Erkenntnisse in dem Fall einzuholen.

„Wir müssen vor der Wahl Klarheit haben“, sagte Enrico Letta, der Chef der Sozialdemokraten. Sollte sich eine Verwicklung italienischer Parteien oder Politiker herausstellen, könnte dies auf die Wahl große Auswirkungen haben.

Unter anderem die rechtspopulistische Lega pflegt seit Jahren enge Kontakte zu Kremlchef Wladimir Putin, auch prominente Politiker der Fünf-Sterne-Bewegung zeigten immer wieder ihre Nähe zu Moskau. Lega-Chef Matteo Salvini wiegelte nach Bekanntwerden der Meldungen prompt ab.

„Ich habe nie nach Geldern gefragt oder welche erhalten, keine Rubel, Euro, Dinare oder Dollar aus Russland“, sagte er in einem Radiointerview und ergänzte: „Es ist schon komisch, dass jedes Mal, zehn Tage vor den Wahlen, solche Fake News aufkommen.“

Zuletzt lag das Mitte-Rechts-Lager in Umfragen deutlich in Führung. Die postfaschistischen Fratelli d’Italia sind die klar stärkste Partei in dieser Allianz; deren Chefin Giorgia Meloni hat beste Chancen, neue Ministerpräsidentin zu werden.

Meloni hatte sich - anders als etwa Lega-Chef Salvini - in den vergangenen Monaten stets deutlich gegen Russland gestellt. „Ich bin sicher, dass Fratelli d’Italia keine Gelder aus dem Ausland nimmt“, sagte sie am Mittwoch. (dpa/AFP)

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