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Die AfD-Fraktion im Bundestag - hier bei ihren Protesten gegen Corona-Maßnahmen im Jahr 2020.

© Reuters/Fabrizio Bensch

Verfassungstest für alle AfD-Kandidaten?: Im Bundestag überwiegt die Skepsis

Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, will Bewerber der Rechtspartei überprüfen lassen. Was sagen die anderen Fraktionen im Parlament?

Sollen AfD-Politiker, die sich für Parlamente bewerben, vorher auf ihre Verfassungstreue getestet werden? Müssten dann nicht alle Kandidaten und Kandidatinnen für Bundestag, Landtage und Kommunalparlamente eine solche Prüfung mitmachen? Der Vorschlag von Felix Klein, des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, ist am Sonnabend jedenfalls auf Skepsis gestoßen.

Klein äußerte sich in der „Welt am Sonntag“ mit Blick auf die AfD besorgt, „dass eine solche Partei derartige Zustimmung findet“. Die Rechtsaußenpartei ist in Umfragen in den vergangenen Wochen immer weiter gestiegen und liegt derzeit bei 20,3 Prozent. Damit wäre sie zweitstärkste Kraft im Bundestag hinter der Union und noch vor der SPD.

„Die AfD duldet Antisemitismus und führende Kräfte, die den Holocaust relativieren“, sagte Klein. Sie sei zwar eine „legale Partei“, gleichwohl gebe es Anzeichen, „dass dort demokratiefeindliche Kräfte am Werk sind“. Seine Forderung lautet daher: „Jeder potenzielle Amts- und Mandatsträger sollte vor der Wahl auf seine Haltung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung überprüft werden.“

Extremismus hat keinen Platz in deutschen Parlamenten

Dirk Wiese, SPD-Innenpolitiker

Eine klare Forderung aus dem Regierungslager. Im Bundestag überwiegt bei aller Sympathie für Klein allerdings die Zurückhaltung, wie eine Rundfrage des Tagesspiegels am Samstag ergab.

Am ehesten bei Klein ist der SPD-Innenpolitiker Dirk Wiese. Er sagte: „Extremismus hat keinen Platz in deutschen Parlamenten. Dass der Antisemitismusbeauftragte vor den Funktionären der AfD warnt, ist absolut berechtigt.“

Beim aktuellen AfD-Parteitag habe der völkisch-rechtsextreme Teil für alle offensichtlich endgültig das Ruder übernommen. „Das ist eine Ansage an die freiheitlich-demokratische Grundordnung“, sagte Wiese. „Es kann durchaus sein, dass sich sehr zeitnah die Frage stellt, ob nicht nur die Jugendorganisationen der AfD als außerhalb der Verfassung stehend gelten.“

„Aufgabe nicht delegieren“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, reagierte weniger zustimmend auf die Forderung. „Ich bin skeptisch, dass die Idee von Herrn Klein funktionieren könnte. Abgeordnete sind Vertreter des Volkes. Eine Regierungsbehörde kann sie wohl kaum auf Verfassungstreue überprüfen.“

Frei sagte, dieses Recht käme - so wie es bei den Parteien ist - nur dem Bundesverfassungsgericht zu. „Unser politisches System und unsere Verfassung sind stärker als die politischen Extremisten, die sie bekämpfen. Unsere Aufgabe ist, politischen Extremismus politisch zu bekämpfen und für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Diese Aufgabe kann man nicht delegieren.“

„Politische Bildung ist wichtig“

Auch Lamya Kaddor, Sprecherin der Grünen-Fraktion für Innenpolitik, zeigte sich skeptisch. „Die Demokratie wird nicht automatisch gestärkt, wenn wir von vornherein Menschen davon ausschließen, sich zur Wahl zu stellen“, sagte sie. „Es geht vor allem darum, im öffentlichen Diskurs verfassungsfeindliche Positionen klar zu benennen und zu verurteilen.“

Dabei sei politische Bildung nötiger denn je, sie sei ein Grundpfeiler einer rechtsstaatlichen Demokratie, betonte Kaddor. „Hier drastisch an finanzieller Zuwendung zu streichen, geht in die völlig falsche Richtung. Dafür werden wir uns in den Haushaltsverhandlungen starkmachen.“

Für die FDP sagte deren Parlamentarischer Geschäftsführer Stephan Thomae: „Richtig ist, dass die Voraussetzungen für eine Wählbarkeit von Amts- und Mandatsträgern vor einer Wahl genau geprüft werden müssen.“ Dazu könne bei bestimmten Wahlämtern auch die Gewähr gehören, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. „Auf keinen Fall sollten wir aber die Wahlentscheidungen der Wählerinnen und Wähler zensieren. Diesen Willen gilt es zu respektieren.“

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