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Gibt es bald wieder eine lange Nacht im Kanzleramt?

© dpa/Britta Pedersen

Volle Agenda am 6. November: Die Ampel gerät vor dem Bund-Länder-Gipfel unter Druck

Droht erneut eine lange Nacht im Kanzleramt? Erst sollte es nur um Flüchtlingskosten gehen, nun ballen sich die Themen. Auch sieht die Union das Wachstumschancengesetz als Chance in eigener Sache.

Die Agenda wird immer länger. Und der Zeitdruck wächst. Für den 6. November haben sich der Kanzler und die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) auf einen weiteren Bund-Länder-Gipfel verständigt. Spät im Jahr, so kalkulierte Olaf Scholz beim Terminbeschluss im Mai, würde es aus mehreren Gründen besser sein, sich über das ursprüngliche Hauptthema – die Flüchtlingsfinanzierung – zu verständigen.

Nun aber ballen sich immer mehr Themen zusammen, die am Montag in zwei Wochen auf dem Tisch liegen werden. Neben den Flüchtlingskosten samt Gesetzen zur schnelleren Abschiebung oder der zügigeren Arbeitsaufnahme von Geflüchteten mit Bleiberecht (dem Migrationspaket) wird es um den Brückenstrompreis gehen (eine Subvention für energieintensive Unternehmen) und um sozialpolitische Maßnahmen wie das Bürgergeld.

Vor allem aber geht es um eines: die Kosten und deren Verteilung auf Bund, Länder und Kommunen. Der Bund will sich einen schlanken Fuß machen, so jedenfalls fassen es die MPK und die Kommunalverbände auf. Auf Bundesseite wird gern auf eine günstigere Haushaltslage der Länder und Städte, Gemeinden und Kreise verwiesen.

Konjunkturpolitik ist vor allem Aufgabe des Bundes

Markus Lewe, Städtetags-Präsident

Ein weiteres Geld-Thema gerät nun ebenfalls auf die Agenda des 6. November. Das Wachstumschancengesetz wird vor allem von der Union als eine Chance in eigener Sache gesehen, denn dem muss der Bundesrat zustimmen, und das kann die Union verhindern.

Schon heißt es dort, das Gesetz mit einer Vielzahl von Steuermaßnahmen, mit denen die Ampelkoalition die Wirtschaft ankurbeln will, könne auch im Vermittlungsausschuss landen. Der grüne Finanzminister von Baden-Württemberg, Danyal Bayaz, hatte das unlängst auch schon angedroht.

An diesem Freitag steht im Bundesrat erst einmal die Abstimmung über die Einwände und Forderungen der Ausschüsse auf der Tagesordnung. Die sind auf 105 Seiten versammelt und laufen darauf hinaus, dass der Bund doch bitte deutlich mehr von den Steuerausfällen und anderen Belastungen übernimmt, die das Gesetz bringen wird.

Es geht um sieben Milliarden

Sie belaufen sich insgesamt auf etwa sieben Milliarden Euro im Jahr, den größeren Teil haben nach den Vorstellungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Länder und Kommunen zu tragen. Da es zu einem Minus bei der Gewerbesteuer kommen wird, sind die Kommunen überproportional betroffen.

Städtetags-Präsident Markus Lewe, christdemokratischer Oberbürgermeister von Münster, hat daher am Donnerstag deutlich gemacht, dass das Gesetz in vorliegender Form aus kommunaler Sicht nicht akzeptabel ist. Konjunktur- und Wachstumspolitik seien vor allem Aufgaben des Bundes, „deswegen muss das Wachstumschancengesetz auch vorrangig aus Bundesmitteln finanziert werden“.

Länder wollen Kompensation

Da Steuerausfälle der Kommunen von den Ländern kompensiert werden müssten, sehen das die Länder mehrheitlich auch so. Der Finanzausschuss des Bundesrats fordert daher „eine Verständigung über die Höhe einer tragbaren Länderbelastung“ mittels einer umfassenden Kompensation über einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer.

In Lindners Etatplan für 2024, der gerade im Bundestag beraten wird, ist das nicht eingestellt. Das gilt auch für den von der MPK geforderten höheren Bundesanteil an den Flüchtlingskosten und eine Strompreissubvention. Die Entscheidung von Scholz, den Ländern im Mai nichts zuzugestehen und das Thema Flüchtlingsfinanzierung im Herbst zu entscheiden – eben am 6. November – führt nun zu erhöhtem Zeitdruck für die Ampel.

Denn nicht nur die Themen ballen sich, sondern auch die Termine. An diesem Freitag tagt der Koalitionsausschuss, um Linien zu finden. In der kommenden Woche folgt die Steuerschätzung, die – je nach Ausgang – die ohnehin enge Planung des nächsten Bundeshaushalts noch etwas schwieriger gestalten könnte. Zumal die Krise in Nahost nun ebenfalls noch zusätzliche Kosten verursachen dürfte.

Sollte es am 6. November tatsächlich zu einem Ergebnis kommen, das für den Bund Mehrausgaben bedeutet, müssen diese über eine neue Regierungsvorlage in den Bundestag eingebracht werden. Dort steht am 16. November die Abschlussrunde im Haushaltsausschuss an – und Ende des Monats die Abstimmung im Plenum.

Gelingt die Verständigung mit den Ländern nicht (und das Wachstumschancengesetz spielt dabei eine Rolle), müsste die Ampel ihren Etatbeschluss wohl verschieben. Immerhin: Als Zeichen guten Willens hat der Bundesrat zugestimmt, ein Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften zügig zu beraten, das die Ampelkoalition zuvor verschleppt hatte – und das den Bund 1,2 Milliarden Euro kosten würde, wenn es nicht fristgerecht verabschiedet wird.

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