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Hu Jintao (M), ehemaliger Präsident von China, wird aus der Abschlusszeremonie des 20. Nationalen Kongresses der Kommunistischen Partei Chinas in der Großen Halle des Volkes hinausbegleitet.

© Foto: dpa/Kyodo/Uncredited

Was geschah mit Hu Jintao?: Das Rätsel um den Abgang von Chinas Ex-Präsidenten vom KP-Kongress

Beim Kongress der Kommunistischen Partei wurde Chinas Ex-Präsident Hu Jintao aus dem Saal eskortiert. Ein jetzt veröffentlichtes Video dokumentiert die Szene und was davor geschah.

Der alle fünf Jahre stattfindende Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas in Peking ist ein durchchoreografiertes Event, bei dem traditionell nichts dem Zufall überlassen wird. Ein Zwischenfall bei der Abschlusszeremonie des Kongresses am vergangenen Wochenende störte jedoch den geschmeidigen Ablauf und erregte internationale Aufmerksamkeit.

Der frühere Staats- und Parteichef Hu Jintao wurde kurz vor einer geplanten Abstimmung von zwei Saalordnern von seinem Platz neben Chinas starkem Mann Xi Jinping aus dem Saal geführt. Der 79-jährige Hu gilt nicht als Xis Unterstützer.

„Dies war eine erstaunliche Begebenheit – nicht einmal in der Mao-Zeit gab es eine derartig dramatische Störung des Kongresses“, sagt Victor Shih, Spezialist für chinesische Politik an der Universität von Kalifornien in San Diego, der „New York Times“.

Der Großteil des Kongresses in Pekings Großer Halle des Volkes ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich, doch für die Abschlusszeremonie wurden nur wenige Minuten vor dem Zwischenfall einige internationale Journalisten in den Saal gelassen. Sie nahmen die Szene auf Video auf. Veröffentlicht wurde die Aufnahme zuerst vom singapurischen Nachrichtensender CNA.

Was in den Minuten vor Hus Eskortierung geschah

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Das Video zeigt, was vor dem Abführen von Hu Jintao geschah. Es zeigt, wie der Vorsitzende des Volkskongresses, Li Zhanshu, zu Hus Linken, Hu ein Dokument aus der Hand nimmt und es mit einer roten Mappe abdeckt. Li schiebt es zur Seite, spricht in Hus Ohr, lächelt dabei. Hu wirkt verwirrt.

Es ist unklar, um was für ein Dokument es sich handelt. Die „New York Times“ berichtet, es sei womöglich eine Namensliste des neu zusammengestellten Zentralkomitees. Dieses sollte am folgenden Tag zum ersten Mal zusammen kommen.

Drei vermeintliche Schützlinge von Hu – Ministerpräsident Li Keqiang, Vizepremier Hu Chunhua und Wang Yang – waren, wie sich herausstellen sollte, trotz ihres noch verhältnismäßig jungen Alters nicht mehr Teil des Komitees, so die Zeitung weiter. Xi Jinping bricht damit mit der Tradition, verschiedene Parteifraktionen in der Führung auszugleichen.

Ein Saaldiener nimmt Hu Jintao die Dokumente aus der Hand.

© Foto: Reuters/Tingshu Wang

Ein Saaldiener näherte sich daraufhin Staats- und Parteichef Xi Jinping zu Hus Rechten. Xi spricht zu ihm, deutet auf seine Papiere. Der Saaldiener wendet sich daraufhin zu Hu. Li Zhanshu ist weiterhin darauf bedacht, dass Hu das Dokument nicht liest.

Ein zweiter Mann steht dem Saaldiener zur Seite, und gemeinsam führen sie den augenscheinlich widerwilligen und verwirrten Hu von seinem Platz. Mehrere Male versucht er sich wieder zu setzten und die Dokumente an sich zu nehmen.

Als Hu schließlich Xi Jinping passiert, wendet er sich ihm zu, berührt ihn an der Schulter. Sie tauschen einige Worte aus, Xi nickt, und Hu wird aus dem Saal geführt. Im Vorbeigehen klopfte er Ministerpräsident Li Keqiang noch auf die Schulter.

Hu Jintao (mitte) wendet sich an Präsidenten Xi Jinping (rechts) und Premier Li Keqiang (links).

© Foto: Reuters/Tingshu Wang

Anwesende Parteimitglieder zeigen sich demonstrativ unbeteiligt

Die meisten anderen Personen auf dem Podium, allesamt hochranginge Politiker der Kommunistischen Partei, verändern ihre Miene nicht, starren geradeaus und wenden den Blick nicht auf die ungewöhnliche Szene, die sich hinter ihnen abspielt.

Dieser Vorfall zeigt die tragische Realität der chinesischen Politik.

China-Forscher Wu Guoguang, Stanford University

„Da war Hu Jintao, der frühere oberste Führer Ihrer Partei und ein Mann, der so vielen von ihnen politische Möglichkeiten eröffnet hatte. Und wie behandeln Sie ihn jetzt?“ sagte China-Forscher Wu Guoguang der Stanford University in einem Podcast-Interview der „New York Times“. „Dieser Vorfall zeigt die tragische Realität der chinesischen Politik und den grundlegenden Mangel an menschlichem Anstand in der Kommunistischen Partei.“

Chinas Staatsmedien verschweigen den Vorfall

Chinas Präsident Xi Jinping bei Abschlusszeremonie des Nationalen Kongresses. Neben ihm der leere Sitz von Hu Jintao.

© Foto: Reuters/Tingshu Wang

Nachdem Hu aus dem Saal eskortiert worden war, ging die Abschlusszeremonie weiter. Der leere Sitz neben Xi blieb die einzige Erinnerung an den Vorfall. Chinesische Staatsmedien verschwiegen das Geschehen.

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Später erklärte die Staatsagentur Xinhua den Vorfall mit Unwohlsein des irritiert wirkenden Politikers. Die Erläuterung erfolgte aber nur auf Englisch per Twitter. Die Plattform ist in China gesperrt.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping war am Sonntag für eine dritte fünfjährige Amtszeit als Generalsekretär bestätigt worden. Damit widersetzte er sich üblichen Grenzen für Alter und Amtszeit.

Ob Hu den Saal freiwillig verlassen habe oder nicht, „der Effekt ist der gleiche“, schrieb der China-Experte Alex White auf Twitter. Für die letzte Führungsgeneration der Zeiten vor Xi bedeute der Vorfall eine „totale Erniedrigung“. (mit dpa, AFP)

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