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Der Bundesnachrichtendienst in Berlin dient der Auslandsaufklärung.

© dpa/Christophe Gateau

Welche Medien informiert der BND?: Der Geheimdienst hat ein Geheimnis weniger

Der Bundesnachrichtendienst muss mehr Transparenz über vertrauliche Gespräche mit Journalisten schaffen, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Der BND kündigt gleich das Ende solcher Zusammenarbeit an.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) muss mehr Transparenz über seine vertrauliche Zusammenarbeit mit Journalistinnen und Journalisten herstellen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag entschieden und damit einer Klage des Tagesspiegels stattgegeben (Az.: 10 A 2.23).

Der BND muss nun öffentlich mitteilen, mit welchen fünf Medien der Dienst in den Jahren 2019 und 2020 jeweils die meisten sogenannten Einzelhintergrundgespräche geführt hat, wie viele dies waren und wie hoch der Anteil von Medien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei den Gesprächen in diesen beiden Jahren war.

Wie auch in anderen Bundesbehörden einschließlich Ministerien und Bundeskanzleramt wird ein erheblicher Teil der behördlichen Medienarbeit über vertrauliche Mitteilungen und Zusammenkünfte abgewickelt. Regelmäßig werden Journalistinnen und Journalisten insbesondere von reichweitenstarken Medien zu Hintergrundgesprächen gebeten, über die Stillschweigen vereinbart wird.

Teilweise werden bestimmte Informationen daraus für eine Verwendung gegenüber der Öffentlichkeit freigegeben. Der BND bietet ferner Einzelgespräche an, um Journalisten vertraulich über Erkenntnisse aus seiner Tätigkeit zu informieren. Rund 20 bis 50 Medienvertreter wenden sich in dieser Weise pro Jahr an die Behörde. Öffentliche Erklärungen des Geheimdienstes oder Pressekonferenzen sind selten.

Wenn die verlangten Informationen erteilt werden müssen, wird es keine Hintergrundgespräche mehr geben.

Ein Prozessvertreter des BND vor dem Bundesverwaltungsgericht

Diese Praxis „selektiver Informationsvermittlung“, wie sie das Bundesverwaltungsgericht genannt hat, ist in der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt. Die Bundesregierung, allen voran das Kanzleramt, weigert sich mitzuteilen, welche Medien sie daran beteiligt.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied nun, dass Auskünfte zur Praxis des BND auf Grundlage des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs erteilt werden müssen. Dieser Anspruch wird aus dem Grundrecht der Pressefreiheit abgeleitet und richtet sich auf schriftlich vorliegende Informationen sowie das dienstliche Wissen von Behördenmitarbeitern. Das Bundesverwaltungsgericht ist für Klagen gegen den BND in erster und letzte Instanz zuständig.

In der Verhandlung ging es um den Schutz journalistischer Recherchen

Der BND hatte die begehrten Auskünfte zunächst mit dem Argument verweigert, dass eine entsprechende Statistik über die häufigsten Hintergrundgespräche nicht vorliege. Dem hielt das Gericht entgegen, dass die verlangten Daten bereits vorhanden seien und nicht erst noch beschafft werden müssten. „Eine Generierung nicht vorhandener Informationen verlangt der Kläger nicht“, hieß es am Donnerstag.

Der wesentliche Teil der mündlichen Verhandlung drehte sich um die Frage der Schutzrechte der beteiligten Medienvertreter. Der BND hatte zuvor zwar schon mitgeteilt, dass die meisten Zusammentreffen in den beiden Jahren mit Journalisten von „Bild“, „Spiegel“, „NDR“, „Welt“ und „Zeit“ stattfanden. Angaben zur Häufigkeit aber gab es keine. Der BND meinte, dass dadurch Rückschlüsse auf Recherchen möglich würden - und seiner Praxis dann ein Ende gesetzt sei: „Wenn die verlangten Informationen erteilt werden müssen, wird es keine Hintergrundgespräche mehr geben“, hatte der Anwalt des BND in der mündlichen Verhandlung angekündigt.

Die Richterinnen und Richter des 10. Revisionssenats sahen solche Risiken offenbar nicht. „Im Hinblick auf die durch den BND bereits erteilten Auskünfte wird nicht ersichtlich, dass durch die Herausgabe der begehrten ergänzenden Informationen die Gefahr der Aufdeckung der Recherchen betroffener Medienvertreter durch Dritte signifikant gesteigert wird.“

BND will betroffene Medien künftig nicht mehr bei jeder Anfrage anhören

Eine weitere Klage des Tagesspiegels wurde vom Gericht abgewiesen. Darin war der BND aufgefordert worden, die Weitergabe von Recherche-Anfragen zum Thema Hintergrundgespräche ohne eine Mitteilung an den Kläger aus Gründen des eigenen Rechercheschutzes zu unterlassen (Az.: 10 A 3.23).

Der BND hatte die an den Gesprächen beteiligten Medien um Stellungnahmen zu den – abstrakt und anonym – dargestellten Recherchen gebeten, ohne den Tagesspiegel vorher darüber zu informieren. Damit wurden die laufenden journalistischen Anfragen faktisch offen gelegt.

Ein Anspruch darauf, ein solches Vorgehen künftig pauschal zu unterlassen, bestehe jedoch nicht. Die Klage sei unzulässig, hieß es. Vorbeugender verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz setze voraus, dass der Kläger das von der Behörde erwartete Verhalten konkret bezeichne, um dem Gericht eine Rechtmäßigkeitsprüfung zu ermöglichen. Nach dem Vortrag des BND werde es jedoch bei zukünftigen Rechercheanfragen betreffend Hintergrundgespräche nicht in jedem Falle erneut zu einer Anhörung der betroffenen Medien kommen.

Bereits 2019 hatte das Bundesverwaltungsgericht nach einer Tagesspiegel-Klage geurteilt, dass der Geheimdienst Termine, Themen und Teilnehmer von Medien-Hintergrundgesprächen nennen muss, wenn er diese veranstaltet. 2021 präzisierte das Gericht seine Rechtsprechung bezüglich der Einzelgespräche: Namen müssten keine genannt werden, wenn es sich um Recherche-Termine handelt. Sonst bestehe die Gefahr, dass Recherchen aufgedeckt werden könnten. Angaben zu Teilnehmern sogenannter Kennenlerntermine müsse der Dienst allerdings machen.

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