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ARCHIV - 30.11.2023, Baden-Württemberg, Stuttgart: Zwei Polizisten stehen im Rahmen eines Fototermins vor einem Polizeifahrzeug (gestellte Szene). (zu dpa: «Zwei 17-Jährige wegen Freiheitsberaubung in Untersuchungshaft») Foto: Marijan Murat/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Marijan Murat

Wie Polizisten sich in sozialen Medien verirren: Der Staat und sein Problem mit „Officer Denny“

Ein Kommissar hat Ärger, weil er neben seinem Job bei Tiktok als Polizist auftrat. Der Fall zeigt, wie in der digitalen Öffentlichkeit die rechtsstaatliche Orientierung verloren geht.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Officer Denny ist gern der Internet-„Officer Denny“, der Polizist, der Polizisten menschlich macht. Ein Talent, sagen seine Unterstützer. Ein Problem, meinen seine Kritiker. Vielleicht auch beides. In den sozialen Medien ist diese Kombination häufig. Tiktokinstayoutube: Hier probieren alle alles aus.

Für „Officer Denny“ bleibt es vorerst beim Sendeschluss. Sein Dienstherr hatte dem Hauptkommissar den Influencer-Job untersagt. Das Berliner Verwaltungsgericht hat seine Klage dagegen jetzt abgewiesen (VG 36 K 389/22). Zuvor war für den Officer auch schon ein Eilverfahren verloren gegangen. Ein Mann mit Energie. Er sagt: Ein T-Shirt mit Polizei-Aufschrift könne sich jeder kaufen.

Vordergründiger Anlass für das Verbot war ein per „Du“ geführtes Interview mit Arafat Abou-Chaker, Abkömmling und Führungsfigur einer Großfamilie, von der Mitglieder polizeilich auffällig geworden sind. Etwas verstörend. Das Problem liegt allerdings tiefer. Es steckt bereits in der amtlichen Anzeige des Nebenjobs. Der Officer hatte korrekterweise offen gelegt, dass er bei Tiktok ein Profil mit Polizeibezug betreiben wolle. Seine Vorgesetzten hatte „keine Bedenken gegen die Ausübung dieser Nebentätigkeit“, wie es im ersten Gerichtsbeschluss heißt.

Keine Bedenken, wenn ein Polizist nach Dienstschluss als Polizist weitermacht? Sozusagen privat? Das gibt es in Krimis, würde aber in der schnöden Beamtenrealität zu Disziplinarverfahren führen. Ausprobieren muss sein, hat man sich wohl dennoch gesagt. Die Polizei muss jünger, attraktiver, medialer werden – Nachwuchsschwierigkeiten und so.

Bums, ein Unfall. Er war vermeidbar. Aber wie soll die Polizei in der digitalen Jedermann-Öffentlichkeit auch auf Trennung von Dienst und Privatem achten, wenn dem Staat solche Trennungen im Internet zunehmend egal werden? Dort, wo beispielsweise Bundesminister „hier privat“ Parteiwerbung mit amtlicher Kommunikation vermischen? Die digitale Öffentlichkeit hat die staatlichen Rollen entgrenzt. Wie es nun scheint, hat hier weniger „Officer Denny“ Fehler gemacht als die, die ihm den Job gestattet haben.

Aus dem Prozess war übrigens zu hören, die Polizei arbeite an Leitlinien für den privaten Umgang mit Social Media. Die sind überfällig. Denn nachher wollen alle „Officer Denny“ werden - und niemand mehr Polizist.

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