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Sébastien Haller traf beim Spiel gegen Augsburg doppelt.

© PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS/Matthias Schrader

Die Schale reist nach Dortmund: Borussia voll im Fokus

Ein Sieg trennt Borussia Dortmund noch von der Meisterschaft. Den lang ersehnten Titel hat der BVB damit selbst in der Hand und will ihn sich dem Trainer zufolge so kurz vor Schluss auch nicht mehr nehmen lassen.

Normalerweise ist Sebastian Kehl ein ruhiger, besonnener Zeitgenosse, doch in den Katakomben des Augsburger Stadions war auch bei dem 43-Jährigen am Sonntagnachmittag vorübergehend alles anders. Mit dem 3:0 bei den Schwaben hatten sich seine Dortmunder gerade an den Bayern vorbeigeschoben – und gehen nun an der Pole Position in die finale Runde der Saison. Einen besseren Anlass, die sonstige Contenance mal außer Acht zu lassen, gibt es nicht. Das dachte sich auch Drahtzieher Kehl, der auf dem Weg Richtung Mannschaftskabine durch die Gänge schrie: „Ein verdammter Sieg noch, ein scheiß Sieg noch.“

Borussias Sportdirektor war nicht der einzige, den nach dem Erfolg bei den Schwaben die Emotionen überrollten. „Wir werden es, wir werden es, Männer“, brüllte Innenverteidiger Nico Schlotterbeck bei der Vorstellung, in seiner ersten Saison bei den Westfalen gleich die Meisterschale in die Höhe recken zu können, durch den Kabinengang. Ein Plus von zwei Punkten auf die Münchner nehmen die Dortmunder am nächsten Samstag mit in die Partie gegen Mainz. Gelingt im letzten der 17 Heimspiele der 15. Sieg, können die Bayern im Parallelspiel in Köln anstellen, was sie wollen. Dann ist ihr mittlerweile zehn Jahre andauerndes Meister-Solo beendet.

Sébastien Haller zur richtigen Zeit in Topform

Ein hochgradig prickelnder Ausblick für alle BVB-Fans – die Edin Terzic für das Duell mit den 05ern deshalb schon aufforderte: „Wir müssen dann so laut sein, wie wir es noch nie waren.“ Bei seiner Antrittsrede im jetzigen Job, an die der Chefcoach der Dortmunder in Augsburg erinnerte, hatte er noch davon gesprochen, dass es nicht darum gehe, so laut, sondern so positiv zu sein wie noch nie. „Um dann am Ende“, so Terzic, „vielleicht so zu feiern wie noch nie.“

Zu seiner Ansprache vom vergangenen Sommer gab es nun auch die perfekte Geschichte – und die handelt von Sébastien Haller. Mitte Juli 2022 wurde bei dem schlanken Angreifer, frisch von Ajax Amsterdam ins Ruhrgebiet gewechselt, ein bösartiger Tumor im Hoden entdeckt. Nach der erfolgreichen Operation fiel der Ivorer monatelang aus.

Beim Sieg in Augsburg erzielte der 28-Jährige nun die ersten zwei Tore, und Edin Terzic berichtete anschließend: „Der Mensch Sébastien Haller, mit diesem Willen, dieser positiven Energie, er hat uns so gefehlt in der Kabine, auf dem Trainingsplatz. Und es bleibt einfach das größte Wunder, dass er in dieser Saison so zurückkommen konnte.“ Nun hoffe er, dass Haller beim großen Finale gegen Mainz „ähnlich erfolgreich ist. Dann“, so Terzic, „ist er der Held der Saison. Wir sind aber so oder so einfach glücklich, dass wir zusammen sind.“

Bei den Dortmundern sein wird am Samstag auch das Original der Meisterschale. Eine Kopie der Trophäe liegt in Köln bereit – für den Fall, dass der BVB gegen die Rheinhessen patzt und die Bayern mit einem Sieg in der Domstadt das meisterliche Nervenspiel doch wieder für sich entscheiden. Ausmalen will sich dieses Horror-Szenario bei den Schwarz-Gelben keiner – und wirklich bange ist ihnen nach der frisch vollzogenen Rückkehr an die Tabellenspitze auch nicht.

Ein verdammter Sieg noch, ein scheiß Sieg noch.

Sebastian Kehl, Sportdirektor von Borussia Dortmund.

„Wir werden keinen freien Tag machen in dieser Woche, sondern weiter fleißig bleiben und das in den Vordergrund stellen, was uns in diese Situation gebracht“, betonte Terzic. Und das sei nicht die Niederlage der Bayern am Samstag gegen Leipzig gewesen, sondern die 70 Punkte, die sich sein Team in dieser Spielzeit bislang hart erarbeitet habe. „Jetzt geht es darum, die letzten drei Punkte zu holen“, führte der 40-Jährige seinen Gedanken fort – und betonte zudem: „Am nächsten Samstag ist die Saison vorbei. Dann können sich die Jungs wieder alles kaufen, was sie wollen – das nächste Auto, das nächste Haus, den nächsten Urlaub. Aber diesen Moment kann man nicht kaufen.“

Genau das weiß auch Sebastian Kehl. Als Spieler wurde der gebürtige Ost-Hesse drei Mal Meister mit dem BVB, zuletzt 2012. Nun haben die Schwarz-Gelben wieder einen Matchball, und in Augsburg sagte ihr Sportdirektor, nun wieder mit ganz ruhiger, besonnener Stimme, dazu: „Jetzt dürfen wir uns das nicht mehr nehmen lassen.“

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