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Mit offenen Armen empfangen. Fabian Reese trifft bei Hertha BSC und in Berlin auf großes Wohlwollen

© imago/Geisser/IMAGO/MANUEL GEISSER

Fabian Reese entzückt Hertha BSC: Ein Typ mit guten Füßen und einer starken Meinung

Fabian Reese ist in diesem Sommer ablösefrei von Holstein Kiel zu Hertha BSC gekommen. Der erste Eindruck ist positiv, nicht nur sportlich.

Von Profifußballern heißt es immer häufiger, dass sie sich in einer eigenen Welt bewegen. Überschneidungen mit der Lebenswirklichkeit normaler Menschen gibt es nur noch wenige. Von Fabian Reese lässt sich das definitiv nicht behaupten. Er registriert sehr wohl, was um ihn herum vor sich geht. So hat er zum Beispiel festgestellt, dass Studenten auf ihren Instagram-Accounts Möbelstücke zum Verkauf anbieten, die sie nicht mehr benötigen. „Viele machen das“, sagt er. „Da dachte ich: Warum soll ich das nicht auch mal versuchen?“

Auch bei Fabien Reese stand in diesem Sommer schließlich ein Umzug an: aus seiner Heimatstadt Kiel, wo er für die KSV Holstein gespielt hat, zu Hertha BSC nach Berlin. Die Resonanz auf seine Nachricht bei Instagram sei gut gewesen. „Das eine oder andere ist weggegangen“, berichtet er. „Es war zielführend. Darum ging’s.“

Diese Zielstrebigkeit zeichnet den Offensivspieler auch auf dem Fußballplatz aus. In der vergangenen Saison war er einer der auffälligsten Profis in der Zweiten Liga. Elf Tore hat er für Holstein erzielt, zehn vorbereitet. Als junger Spieler von Schalke 04 hat er sich nicht in der Bundesliga etablieren können (dreizehn Einsätze, nur zwei von Anfang an). Nun aber, mit 25 Jahren, schien Reese bereit für den nächsten Schritt. Und für eine neue, höhere Liga. Das war der Plan, als er im Winter bei Hertha unterschrieben hat. Nur ist es dann ein bisschen anders gekommen.

Weil Hertha einen Schritt zurückgemacht hat, ist Fabian Reese fürs Erste in der Zweiten Liga stecken geblieben. „Die Bundesliga war mein klares Ziel, das muss ich offen und ehrlich sagen.“ Am liebsten wäre er schon im Winter gekommen, um Hertha im Abstiegskampf zu helfen, doch „das hat leider aus diversen Gründen nicht geklappt“, erzählt er. So hat er aus der Ferne zugeschaut und mitgefiebert, gehofft und gebangt.

Die handelnden Personen haben sich verändert. Aber der Verein ist der gleiche, das ist die Hauptsache.

Fabian Reese über seinen Wechsel zu Hertha BSC

Als Fabian Reese sich für Hertha entschieden hat, hieß der Sportchef noch Fredi Bobic und der Trainer Sandro Schwarz. „Die handelnden Personen haben sich verändert. Aber der Verein ist der gleiche, das ist die Hauptsache“, sagt er. „Ich spiel’ außen, lauf die Linie rauf und runter und versuche viele Tore zu schießen.“

Es ist eine komplizierte Phase, in der sich Reese für Hertha BSC entschieden hat: die dauerhafte Unruhe im und um den Verein, der Abstieg, die finanziellen Nöte, die personellen Unwägbarkeiten … „Die einen wollen gehen, die anderen wollen bleiben. Wieder andere wollen sich beweisen“, sagt Reese. „Das ist auch für den Trainer eine Riesenherausforderung. Aber er moderiert das sehr gut.“

Cigerci und Ngankam werden wohl gehen

Aktuell verdichten sich die Hinweise, dass Tolga Cigerci (zurück zu Ankaragücü) und Jessic Ngankam (zu Eintracht Frankfurt) den Verein in Kürze verlassen werden. Cigerci war am Montag schon nicht mehr beim Training.

Auf die Frage, ob er sich das nicht alles ein bisschen anders vorgestellt habe, antwortet Fabian Reese: „Es ist immer eine Frage der Perspektive. Wenn man das Glas halb leer sehen möchte, dann konzentriert man sich auf die Probleme. Wenn man das Glas halb voll sehen möchte, sieht man die Hauptstadt. Man sieht einen Riesenklub, der großes Potenzial hat, höher hinaus und langfristig erfolgreich sein möchte.“

Wenn du acht Spieler wie ihn auf dem Platz hast, bist du zufrieden.

Herthas Trainer Pal Dardai über Fabian Reese

Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. „Super Junge. Ich bin froh, dass er hier ist“, sagt Trainer Pal Dardai über den ablösefreien Neuzugang. „Er ist hochprofessionell, hat eine super Mentalität und schont sich nicht. Wenn du acht Spieler wie ihn auf dem Platz hast, bist du zufrieden.“

Auch viele Fans haben sich auf Anhieb in Fabian Reese verliebt, der in den ersten Testspielen links in der offensiven Dreierreihe zum Einsatz gekommen ist. Er bringt Zug ins Angriffsspiel, Tempo und Torgefahr. Und auch wenn es für eine verlässliche sportliche Bewertung noch viel zu früh ist: Fredi Bobic hat in seinen anderthalb Jahren als Sportchef bei Transfers nicht das glücklichste Händchen gehabt. Sollte sich Reese, der erst gekommen ist, als Bobic schon weg war, nun tatsächlich als Verstärkung erweisen, dann wäre das zumindest nicht ohne Ironie.

„Ich habe in zwei Wochen in Berlin so viele herzliche, liebe, warme Worte bekommen, das ehrt mich total“, erzählt Reese bei einer Medienrunde am Montag nach dem Training. Er gibt sich offen und eloquent, selbstbewusst und reflektiert – auch als es um seine lackierten Fingernägel geht. Reese hebt seine Hände einmal in die Höhe. „Neue Woche, neue Farbe“, sagt er. „Hellblau.“

Eine extravagante Frisur, die nicht dem Fußballer-Einheitsschnitt entspricht, lackierte Fingernägel: Fabian Reese will das durchaus als Statement verstanden wissen. Nicht nur als modisches. Er möchte andere ermutigen, ebenfalls zu tun, worauf sie Lust haben: „Traut euch einfach! Es ist völlig egal, was andere sagen.“ Dass nicht alle das mögen und sich auch kritisch äußern, sei für ihn kein Problem, „solange es nicht unter die Gürtellinie geht“, sagt er. „Es kann auch jeder sagen, dass es scheiße aussieht. Geschmäcker sind verschieden.“

Auch er selbst war nicht immer so extrovertiert. Erst in den vergangenen beiden Jahren hat er sich immer mehr getraut, anders zu sein. „Wenn man erwachsen wird, baut man sich irgendwann seine Persönlichkeit oder seinen Charakter“, erzählt er. „Ich habe auch eine Partnerin, die mich dazu ermutigt. Wir sagen immer, dass wir unseren eigenen Weg gehen, dass wir glücklich sein müssen. Das klappt ganz gut.“

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