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Nachricht von der DFL? Herthas Präsident Kay Bernstein (links) und Geschäftsführer Thomas Herrich warten auf die Lizenz für die Zweite Liga.

© Ottmar Winter/Ottmar Winter

Hertha BSC, die DFL und die Lizenz: Im Zweifel auf Kosten der Zukunft

An diesem Mittwoch läuft für Hertha BSC die Frist ab, um die Finanzierung der neuen Saison nachzuweisen. Der Klub ist zuversichtlich, dass er die Lizenz für die Zweite Liga erhält.

„Pro 15:30“ hieß eine Faninitiative, die Anfang des Jahrtausends gegründet wurde und sich unter anderem für die Rückkehr zur traditionellen Anstoßzeit in der Fußball-Bundesliga stark gemacht hat. Anpfiff am Samstag, um halb vier, das ist der große Traum aller Nostalgiker. Aber das wird er wohl auch bleiben. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL), die über die Anstoßzeiten entscheidet, steht nicht im Verdacht ein Hort von Fußballromantikern und Nostalgikern zu sein.

Für diesen Mittwoch, um halb vier, hat die DFL jedenfalls einen eher unromantischen Termin angesetzt. Um exakt 15.30 Uhr endet für Hertha BSC die Frist, um die noch fehlenden Unterlagen für die Lizenz zur Zweiten Liga einzureichen. Anstoß oder Abpfiff? Das ist für Hertha die große Frage.

Bis Mittwoch, halb vier, muss der Klub seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Saison 2023/24 nachweisen. Andernfalls erhielte Hertha keine Lizenz zur Zweiten Liga und müsste im schlimmsten Fall in der viertklassigen Regionalliga antreten – gegen Klubs wie den ZFC Meuselwitz, die VSG Altglienicke oder den FSV Luckenwalde.

Zuletzt waren Zweifel aufgekommen, dass Hertha die Auflagen der DFL tatsächlich wird erfüllen können. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte einen Beteiligten des Lizenzierungsverfahrens mit den Worten zitiert, die Berliner seien „der schlimmste Fall, den wir je hatten“. Der Klub hingegen hat sich in der Angelegenheit nach außen immer sehr zuversichtlich geäußert. Erst am Wochenende wieder in Person von Präsident Kay Bernstein.

Wir sagen: Wir kriegen die Lizenz.

Herthas Präsident Kay Bernstein

„Wir sagen: Wir kriegen die Lizenz“, erklärte er in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk. „Wir sind sicher, die Auflagen der DFL erfüllt zu haben.“ Beim Pokalfinale am Samstag im Olympiastadion sollen Herthas Vertreter ebenfalls positive Signale empfangen haben, dass es doch noch gut ausgehen werde.

„Das war vor ein paar Wochen noch nicht ganz so klar“, hat Bernstein selbst gesagt. Denn immerhin geht es um eine Finanzierungslücke von rund 60 Millionen Euro. 40 Millionen stammen aus einer vor knapp fünf Jahren aufgelegten Anleihe, die eigentlich im November zurückgezahlt werden muss. Hertha kann das aktuell nicht und hat den Anleihegläubigern daher vorgeschlagen, die Anleihe um zwei Jahre zu verlängern und dafür den Zinssatz von 6,5 auf 8,5 Prozent zu erhöhen.

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Bis zum 19. Juni müssen die Gläubiger dem Plan mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Die DFL wiederum hat Hertha dafür eine Fristverlängerung bis zum 21. Juni eingeräumt. Allerdings muss der Klub schon bis zur eigentlichen Deadline an diesem Mittwoch die 40 Millionen Euro absichern können, zum Beispiel in Form einer Bankbürgschaft.

Naheliegend wäre, dass der Investor 777 Partners Hertha diese Bürgschaft erteilt. Das Private-Equity-Unternehmen sträubt sich allerdings dagegen, offenbar aus bilanziellen Gründen. Trotzdem sind sie bei Hertha zuversichtlich, dass sie den Investor von der Dringlichkeit überzeugen können. Denn einen Plan B gibt es offensichtlich nicht.

Die Verlängerung mit Sportfive ist geplatzt

Die Alternative wäre, dass Hertha keine Lizenz erhält und 777 Partners sein Investment mehr oder weniger abschreiben müsste. Das – so zumindest Herthas Hoffnung – kann der Investor nicht wollen. Im Gegenteil. Die Mannschaft soll so schnell wie möglich in die Erste Liga zurückkehren, so wie es in Italien gerade dem CFC Genua gelungen ist, einem anderen Klub aus dem 777-Portfolio.

Darüber hinaus benötigt Hertha zusätzliches Geld, um die Auflagen der DFL zu erfüllen. Es geht offenbar um knapp 20 Millionen Euro. Das hat Geschäftsführer Thomas Herrich bei der Mitgliederversammlung Mitte Mai bestätigt. Durch die Verkäufe der bisherigen Leihspieler Omar Alderete und Santiago Ascacibar hat Hertha 6,5 Millionen Euro eingenommen. Weitere Transfers sind auf die Schnelle nicht zu erwarten. Also benötigt Hertha andere Erlösquellen.

Die Nachricht, dass der Klub den noch zwei Jahre laufenden Vertrag mit dem Vermarkter Sportfive vorzeitig verlängert hat und dafür eine Vorauszahlung (Signing Fee) über 4,5 Millionen Euro erhalten hat, entspricht nach Informationen des Tagesspiegels nicht der Wahrheit. Ein Abschluss ist nicht zustandegekommen, weil Hertha mit dem Angebot von Sportfive nicht zufrieden war.

Die schwierige Suche nach einem Hauptsponsor

Allerdings befindet sich der Klub derzeit auch nicht gerade in einer komfortablen Verhandlungsposition. Zum einen ist inzwischen allgemein bekannt, dass Hertha dringend Geld benötigt; zum anderen – und das ist vor allem für Sportfive entscheidend – leidet die Werbewirkung des Klubs ganz erheblich unter dem Abstieg. Und damit auch der Erlös des Vermarkters

Hat der bisherige und und nun ausscheidende Hauptsponsor Autohero rund acht Millionen Euro pro Jahr gezahlt, wäre Hertha für die neue Spielzeit schon mit drei Millionen Euro gut bedient. Das entspräche der Garantiesumme, die der Klub von Sportfive bekommt, selbst wenn sich kein Trikotsponsor findet.

Besser soll es in den Verhandlungen mit Aramark, dem Betreiber des Caterings im Olympiastadion, sowie mit dem Ausrüster Nike aussehen. Auch da geht es um vorzeitige Vertragsverlängerungen und Signing Fees. Man sei auf einem guten Weg, heißt es.

Auf das Modell, Einnahmen aus der Zukunft bereits für die Gegenwart zu verplanen, hat Hertha schon in der Vergangenheit gerne zurückgegriffen. Auch die Verlängerung der Anleihe gibt es nicht zum Nulltarif. Die Prämien und der erhöhte Zinssatz summieren sich auf mehr als sieben Millionen Euro, die Hertha an die Gläubiger zahlen muss. Frisches Geld fließt dafür nicht.

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