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Sandro Schwarz, der Trainer von Hertha BSC, hat eine klare Vorstellung, wo er mit seiner Mannschaft hin will.

© IMAGO/Contrast

Hertha BSC am Ende des Trainingslagers in den USA: Zwischen Zuversicht und Abstiegsangst

Nach elf Tagen in Florida reist Hertha BSC nun nach Berlin zurück. Trainer Schwarz und Manager Bobic sehen die Mannschaft gerüstet für den Pflichtspielauftakt in einer Woche.

Sandro Schwarz – die Arme vor der Brust verschränkt, mit grimmigem Blick – stand neben dem Tor und rief Henrik Kuchno zu sich. Für die Spieler von Hertha BSC, zumindest für die in den roten Leibchen, war das kein gutes Zeichen.

Am vorletzten Trainingstag im Trainingslager in Florida ließ Sandro Schwarz zwei Teams auf jeweils drei kleine Tore spielen. Es sollte um intensives Pressing gehen. Doch das, was der Cheftrainer des Berliner Fußball-Bundesligisten zu sehen bekam, hatte mit intensivem Pressing wenig zu tun.

Team Blau erzielte Tor um Tor, Team Rot ließ es einfach geschehen. Bis Herthas Trainer genug hatte. Obwohl der Wind wuchtig über den Platz brauste, waren seine Worte auch aus der Ferne gut zu verstehen. „Das ist zu wenig, was Rot anbietet!“, rief er und drohte dem Team zum Abschluss der Einheit noch einen Straflauf an. Das Spiel ging weiter, die Blauen trafen weiterhin, wie sie wollten. Irgendwann rief Schwarz Athletiktrainer Kuchno zu sich.

Bei uns ist niemand tiefenentspannt.

Sandro Schwarz, Trainer von Hertha BSC

Im Nachhinein war Schwarz gar nicht mal so unglücklich, dass ihm seine Spieler einen Anlass gegeben hatten, ausnahmsweise ein bisschen lauter zu werden. Das schärft die Sinne. „Die Mannschaft hat darauf in der Nachmittagstrainingseinheit gut reagiert“, sagte Herthas Trainer.

Schwarz hatte während der elf Tage in Florida ohnehin wenig zu meckern. „Das, was wir uns vorgenommen haben, haben wir abgearbeitet“, sagte er. „Mit viel Fleiß.“

Es ging um Intensität. Es ging darum, sich die nötige Physis für die noch fehlenden 19 Spiele der Saison zu erarbeiten. Und es ging vor allem um die Verbesserung des Offensivspiels. „Wir wissen, dass wir vorangekommen sind, aber wir wissen auch, dass wir uns jetzt noch die Wettkampfhärte für das Spiel gegen den VfL Bochum holen müssen.“

Zum Auftakt geht es gegen den VfL Bochum

Eine knappe Woche bleibt Schwarz und seinem Team nach der Rückkehr nach Berlin am Sonntag noch zur Vorbereitung auf das erste Pflichtspiel des neuen Jahres. Am kommenden Samstag tritt der Tabellenfünfzehnte Hertha beim Tabellensiebzehnten Bochum an. Ein Punkt trennt die beiden Klubs. Gewinnen die Berliner, distanzieren sie sich ein wenig von den Abstiegsrängen. Verlieren sie, zieht der VfL vorbei.

„Wir sind uns bewusst, in welcher Tabellenregion wir uns befinden“, sagte Schwarz. „Bei uns ist niemand tiefenentspannt. Aber es gehört auch dazu, nicht ferngesteuert durch die Gegend zu laufen und zu denken: Oh Gott, was passiert hier? Selbstbewusst aufzutreten ist wichtig.“

Das Selbstbewusstsein sehen sie bei Hertha durch den Aufenthalt in Florida gestärkt: Das Wetter war gut, die Bedingungen waren gut – und die Ergebnisse in den Testspielen waren es auch. Gegen die drei unterklassigen Gegner gab es drei klare Siege. Gegen Millonarios FC, den fünfzehnmaligen Meister Kolumbiens, reichte es zwar nur zu einem 2:2-Unentschieden, aber das nach einem zwischenzeitlichen 0:2-Rückstand.

„Wir haben anfangs des Trainingslagers thematisiert, dass es in hohem Maße ums Gewinnen geht“, sagte Schwarz. Genau daran hat es bei Hertha im ersten Teil der Saison gehapert. Der Ertrag in Punkten stand oft in krassem Missverhältnis zu den gezeigten Leistungen. „Du musst liefern, du musst punkten“, sagte Fredi Bobic, Herthas Sportgeschäftsführer, mit Blick auf den Rest der Saison. „Die Jungs sollen sich einfach belohnen.“

Entspannt unter Palmen: Fredi Bobic ist nach dem Trainingslager in Florida guter Dinge.

© Stefan Hermanns

Die Reaktion auf den Rückstand im Spiel gegen die Millonarios hat Bobic gezeigt, dass die Mannschaft Widerständen trotzen kann. Trotzdem gebe es noch das eine oder andere zu verbessern. „Wir müssen noch ein bisschen klarer werden, wenn es darum geht, wirklich torgefährlich zu werden“, sagte er.

Positiv war, dass Hertha in Florida weitgehend von Verletzungen verschont geblieben ist. Nur Flügelspieler Chidera Ejuke musste vorzeitig abreisen, nachdem er sich im ersten Testspiel eine Bänderverletzung im Knie zugezogen hatte. Mit einer Prognose zur Ausfallzeit hielt sich Bobic zurück, aber bei einer solchen Verletzung, „da kann es auch schneller mal nicht so schnell gehen“.

Wir haben kein Budget.

Sportgeschäftsführer Fredi Bobic über mögliche Neuverpflichtungen

Deshalb wird vermutlich noch ein bisschen spekuliert werden, ob Hertha nicht doch noch einen Offensivspieler verpflichten soll. Florian Niederlechner und Fabian Reese, die im Sommer ohnehin kommen, dann ablösefrei, werden weiterhin als mögliche Winterzugänge gehandelt.

„Wir haben kein Budget“, sagte Bobic dazu. Stefan Reuter, der Manager von Niederlechners Klub FC Augsburg, wisse Bescheid: „Wenn er ihn früher abgeben möchte, kann er ihn abgeben. Aber er kann nicht damit rechnen, dass wir dafür Geld ausgeben.“

Hertha muss sparen, auch deshalb bestand die Transfertätigkeit in diesem Winter bisher darin, Spieler abzugeben – und nicht zu verpflichten. „Wir haben uns einiges vorgenommen. Jetzt sind wir komplett durch“, verkündete der Geschäftsführer der Berliner.

Sechs Spieler haben den Klub verlassen, darunter zwei auf Leihbasis. „Wirtschaftlich haben wir unsere Hausaufgaben gemacht, ohne dass wir unheimlich Substanz verloren haben“, sagte Bobic. „Jetzt haben wir eine kompakte Truppe, die von der Anzahl der Spieler gesund aussieht.“

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