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Der Wegfall der Kabel-TV-Umlage setzt viele Mieter unter Zugzwang. Wollen sie, dass alles beim Alten bleibt, oder sind sie bereit, etwas Neues auszuprobieren?

© dpa/Monika Skolimowska

Was Sie jetzt beachten müssen: Die Fernsehversorgung wird zur Mietersache

Mitte 2024 endet das Nebenkostenprivileg. Mieter müssen sich dann selbst um den TV-Anschluss kümmern. Eine Übersicht über die Alternativen.

Der Aufmacher der RTL-Sendung „Punkt 12 – Das Mittagsmagazin“ war recht speziell. Das Boulevard-Magazin begann mit einem Bericht von einer Frau, die sich in die Hose gemacht hat, weil sie bei ihrem Discounter nicht auf die Toilette durfte. Dass man diese Nachricht auch dann noch serviert bekam, obwohl man das Programm erst viel später eingeschaltet hat, liegt an der Funktion Restart, die man so vor allem vom Internet-Fernsehen kennt.

Überhaupt stellt sich aktuell für viele Mieter die Frage, wie sie in Zukunft fernsehen wollen. Zum 1. Juli 2024 endet das sogenannte Nebenkostenprivileg, mit dem oftmals der TV-Empfang über die Miete abgerechnet wurde. Spätestens dann müssen diese Mieter sich selbst um die Fernsehversorgung kümmern. Oftmals sogar schon viel früher.

Weil die Vermieter nicht später auf neuen Verträgen mit den Kabelnetzbetreibern sitzen bleiben wollen, entlassen viele die Mieter bereits zum bevorstehenden Jahreswechsel in die neue Entscheidungsfreiheit in Sachen TV-Empfang. Das bedeutet: Kümmert sich der Mieter jetzt nicht innerhalb der nächsten zwei Monate um dieses Thema, könnte die Mattscheibe nach der Silvesternacht schwarz bleiben.

Mit Vodafone auf Du und Du

Zur Zeit finden viele betroffene Mieter eine Broschüre in ihrem Briefkasten. „Kabelfernsehen wird Mietersache“, erklärt darin Kabel-TV-Marktführer Vodafone (13 Millionen Haushalte). Mit einer sehr vertraulichen Anrede wird der Mieter aufgefordert: „Buch jetzt Deinen eigenen Kabel-TV-Vertrag“. Das Versprechen von Vodafone, ehemals Kabel Deutschland, besagt: Mit dem Paket „Vodafone TV Connect Start“ alles bleibt wie es war - ohne zusätzliche Geräte und allen Sendern auf ihren aktuellen Sendeplätzen.

Der Preis für das Paket ist variabel. Er basiert auf einer Rahmenvereinbarung, die Vodafone mit dem Vermieter abgeschlossen hat. Die Kosten für das Basispaket liegen dabei zwischen sieben und zehn Euro, erklärt Marc Albers, Vodafone-Bereichsleiter Breitband und Fernsehen, im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Haben Vodafone und Vermieter keine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, werden pauschal 12,99 Euro monatlich fällig.

Dafür bekommt man 28 Sender in HD-Qualität, bei denen es sich im Wesentlichen um die Öffentlich-Rechtlichen handelt, und über 60 in Standard-Auflösung. Wer die privaten Sender ebenfalls in HD sehen möchte, muss entweder den Tarif „Vodafone Basic TV Cable“ für monatlich zusätzlich 3,99 Euro hinzubuchen. Oder man wechselt in ein höherwertiges Paket wie „Vodafone GigaTV Cable“ mit der dafür nötigen Settop-Box.

Dennoch dürfte allein der Umstand, dass man sich die zeitaufwändige Arbeit der Fernseh-Einrichtung spart, zumindest für die Zielgruppe der langjährigen und möglicherweise etwas älteren Mieter ein gewichtiges Argument für das Basispaket „TV Connect Start“ sein.

Auf die Vertragslaufzeit achten

Ein Haken an der Offerte ist die Vertragslaufzeit. Vodafone versucht die Haushalte langfristig zu binden. Die Laufzeit von „TV Connect Start“ beträgt 24 Monate, davor kann nicht gekündigt werden. Die monatliche Kündigungsfrist greift erst danach.

Nach Ansicht von Vodafone-Mann Albers wird diese langfristige Bindung dennoch von der Zielgruppe der langjährigen Kabel-TV-Nutzer gewünscht. Nicht zuletzt, weil Vodafone in dieser Zeit dafür Sorge trägt, dass der Anschluss funktioniert und somit die TV-Versorgung gesichert ist. Um die Attraktivität des Angebots zu steigern, sollen in Kürze zudem Bundle-Offerten beispielsweise mit dem Internetanschluss folgen.

Kabel-TV ist in die Jahre gekommen. Die Zukunft liegt in der Glasfaserversorgung.
Kabel-TV ist in die Jahre gekommen. Die Zukunft liegt in der Glasfaserversorgung.

© stock.adobe.com

Neben Vodafone ist Tele Columbus ein großer Anbieter von Kabelfernsehen. In Berlin versorgt das Unternehmen über PŸUR eine halbe Million Haushalte. Um die Kunden zu halten, bietet das Unternehmen beim Wechsel vom Sammelinkasso ins Einzelinkasso Gigabitinternet (1000 Mbit/s Internet mit Telefon und Kabelfernsehen in HD-Qualität) sechs Monate als Zugabe gratis an. Zudem wird mit PŸUR TV noch dieses Jahr eine neue hybride TV-Plattform gestartet, inklusive Restart, Time-Shift oder Filme on Demand. Das Angebot wird sechs Freimonate enthalten, teilte Tele Columbus/PŸUR mit.

Dabei könnte die neue Freiheit durch den Wegfall des Nebenkostenprivilegs ein guter Moment sein, um einmal etwas Neues auszuprobieren: Fernsehen über das Internet. Dienste wie MagentaTV, Waipu, Zattoo oder Joyn bieten neben einer Vielzahl von HD-Sendern Zusatzfunktionen wie Restart und Time-Shift, Cloud-basierte Videorekorder und wie MagentaTV und Waipu Zugriff auf erstaunlich umfangreiche eigene Mediatheken ohne zusätzliche Kosten.

Bei einem Test des Anbieters Waipu fiel uns positiv auf, dass zwischen den Programmen sogar noch etwas schneller gezappt werden kann als beim klassischen Kabel-TV. Das gilt vor allem bei den im Kabel-TV verschlüsselten Privatsendern. Für Tempo sorgt bei Waipu das eigene bundesweite Internet-Backbone der Mutterfirma Exaring mit seinen zahlreichen Übergabepunkten in das sonstige Internet.

Die „Schwarm-Redaktion“ als Empfehlungssystem

Eine weitere Besonderheit bei Waipu ist das ausgeklügelte Empfehlungssystem. Es wird einerseits redaktionell gefüttert, reagiert andererseits darauf, wenn viele Nutzer dieselbe Sendung aufnehmen. Exaring-Gründer und Vorstandschef Christoph Bellmer spricht dabei von der „Schwarm-Redaktion“.

Die Einstiegspreise für Internet-TV mit HD-Sendern beginnen bei 7,50 Euro für „Waipu-Comfort“, 9,99 Euro für „Zattoo Premium“ und 10 Euro für „MagentaTV“. Die Allinclusive-Pakete mit allen verfügbaren Optionen bewegen sich mit 13 Euro für „Waipu PerfectPlus“ und 14 Euro für „Zattoo Ultimate“ ungefähr auf dem Niveau von Kabel-TV-Paketen mit größerer Sendervielfalt oder anderen Zusatzfunktionen – allerdings dort mit längerer Laufzeit.

Bei den Internet-TV-Anbieter will es aktuell besonders die Telekom mit ihrem Internet-TV-Angebot „MagentaTV Smart“ wissen. Das 24-Monatspaket wird für die ersten sechs Monate zum Nulltarif angeboten, erst danach werden zehn Euro im Monat fällig. „MagentaTV Smart Flex“ mit monatlicher Kündigung kostet vom Start weg 15 Euro im Monat. Der Dienst kann auch ohne Telekom-Internetanschluss gebucht werden. Die HD-Senderauswahl und die Funktionsbreite inklusive RTL+ Premium sind zumindest einen Blick auf die Webseite wert.

Kein „Hard-Cut“ während der Fußball-EM

Als Fazit kann festgehalten werden, dass einige Anbieter mit verlockenden Angeboten in den Wettbewerb um die Kabel-TV-Haushalte getreten sind. Andere bereiten gerade eigene Marketingaktionen vor.

Die Mieter müssen nun überlegen, ob lieber alles beim Gewohnten bleiben soll oder ob sie die Chance für eine Veränderung mit mehr Vielfalt und neuer Technik nutzen wollen. Ein Vergleich der unterschiedlichen Offerten kann dabei nie schaden. Bevor man sich auf längere Zeit bindet, sollte zudem ausprobiert werden, ob nicht ein Wechsel der Technik in Frage kommt. Bei vielen Internet-TV-Anbietern ist das kostenlos möglich.

Fest steht: Das TV-Kabel ist in die Jahre gekommen, das ist auch Unternehmen wie Vodafone bewusst. Die Zukunft steckt im Glasfaser-Ausbau. Spätestens in ein paar Jahren stellt sich die Frage des Anschlusses für Internet und Fernsehen dann ganz neu.

Die Sorge, dass der TV-Anschluss am 1.7.2024 während der Fußball-Europameisterschaft schwarz bleibt, ist indes unbegründet, betont Vodafone-Bereichsleiter Marc Albers. „Einen Hard-Cut wird es nicht geben“, versichert er. Bevor das Signal abgeklemmt wird, wird es einige Versuche geben, mit dem Mieter eine Lösung zu finden.

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