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Solar Panel auf einer Fotovoltaik-Anlage in Haltern.

© AFP/INA FASSBENDER

Ausbau erneuerbarer Energien: EU setzt sich ehrgeizige Ziele bis 2030

Klimakrise und der Krieg in der Ukraine zeigen, wie wichtig erneuerbare Energien sind. Die EU setzt sich nun ehrgeizige Ziele. 

Der Ausbau erneuerbarer Energien soll nach dem Willen der EU massiv vorangetrieben werden. Darauf einigten sich das Europaparlament und die Mitgliedstaaten am Donnerstagmorgen nach einer bisweilen turbulenten Nachtsitzung. Bis zum Jahr 2030 soll 42,5 Prozent der in der EU verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind-, Solar- oder Wasserkraft kommen. Damit wurde das bisher vorgegebene Ziel von 32 Prozent deutlich erhöht. Zuletzt lag der Anteil der Erneuerbaren EU-weit bei rund 22 Prozent, in Deutschland sogar bei nur knapp über 20 Prozent.

Kommission schlug 45 Prozent vor, Mitgliedsstaaten bremsen

„Europa hat sich von seiner unbürokratischen Seite gezeigt“, unterstrich der CDU-Politiker Markus Pieper, der an der Ausarbeitung des Papiers maßgeblich beteiligt war. Vorgegeben würden zwar die Hauptziele, doch jeder Staat können für sich entscheiden, wie er diese erreiche. „Wir wollten im Bereich erneuerbare Energien technologieoffen vorgehen“, unterstrich Pieper.

42,5
Prozent der in der EU verbrauchten Energie soll ab 2030 aus erneuerbarer Quellen stammen.

Das Europaparlament und die EU-Kommission hatten sogar vorgeschlagen, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 45 Prozent zu steigern. Damit bissen sie bei den EU-Staaten allerdings auf Granit, die allenfalls mit einer Quote von 40 Prozent einverstanden waren. Aus diesem Grund der Kompromiss von 42,5 Prozent. Die Überarbeitung der bestehenden Richtlinien ist Teil des Klimapakets, mit dem die EU bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um 55 Prozent verringern will. Die EU-Kommission hatte dafür Vorschläge zum Ausbau erneuerbarer Energien und zum Energieeinsparen vorgelegt. Die EU will auf diesem Weg auch unabhängiger von russischen Gasimporten werden.

Keine Anrechnung von Wasserstoff aus Kernenergie

Ein zähes Ringen gab es bei den Verhandlungen nach den Worten von Markus Pieper vor allem über die Rolle der Atomkraft als saubere und nachhaltige Energie. Dabei ging es um den sogenannten „roten Wasserstoff“ für die Industrie, der mit Strom aus Kernenergie produziert wird. Mit Wasserstoff soll bei der Produktion unter anderem fossiles Gas ersetzt werden. Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt. Wird dabei Strom aus erneuerbaren Energien verwendet, gilt der Wasserstoff als grün und CO2-frei.

Aus Piepers Worten war in diesem Fall ein gewisser Unmut über das offensichtlich äußerst fordernde Auftreten etwa von Frankreich zu vernehmen. Nach Ansicht von Paris sollte dieser „rote Wasserstoff“ auf dieselbe Stufe gestellt werden wie der „grüne Wasserstoff“, der aus Wind- oder Sonnenkraft hergestellt wird.

Dieser Vorstoß aber wurde im Laufe der Verhandlungen mit einem fast schon EU-typischen Anrechnungstrick praktisch verhindert. Nach den Worten von Markus Pieper dürfen Länder für die Industrieproduktion „den roten Wasserstoff als grünen Wasserstoff benutzen, wenn sie beweisen können, dass sie das Hauptziel von 42,5 Prozent erreichen“. Das sei aber für kaum ein EU-Land zu schaffen. Für den CDU-Abgeordneten heißt das: „Roter Wasserstoff wird nicht auf grüne Umweltziele angerechnet.“ Michael Bloss, Abgeordneter der Grünen, ist mit dem Ergebnis dennoch nicht wirklich zufrieden. „Es ist zwar ein Erfolg, dass Frankreich sich nicht durchsetzen konnte, Atomkraft als erneuerbar zu deklarieren. Es ist aber ein Skandal, dass Atomkraft überhaupt eine Rolle spielt“, erklärte der am Donnerstag.

Energie aus Biomasse gilt weiterhin als erneuerbar

Deutliche Kritik von den Grünen gibt es auch daran, dass Energie aus Biomasse wie Holz weiterhin als erneuerbar gelten soll. „Für den Wald ist die neue Richtlinie eine katastrophale Entscheidung“, sagte die Grünen-Abgeordnete und Forstwissenschaftlerin Anna Deparnay-Grunenberg. Es werde subventioniert, dass „Biomasse aus Wäldern einfach so verfeuert wird“, erklärte sie. „Diese sogenannte Primärholzförderung gehört eigentlich dringend abgeschafft.“ Diese Praxis wird unter anderem als problematisch gesehen, weil in den Bäumen gespeichertes klimaschädliches CO2 freigesetzt wird, anstatt in den Pflanzen gespeichert zu bleiben.

CDU-Politiker Markus Pieper hob hervor, dass in dem am Donnerstag erzielten Kompromiss auch festgehalten ist, dass Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien beschleunigt werden sollen. Die Genehmigungsfrist für Anlagen für erneuerbare Energien soll höchstens 18 Monate betragen, wenn die Anlagen in dafür vorgesehen Gebieten errichtet werden sollen. Außerhalb dieser Gebiete soll das Verfahren nicht länger als 27 Monate dauern. In Zukunft sei es auch kaum mehr möglich, dass zum Beispiel „eine einzige Haselmaus einen ganzen Windpark verhindern kann“, betonte Pieper. Wenn die Population der Haselmäuse in Europa gesichert sei, könne ein Projekt in Zukunft umgesetzt werden – auch trotz einer dort hausenden Haselmauskolonie.

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