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Mehrfamilienhäuser mit Wohnungen werden in einem Neubaugebiet gebaut.

© Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Bald 400.000 neue Wohnungen?: Union wirft Bauministerium Tatenlosigkeit bei Wohnraummangel vor

400.000 neue Wohnungen pro Jahr - und dabei auch reichlich neuer Wohnraum für Menschen mit kleinem Geldbeutel. Das ist das Ziel der Regierung. Nun soll es konkreter werden.

| Update:

Trotz viel Kritik hält Bundesbauministerin Klara Geywitz daran fest, jährlich die Marke von 400.000 neugebauten Wohnungen zu erreichen- auch wenn dies derzeit unrealistisch erscheint.

„Die Konditionen sind schlechter geworden im Vergleich zum Vorjahr, wo wir dann unter 300.000 Wohnungen fertig hatten. Gleichzeitig - und das ist natürlich der Grund, warum ich mich auch von dem Ziel nicht verabschiede, gibt es eine ungebrochene hohe Nachfrage“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch im Deutschlandfunk.

Die Teilnehmer des von der Regierung initiierten „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ hatten sich am Dienstagabend auf Dutzende einzelne Maßnahmen geeinigt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (beide SPD) wollen die Pläne an diesem Mittwoch erläutern.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP im Dezember ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren angekündigt. Die Ampel will unter anderem den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr erreichen, davon 100 000 öffentlich geförderte.

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Geywitz hatte zum Auftakttreffen des Bündnisses im April gesagt: „Es geht darum, dass wir ein dickes Brett durchschlagen: Wir haben in Deutschland einen ganz großen Bedarf an Wohnungen, vor allem bezahlbarem Wohnraum.“ Trotz Lieferengpässen, Fachkräftemangel und Energiepreiskrise infolge des Ukrainekriegs hielt Geywitz zuletzt an dem Ziel von 400.000 neuen Wohnungen fest.

Im ZDF hatte Geywitz im Sommer etwa angekündigt, die Bedingungen für serielles Bauen schaffen zu wollen. „Wir brauchen Typengenehmigungen: Wenn ein Haus in Hamburg genehmigt ist, muss nicht nochmal ein Beamter in Bayern drüber nachdenken, ob das ein sicheres und ein gutes Haus ist.“ Reformen kündigte sie auch bei der Bauförderung an.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) spricht bei einem Gewerkschaftstag.

© Foto: dpa/ Swen Pförtner

„Und deswegen muss hier Druck auf dem Kessel sein, damit wir endlich diese Schritte gehen, die komplette Digitalisierung vom Bauantrag, über die Planung bis hin zu natürlich neuer Technik auf unseren Baustellen. Und auch serielle Vorproduktion, weil das ist eine Möglichkeit, um mit der gleichen Anzahl von Leuten auf der Baustelle mehr Wohnungen als bisher zu bauen.“ , so die Bauministerin am Mittwoch.

Zudem wolle man bereits vorhandene Strukturen nutzen: etwa ungenutzte Büros zu Wohnungen umbauen und Plattenbauten in Ostdeutschland aufstocken. „Erste Bundesländer sind so weit, dass der Anteil der Sozialwohnungen steigt“, sagte Geywitz. 

Scharfe Kritik aus der Union

Die Union hat dem Bundesbauministerium Tatenlosigkeit vorgeworfen. CDU-Bauexperte Jan-Marco Luczak sagte den Sendern RTL und ntv, Bauministerin Klara Geywitz (SPD) habe „über viele Monate den Kopf in den Sand gesteckt“.

Das habe dazu geführt, „dass die richtigen Entscheidungen nicht getroffen worden sind“. Die Frage des bezahlbaren Wohnraums habe „das Potenzial, die Gesellschaft zu spalten“, warnte er.

Die ihm bekannten Ergebnisse des Wohnraum-Bündnisses bezeichnete Luczak als „formelhafte Kompromisse“. Für ihn sei es „ein Tag der Ernüchterung und der Enttäuschung“.

Der CSU-Infrastrukturexperte Michael Kießling übte ebenfalls Kritik. „Anstatt mit klaren Konzepten und gezielten investiven Maßnahmen will die Bundesbauministerin Geywitz mit Prüfaufträgen, Evaluationen sowie runden Tischen den Wohnungsbau fördern und den Herausforderungen unserer Zeit begegnen“, erklärte er.

„Das alles klingt schön, wird aber keinen zusätzlichen Wohnraum schaffen.“ Gute Ideen wie Projekte zur Erhöhung der Recyclingquoten im Wohnbau stammten zudem „aus einer Zeit mit geringer Inflation und weniger Mangel an Fachkräften sowie Baustoffen“, fügte Kießling hinzu. 

Mieterbund sieht Bündnis „von der Realität überholt“

Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, äußerte sich zurückhaltend zu dem Bündnis. Er habe keine wirklich hohen Erwartungen an die Vorstellung des Berichts, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

„Die Arbeit des Bündnisses ist von der Realität überholt worden. Wir sind meilenweit vom Ziel der Bundesregierung entfernt, in diesem Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen.“ Er gehe davon aus, dass es weniger als 300.000 Wohnungen sein würden - „und womöglich auch weniger Sozialwohnungen als im Vorjahr, als rund 25.000 Sozialwohnungen fertiggestellt worden sind“.

„Für die Mieterinnen und Mieter ist das Problem des immer teurer werdenden Wohnens keineswegs gelöst“, betonte Siebenkotten. „Gerade deshalb muss das Thema wieder stärker in die erste Reihe der Politik. Das muss der Kanzler deutlich machen.“

Bundesweit sind die Kaltmieten zuletzt innerhalb eines Jahres im Schnitt um drei Prozent gestiegen. Der durchschnittliche inserierte Quadratmeterpreis lag im ersten Halbjahr 2022 bei 9,64 Euro, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Caren Lay hervorgeht, die der dpa vorliegt.

Nicht nur Mieterinnen und Mieter in den Metropolen mussten demnach mehr fürs Wohnen zahlen - besonders hoch waren die Preisanstiege für Erst- und Wiedervermietungen mit 13 Prozent im niedersächsischen Salzgitter. In Rostock stiegen die Nettokaltmieten zwischen dem 1. Halbjahr 2021 und dem 1. Halbjahr 2022 um zwölf Prozent. Auf Platz 3 lag Bottrop mit einer Steigerungsrate von zehn Prozent.

Auch woanders stiegen die Kaltmieten innerhalb eines Jahres deutlich - etwa in Kiel um neun Prozent, in Leverkusen und Leipzig um jeweils acht und in Bremen um sieben Prozent. Die Werte gehen auf Berechnungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zurück. Das BBSR wertete dafür Inserate aus Immobilienportalen und Zeitungen aus. (dpa, epd)

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