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Die Bundesbank, Verbände und Forschungsinstitute haben wiederholt von einer Blase bei den Wohnungspreisen gesprochen.

© imago-images / chromeorange, Montage: Tagesspiegel

Wohnen in Deutschland: Stabiles Hoch bei den Preisen

Die Bundesbank warnt unverdrossen vor der Preisblase bei Wohnimmobilien. Weil es aber an Wohnraum fehlt und die Mieten steigen, rechnen Experten mit keinem Crash.

Schlechte Nachrichten für Eigentümer von Wohnimmobilien. Die Preise für Wohnungen und Häuser in Deutschland stagnieren und in einigen Regionen sinken sie sogar. Und dann warnt die Bundesbank trotzdem noch: „Die Immobilienpreise in den Städten liegen zwischen 25 und 40 Prozent über dem Preis, der durch soziodemografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt ist“. Einfach ausgedrückt: Wohnobjekte in Deutschland seien überbewertet – müssen die Preise nun kräftig fallen?

Dass die Preise zu hoch sind, leiten die Bundesbanker aus dem Verhältnis ab zwischen den ortsüblichen Mieten für die Wohnungen und den Kaufpreisen der Objekte. Die Preise lägen um 30 Prozent über dem längerfristigen Mittelwert des Preise-Mieten-Verhältnisses, in den sieben Großstädten des Landes sogar um rund 40 Prozent darüber. Hintergrund: Aus dem Verhältnis der Miethöhe zum Kaufpreis lässt sich die Rendite von Immobilien-Investitionen errechnen, also ob und wie gut sich ein Kauf rechnet oder nicht. Weil die Kaufpreise jahrelang stärker stiegen als die Mieten, kam es zum heute beklagten Missverhältnis, der den Erwerb von Wohnimmobilien vielfach unrentabel macht.

Zwar kam es zuletzt zu einer Korrektur der Preise. Doch diese folgt auf einen noch bis Anfang vergangenen Jahres anhaltenden, unverhältnismäßig starken Anstieg der Preise für Wohnimmobilien. Die Bundesbank beruft sich in ihrem aktuellen Bericht auf Daten des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken, wonach das Plus bei den Kaufpreisen bei neun Prozent lag Anfang des Jahres. Vor allem im ersten Halbjahr 2022 seien die Wohnungspreise stark gestiegen. In der zweiten Jahreshälfte dagegen sei es zu „Preisnachlässen“ gekommen.

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Hintergrund: Der russische Angriffskrieg in der Ukraine begann im Februar vergangenen Jahres und verschärfte den Mangel an Rohstoffen, Baumaterialien und Fachkräften, was zu starker Inflation sowie steigenden Hypothekenzinsen für Immobilienkredite führte. Im dritten Quartal sind laut Bundesbank die Wohnungspreise nicht mehr höher gewesen als im selben Quartal des Vorjahres. Im letzten Quartal 2022 hätten die Preise sogar unter den Werten von Ende 2021 gelegen. Den Pfandbriefbanken zufolge sanken die Wohnungspreise in den „Top 7-Städten“ im letzten Quartal überdurchschnittlich stark.

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Prozent plus bei Immobilienpreisen 2022

Doch auf das ganze Jahr 2022 betrachtet, ermittelte das Forschungsinstitut „bulwiengesa“ laut Bundesbankbericht einen Anstieg der Preise in 127 deutschen Städten um sechs Prozent. In den sieben größten Städten des Landes habe das Plus bei 6,2 Prozent gelegen. Das Plus sei damit niedriger als im Vorjahr ausgefallen.

Inflation verzehrt Kaufkraft

Dass die Bundesbank vor einer „Blase“ warnt, liegt außerdem daran, dass sich die Immobilienpreise von den Haushaltseinkommen abkoppeln. Zwar verfügten die Deutschen im vergangenen Jahr um sieben Prozent mehr Geld als ein Jahr zuvor. Von diesem Geld blieb bei vielen aber wenig übrig am Monatsende, weil die Preise von Waren und Rohstoffen teils noch stärker stiegen. Kurzum, die „Kaufkraft wurde durch die hohe Inflation mehr als aufgezehrt“. Und weil die gestiegenen Zinsen „den kreditfinanzierten Erwerb von Wohneigentum verteuerte“, sei „die Nachfrage nach Wohnimmobilien massiv gedämpft“ worden.

Fazit der Bundesbank: „Die Überbewertung bei Wohnimmobilien ging im Jahresmittel 2022 nicht zurück“.

Nicht ganz so skeptisch ist das Forschungsinstitut „empirica“. Deren Geschäftsführer Reiner Braun sagt: „Die Blasengefahr ist noch da, aber ihr Ausmaß wird kleiner“: Das „Rückschlagpotenzial nimmt ab“. Zu diesem Ergebnis kommt der Forscher, weil die Kaufpreise zuletzt stagnierten oder sogar nachließen, die Mieten dagegen weiter stiegen. Auch dieser Zusammenhang verweist auf die Rendite von Wohnimmobilien: Bei zu teuren, überbewerteten Immobilien sind die Mieten im Verhältnis zum Kaufpreis des Objektes zu niedrig. Wenn die Mieten schneller steigen als die Preise, verringert sich allerdings diese Kluft - es entweicht gleichsam Luft aus der (Preis-)Blase.

Hinzu kommen die - aus Sicht des Immobilienmarktes - günstigen volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen: Es entstehen weniger Wohnungen als benötigt werden. Dabei bestehe eine „steigende Nachfrage“ nach Wohnungen „infolge erhöhter Zuwanderung“. Kurzum, die Wohnung als Ware ist und bleibt knapp und auch das spreche gegen einen drastischen Preisverfall.

Zu diesem Ergebnis waren auch die „Immobilienweisen“ vom „Zentralen Immobilien-Ausschuss“ in ihrem „Frühjahrsgutachten“ gekommen: „Es droht beim Wohnen ein Gap von 400.000 Wohnungen“. Der Mangel an Wohnraum werde sich infolge der nachlassenden Baukonjunktur bis zum Jahr 2025 sogar noch weiter erhöhen auf 700.000 Objekte. Von einem „Wohnungsdebakel“ spricht sogar ZIA-Chef Andreas Mattern.

Der Mangel an Wohnungen und die rege Nachfrage hat zur Folge, dass bei weitem nicht der ganze Grundstücksmarkt vom Trend fallender Preise erfasst wird. Im Gegenteil. Berlins Gutachterausschuss für Grundstückspreise hat in seinem Marktreport für den Februar steigende Preise festgestellt für „Bauland im individuellen Wohnungsbau“. Dabei handelt es sich um Grundstücke für den Bau von Eigenheimen. Die „Geschossflächenzahl“ beträgt maximal 0,6. Bei einem 600 Quadratmeter großen Grundstück darf das Haus also maximal eine Fläche von insgesamt 360 Quadratmetern haben.

Ein Plus von sechs Prozent errechneten die Gutachter auf Grundlage der Kaufpreise von 50 Objekte, die zwischen Januar und November vergangenen Jahres verkauft wurden. Die Bandbreite reicht von plus 45 Prozent bis minus 29 Prozent gegenüber dem Durchschnittspreis des Vorjahres. In einer Konferenz zum Wohnungsmarkt der deutschen Metropolen hatten die obersten Gutachter für die größten deutschen Städte eine kurzzeitige Stagnation der Preise zum Ende des Jahres festgestellt.

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