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Markus Braun, ehemaliger Vorstandsvorsitzende von Wirecard, vor seiner Aussage im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestages. informiert waren.

© Fabrizio Bensch/Reuters Images Europe/Pool/dpa

Nervenkrieg im Wirecard-Untersuchungsausschuss: Markus Braun schweigt - bietet aber der Staatsanwaltschaft seine Kooperation an

Der frühere Wirecard-Chef nimmt ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht für sich in Anspruch. Die Abgeordneten reagieren mit Hartnäckigkeit - und Humor.

Der frühere Firmenchef Markus Braun sollte am Donnerstag als im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags Zeuge vernommen werden, doch so sehr die Abgeordneten ihn auch grillten – der in Untersuchungshaft sitzende 51-Jährige wiederholte auf alle Fragen seine vorbereitete Floskel: „Ich werde mich dazu heute nicht äußern.“ Seinen Wohnsitz hatte er zuvor mit „JVA Augsburg“ angegeben. Mitgebracht hatte er in den Saal 2.600 im Paul-Löbe-Haus nur zwei Blatt Papier, links oben zusammengeheftet: eine Erklärung, die er langsam und konzentriert vorlas. Der Tenor: Er werde vor dem Untersuchungsausschuss von einem umfassenden Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, weil er sich gegenüber der Staatsanwaltschaft München noch nicht persönlich geäußert, aber seine Kooperation angeboten habe.

"Veruntreute Gelder"

Er vertraue auf die Ermittlungsbehörden und hoffe, dass der Sachverhalt aufgeklärt werde – gegen Braun wird unter anderem wegen bandenmäßigen Betrugs im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Bilanzfälschungen und Täuschungen des Wirecard-Managements ermittelt. Und auch, dass der Verbleib der „veruntreuten Gelder“, mutmaßlich mehrere Milliarden Euro, geklärt werde. Die BiIanzprüfer der Wirtschaftsberatung EY, die ebenfalls mit Verfahren rechnen müssen, seien „massiv getäuscht worden“.

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Im Untersuchungsausschuss geht es weniger um die mutmaßlichen Betrügereien bei Wirecard an sich, weshalb die Ausschussmitglieder schon mit einer Aussageverweigerung gerechnet hatten – Braun könnte ich ja selbst belasten. Doch weniger klar ist seine Verweigerung bei den Fragen, um die es im Bundestag vor allem geht: Kontakte in die Politik, das Verhalten von Aufsichtsbehörden, Einflussnahme durch Lobbyisten. Braun erklärte dazu nur pauschal: "Ich habe zu keiner Zeit Feststellungen getroffen oder Hinweise darauf erhalten, dass sich Behörden, Aufsichtsstellen oder Politiker nicht korrekt, pflichtwidrig oder in irgendeiner Form unlauter verhalten hätten." Übersetzt also: Von mir bekommt ihr nichts Belastendes.

"Mosaikartiges Gesamtgebilde"

Braun begründete in dem mit Spannung erwarteten Auftritt seine generelle Auskunftsverweigerung mit dem Hinweis, die Fragen im Ausschuss seien Teil eines „mosaikartigen Gesamtgebildes“ – jede Antworte von ihm könne also in einem Strafverfahren relevant werden. Aber, deutete er an, nach seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft schließe er „Ergänzungen“ nicht aus.
Der Ausschuss stellte seine Fragen dennoch, denn Braun muss gegebenenfalls seine Verweigerung im Detail glaubhaft machen. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Hans Michelbach versuchte es mit einem Appell, in dem von Respekt gegenüber demokratisch gewählten Abgeordneten und dem Prinzip des ehrbaren Kaufmanns die Rede ist. Der AfD-Politiker Kay Gottschalk machte Vorhaltungen aus Akten.

Provokation, Appell, moralische Tour

Cansel Kiziltepe von der SPD probierte die moralische Tour: Ob ihm als Österreicher klar sei, dass er Deutschland großen Schaden zugefügt habe? Der FDP-Abgeordnete Florian Toncar fragte im Stakkato nach Namen, Orten, Kontakten zur Bundesbank, zu Olaf Scholz und dessen Staatssekretär Jörg Kukies, zu Goldman Sachs, dem lybischen Geheimdienst, das ganze Spektrum des Wirecard-Skandals in fünf Minuten. Der Linke Fabio D Masi provozierte: Ob Braun als Vater einer Tochter kein Problem damit habe, dass Wirecard auch Zahlungen von Kinderpornoseiten abgewickelt haben könnte?
Ungerührt, wenn auch nervös wirkend, ließ Braun das alles an sich abperlen. Am Ende bat der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz den Ex-Chef des mittlerweile insolventen Dax-Unternehmens, doch einfach noch einmal seine Erklärung vorzulesen. Braun nahm die zwei Seiten in die Hände und wiederholte Satz für Satz.

Nach einer Pause, in der sich die Ausschussmitglieder berieten, folgten weitere Fragen. Braun verweigerte weiter die Antworten. Nun will der Ausschuss das Protokoll der Sitzung auswerten und über die nächsten Schritte entscheiden. An der Aussagepflicht Brauns will man nicht rütteln.

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