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Mehr Geld: Verdi fordert 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt.

© picture alliance/dpa/Moritz Frankenberg

Verhandlungen in letzter Minute: Können die Streiks bei der Post noch abgewendet werden?

Die Belegschaft stimmt für einen unbefristeten Streik, aber Post und Verdi verhandeln am Freitag weiter. Die Gewerkschaft sieht den Arbeitgeber unter Handlungsdruck.

Die Deutsche Post hofft, in letzter Sekunde doch noch einen unbefristeten Streik ihrer Beschäftigten verhindern zu können. Auf Wunsch des Konzerns treffen sich Vertreter der Post und der Gewerkschaft Verdi am Freitag zu neuen Tarifverhandlungen.

Der Druck ist hoch: In einer Urabstimmung hatten sich 85,9 Prozent der Befragten für unbefristete Streiks ausgesprochen, teilte Verdi am Donnerstag mit. „Die Deutsche Post steht jetzt in der Verantwortung, durch eine deutliche materielle Verbesserung des abgelehnten Angebots einen unbefristeten Streik abzuwenden“, sagte die Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.

Post-Personalvorstand Thomas Ogilvie betonte, die Post sei zwar nach wie vor davon überzeugt, dass sie mit dem „finanziell umfangreichsten Tarifangebot“ in der Geschichte des Unternehmens „eine annahmefähige Grundlage für eine Einigung“ vorgelegt habe.

„Streiks sind jedoch weder im Interesse unserer Kunden noch im Interesse unserer Beschäftigten“, betonte Ogilvie. „Daher haben wir Verdi aufgefordert, im Geist der auch schon vorher konstruktiv geführten Verhandlungen kurzfristig doch noch zu einem zustimmungsfähigen und wirtschaftlich tragfähigen Ergebnis zu kommen.“

15 Prozent mehr Geld

Die Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Geld für die Briefträger, Paketboten und anderen Beschäftigten im Konzernbereich Post & Paket Deutschland. Der Vertrag soll nur ein Jahr laufen. Der Konzern will eine zweijährige Vereinbarung und bietet eine Tariferhöhung in zwei Stufen ab 2024 an. Nach Post-Berechnungen wäre das ein Lohnplus von durchschnittlich 11,5 Prozent. Zusätzlich sollen die Mitarbeiter ab diesem Jahr 3000 Euro netto als Inflationsausgleichsprämie bekommen.

In Deutschland ist kein Geld übrig.

Frank Appel, Post-Chef

Mit dem Angebot gehe die Post an die „Grenzen des wirtschaftlich Machbaren“, sagte Nikola Hagleitner, die im Konzern für das deutsche Brief- und Paketgeschäft zuständig ist. Denn im einstigen Stammgeschäft läuft es für die Post nicht rund. Das Betriebsergebnis verschlechterte sich im Vergleich zum Vorjahr um 27,2 Prozent auf 1,27 Milliarden Euro, die Post macht dafür hohe Kosten für Energie, Transport und Saisonkräfte verantwortlich. Der Umsatz sank um 3,8 Prozent auf 16,78 Milliarden Euro.

Probleme im Stammgeschäft

Hatte die Sparte im Jahr 2007 noch 53 Prozent zum Betriebsergebnis beigesteuert, so sind es jetzt nur noch 14 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte es erhebliche Probleme bei der Zustellung von Briefen gegeben, nach Angaben der Bundesnetzagentur hat sich die Zahl der Kundenbeschwerden zwar inzwischen reduziert, liegt aber immer noch über dem Vorjahr. Im Februar hatte die Behörde rund 2200 Eingaben und Beschwerden erhalten, vor einem Jahr waren es 1400 gewesen.

Sollte die Post das Verdi-Angebot annehmen, kostet das nach Konzernberechnungen eine Milliarde Euro. Das würde den Gewinn der Sparte weitgehend aufzehren. Man werde keine Dinge tun, von denen man wisse, dass sie das Post- und Paketgeschäft nachhaltig in Frage stellen, sagte der scheidende Konzernchef Frank Appel am Donnerstag in Berlin. Appel wird nach 15 Jahren an der Spitze des Konzerns im Mai die Führung an seinen Vorstandskollegen Tobias Meyer abgeben.

8,4
Milliarden Euro hat die Post verdient

Anders als im deutschen Brief- und Paketgeschäft läuft es für die Post international viel besser. Der Konzern hat im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn erzielt.

Vor allem die boomende Frachtsparte und die Lieferketten-Dienstleistungen haben der Post unterm Strich einen Betriebsgewinn von 8,4 Milliarden Euro beschert (plus 5,7 Prozent). Das war der vierte Jahreshöchstwert in Folge. Als Abschiedsgeschenk für die Aktionäre erhöht Appel die Dividende für 2022 und weitet das laufende Aktienrückkaufprogramm aus.

Für das vergangene Jahr will der Bonner Konzern 1,85 (Vorjahr: 1,80) Euro pro Aktie auf den Tisch legen, kündigte er am Donnerstag an. Das bestehende Aktienrückkaufprogramm werde um eine Milliarde Euro aufgestockt. Das Gesamtvolumen betrage bis zu drei Milliarden Euro. Appel betonte, die Dividende werde ausschließlich aus dem internationalen Geschäft bezahlt. „In Deutschland ist kein Geld übrig“, sagte er mit Blick auf die Tarifverhandlungen.

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