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Die Schufa.

© picture alliance / Flashpic/Jens Krick

Wegweisende Entscheidung des EuGH : Das bedeutet das Schufa-Urteil für die Bürger

Die Bewertung der Kreditwürdigkeit durch die Auskunftei ist umstritten. Der Europäische Gerichtshof hat die Nutzung nun eingeschränkt. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Urteil.

Wie mächtig ist die Schufa? Anhand gewaltiger Datenmengen berechnet die Auskunftei, für wie kreditwürdig sie einzelne Verbraucherinnen und Verbraucher hält. Banken, Onlinehändler, Mobilfunkanbieter, Autohäuser, Energielieferanten - sie alle wollen wissen, wie es um die Zahlungsmoral ihrer Kundschaft bestellt ist, bevor Verträge geschlossen und Waren übergeben werden.

Doch allein diese Bewertung dürfe nicht maßgeblich für Banken und Unternehmen sein, ob sie Verträge mit Kunden abschließen, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. Das sogenannte Scoring der Schufa sei nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Wie geht es nun nach dem Urteil weiter und wie funktioniert die Bewertung durch die Schufa grundsätzlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Was ist die Schufa?

Zum Geschäftsmodell der 1927 gegründeten „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“ gehört es, Daten zu sammeln. Auf deren Basis liefert die Schufa ihren etwa 10.000 Vertragspartnern - unter anderem Banken und Sparkassen, Versandhändler und Energieversorger - bei berechtigtem Interesse eine Einschätzung zur Bonität (Kreditwürdigkeit) von Verbraucherinnen und Verbrauchern.

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Nach eigenen Angaben verfügt die Schufa über Informationen zu 68 Millionen Menschen in Deutschland. Zu mehr als 90 Prozent seien „ausschließlich positive Informationen gespeichert“. Pro Tag erteilt die Auskunftei im Schnitt 320.000 Auskünfte an Unternehmen. Außer der Schufa gibt es weitere Wirtschaftsauskunfteien: etwa Creditreform und Crif.

Welche Daten sammelt die Schufa?

Die Schufa erhält von ihren Vertragspartnern Informationen etwa über die Eröffnung von Girokonten, die Ausgabe von Kreditkarten, den Abschluss von Leasingverträgen und Krediten. Die Schufa speichert zudem persönliche Daten wie Name, Geburtsdatum und Anschrift, hat aber keine Informationen etwa über das Einkommen einer Person.

Was macht die Schufa mit diesen Daten?

Anhand der Daten errechnet sich der Basis-Score, der quartalsweise aktualisiert wird. Dieser beschreibt auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent eine Wahrscheinlichkeit, mit der ein Verbraucher finanziellen Verpflichtungen nachkommen wird. Je höher der Score, umso höher die Kreditwürdigkeit. Wer Rechnungen regelmäßig unpünktlich bezahlt und oft Mahnungen bekommt, wird schlechter eingeschätzt.

Wie der Score genau berechnet wird, legt die Schufa nicht detailliert offen. Ihr Argument: „Läge das Berechnungsmodell völlig offen, könnte der Score manipuliert werden und hätte so keinen Wert mehr.“ Die Formel sei aber „der zuständigen Datenschutzbehörde bekannt und wird von ihr und unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kontrolliert“. Unternehmen und Einzelpersonen wie Vermieter können Auskünfte bei der Schufa einholen.

Worum ging es in dem Verfahren vor dem EuGH?

Im Kern ging es um die Frage, ob Scoring in bestimmten Fällen einer automatisierten Entscheidung, die die betroffene Person beeinträchtigt, gleichzusetzen ist - gemäß Artikel 22 der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Und darum, wie maßgeblich ein Schufa-Score für die Entscheidung eines Unternehmens ist, einen Kredit beziehungsweise Vertrag zu gewähren oder nicht.

Das Urteil sorgt für Klarheit, wie Zahlungsprognosen in den Entscheidungsprozessen von Unternehmen im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung verwendet werden dürfen.

Schufa

Hintergrund des Verfahrens vor dem EuGH waren mehrere Fälle aus Deutschland. In einem davon hat eine Klägerin, der ein Kredit verwehrt wurde, die Schufa aufgefordert, einen Eintrag zu löschen und ihr Zugang zu den Daten zu gewähren. Die Schufa teilte der Frau ihren Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mit, nicht aber die genaue Berechnungsmethode.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden legte den Fall dem EuGH vor, um grundsätzlich das Verhältnis zur DSGVO klären zu lassen. Die Verordnung schreibt vor, dass Entscheidungen, die für Betroffene rechtliche Wirkung entfalten, nicht nur durch die automatisierte Verarbeitung von Daten getroffen werden dürfen.

Wie urteilte der EuGH?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) schränkte die Nutzung des Bonitätsmaßes der Wirtschaftsauskunftei Schufa durch Banken und Unternehmen ein. Das sogenannte Scoring der Schufa sei nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg.

Dieses mathematisch-statistische Verfahren sei als eine von der europäischen Datenschutzverordnung (DSGVO) grundsätzlich verbotene automatisierte Entscheidung im Einzelfall zu betrachten, sollte der Bonitätsscore für Schufa-Kunden wie etwa Banken maßgeblich sein für die Gewährung von Krediten. Damit folgt das Gericht weitgehend dem Schlussantrag von EuGH-Generalanwalt Priit Pikamäe vom März.

Die Art der Berechnung des Schufa-Scores hatte Pikamäe nicht beanstandet. Die Vorstandsvorsitzende der Schufa Holding AG, Tanja Birkholz, stellt klar: „Wie wir scoren ist vom Urteil unberührt.“ Es gehe nicht um den Algorithmus für das Scoring.

Welche Position vertritt die Schufa?

Die Auskunftei argumentiert, sie selbst treffe keine Entscheidungen zum Beispiel über die Vergabe von Krediten oder den Abschluss eines Handyvertrages. Die Schufa unterstütze ihre Partner mit Auskünften bei der Entscheidung. „Nur weil ein Score wichtig ist, ist er nicht maßgeblich“, sagt Schufa-Chefin Birkholz.

Die Entscheidung für oder gegen ein Geschäft treffe das Unternehmen, mit dem eine Verbraucherin oder ein Verbraucher einen Vertrag abschließen möchte. Das bestätigen nach Angaben der Auskunftei auch die Vertragspartner: Der Score sei „ein wertvoller Baustein der Risikobewertung“, aber nicht maßgeblich.

Bei der Kreditvergabe durch Banken und Sparkassen zum Beispiel flössen weitere Daten ein wie regelmäßiges Einkommen und Ausgaben sowie Vermögen. Im Online- und Versandhandel spiele eine Rolle, ob es sich um einen Neu- oder Bestandskunden handele, wie sich der Warenkorb zusammensetze und wie hoch der Wert der Bestellung sei. Telekommunikationsunternehmen vergäben angesichts des intensiven Wettbewerbs in dieser Branche häufig auch bei negativem Schufa-Eintrag und geringerem Score einen Vertrag - auch dies aus Sicht der Schufa ein Beleg, dass ihre Daten nicht allmächtig seien.

Entsprechend begrüßte die Schufa in einer ersten Stellungnahme das EuGH-Urteil: „Es sorgt für Klarheit, wie Zahlungsprognosen (Scores) in den Entscheidungsprozessen von Unternehmen im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung verwendet werden dürfen.“ Da die Kunden der Auskunftei „weit überwiegend“ zurückgemeldet hätten, „dass Zahlungsprognosen in Form des Schufa-Scores für sie zwar wichtig, aber in aller Regel nicht allein entscheidend für einen Vertragsabschluss“ seien, werde die Mehrheit der Kunden „Schufa-Scores weiterhin ohne Anpassung ihrer Prozesse nutzen können“, teilte die Schufa mit.

Wie geht es nach dem Urteil weiter?

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden muss nun entscheiden, ob das deutsche Bundesdatenschutzgesetz eine gültige Ausnahme von diesem Verbot enthält, die im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung ist. (dpa, Reuters)

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