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Pfeilspitze aus meteoritischem Eisen von Mörigen. Credit: Sammlung Bernisches Historisches Museum.

© Thomas Schüpbach

Eisen aus dem Weltall: Bronzezeitliche Pfeilspitze aus Meteorit entdeckt

Schweizer Forscher haben bei Ausgrabung einer fast 3000 Jahre alten Siedlung eine Pfeilspitze entdeckt, deren Material offenbar aus dem Weltall stammt. Der Fund ist überaus selten.

Von Luisa Heyer, dpa

Eine in der Schweiz gefundene und mindestens rund 3000 Jahre alte Pfeilspitze wurde aus einem Meteoriten gefertigt. Das schließt ein internationales Forschungsteam nach einer detaillierten Analyse dieses überaus seltenen Fundes. Das Material stammt demnach von einem schweren Himmelskörper, der vermutlich vor etwa 3500 Jahren über dem Baltikum niederging. Das berichtet das Team um Beda Hofmann vom Naturhistorischen Museum Bern im „Journal of Archaeological Science“.

Gefunden wurde die Pfeilspitze, die 39 Millimeter lang und 2,9 Gramm schwer ist, bereits im 19. Jahrhundert bei Ausgrabungen einer bronzezeitlichen Pfahlbausiedlung bei Mörigen am Bielersee im Kanton Bern. Die bronzezeitliche Siedlung stammt aus der Zeit von 900 bis 800 vor Christus. Schleifspuren deuten darauf hin, dass die eiserne Pfeilspitze bearbeitet wurde.

Eisen aus Meteoriten

Eisen wurde in Zentraleuropa zwar schon in der damaligen Bronzezeit aus Erz hergestellt. Doch vorher konnte das Metall nur von Meteoriten gewonnen werden – und war entsprechend selten und kostbar. Bisher wurden der Forschungsgruppe zufolge in ganz Eurasien und Nordafrika nur 54 Artefakte aus meteoritischem Eisen an 21 Fundstellen entdeckt. Alleine 19 davon stammen demnach aus dem Grab des Pharaos Tutanchamun in Ägypten.

Zwar liegt der Fundort der Pfeilspitze ganz in der Nähe vom Streufeld des sogenannten Twannberg-Meteoriten, der vor etwa 170.000 Jahren auf die Erde fiel. Doch die Studie zeigt eindeutig, dass das Material von einem anderen Meteoriten stammt.

Forscher analysieren Pfeilspitze mit verschiedenen Verfahren

Um die Pfeilspitze zu untersuchen, nutzte das interdisziplinäre Team eine Vielzahl von Analyseverfahren – darunter Lichtmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie, Röntgentomographie, Röntgenfluoreszenz oder Gammaspektrometrie. „Mit Gammaspektrometrie können wir von jeder beliebigen Probe einen radioaktiven Fingerabdruck erstellen und auch relativ kurzlebige Isotope finden“, sagt Ko-Autor Marc Schumann von der Universität Freiburg. „Manche dieser Isotope können nur im Weltall gebildet werden.“

Dazu gehört Aluminium-26, das die Forschenden in der Pfeilspitze aufspürten. Zudem wiesen sie einen hohen, für Meteoriten typischen Nickelgehalt auf. „Damit konnten wir den zweifelsfreien Beweis erbringen, dass es sich bei dem Material um einen Meteoriten handelt, der über lange Zeit im Weltall der kosmischen Strahlung ausgesetzt war“, sagt der Physiker Schumann.

Die Analyse zeigt überraschenderweise auch, dass das meteoritische Eisen nicht vom nahen Twannberg-Meteoriten stammt. Die Nickelkonzentration von rund 8,2 Prozent sei fast doppelt so hoch wie die des Twannberg-Meteoriten, schreibt die Gruppe. Stattdessen deuten die Forschenden den hohen Nickel- und Germanium-Gehalt als Hinweis darauf, dass es sich um einen Meteoriten vom Typ IAB handelt. Und die niedrige Konzentration von Aluminium-26 spricht demnach dafür, dass die Probe aus dem Innern eines großen Meteoriten stammt, der ursprünglich eine Masse von mindestens zwei Tonnen hatte.

In Europa weisen der Studie zufolge nur drei bekannte große IAB-Eisenmeteoriten die chemische Zusammensetzung der Möriger Pfeilspitze auf. Die Forschenden vermuten, dass das Material vom Kaalijarv-Meteoriten stammt, der um 1500 v. Chr. in Estland niederging und der beim Einschlag zum Großteil in viele splittergroße Fragmente explodierte und etliche Krater hinterließ. Von einem solchen Meteoritensplitter könnte die Pfeilspitze stammen.

Schon in der Bronzezeit sei mit meteoritischem Eisen gehandelt worden, ähnlich wie mit Bernstein, heißt es weiter. Demnach dürften sich weitere Bestandteile des Ursprungsmeteoriten in archäologischen Sammlungen finden – in Europa und möglicherweise auch darüber hinaus.

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