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Geschenke für die Ureinwohner - Darstellung von 1827.

© imago images/Photo12

Heute vor 531 Jahren: Kolumbus sticht in See - heute Protest gegen seine Ehrung

Vor 531 Jahren entdeckte Christoph Kolumbus aus Versehen einen neuen Kontinent. Für die Entdeckten bedeutete das eine Katastrophe.

Das Andenken an Christoph Kolumbus hat in jüngster Zeit gelitten. Im Zentrum von Mexiko-Stadt wurde 2020 eine Statue des Seefahrers nach Protesten entfernt. Im Juni 2021 köpften Demonstrant:innen ein Abbild von ihm in Boston. Und in Boliviens Hauptstadt La Paz schlugen Unbekannte im selben Jahr einer Statue von Kolumbus die Nase ab und hängten ihr einen Strick um den Hals. Der „Entdecker“ Amerikas, er ist vielerorts nicht mehr gut gelitten.

Christoph Kolumbus selbst wollte dabei gar kein Entdecker sein, zumindest nicht in diesem Sinn. Als er am 3. August 1492, heute vor 531 Jahren, in See stach, suchte er bekanntlich nicht nach einem Kontinent, sondern nach einem alternativen Seeweg nach Asien.

Dass man nur wenige Wochen Richtung Westen segeln müsste, um wieder in Fernost rauszukommen, galt schon damals als unwahrscheinlich. Doch Kolumbus vertraute auf Berechnungen des persischen Geographen Al-Farghani, der den Erdumfang Jahrhunderte zuvor – wie wir heute wissen – eigentlich sehr präzise geschätzt hatte. Weil Kolumbus aber die arabischen Meilen, die Al-Farghani verwendete, mit den deutlich kürzeren römischen Meilen verwechselte, erschien ihm die Reise machbar.

Entdecker mit Schwert – Darstellung aus dem 19. Jahrhundert.

© imago images/Collection Kharbine Tapabor

Der Kontinent, der zufällig auf halbem Weg wartete, rettete Kolumbus und seiner Mannschaft das Leben. Für die spanische Krone, in deren Auftrag Kolumbus segelte, war die folgende Kolonisierung allerdings Fluch und Segen zugleich.

Die Gold- und Silbertransporte aus Amerika füllten zwar die Staatskasse. Weil der spanische Wechselkurs aber direkt an die Goldmenge gekoppelt war, führte die Goldschwemme auch zu Inflation, steigenden Preisen und vergleichsweise billigen Importen. Das schwächte wiederum die heimische Industrie – ein Phänomen, das die Wirtschaftswissenschaft heute als „Holländische Krankheit“ bezeichnet.

Für die Bewohner:innen der sogenannten Neuen Welt bedeutete die Entdeckung eine Katastrophe. Allein im folgenden Jahrhundert fielen laut einer Studie 55 Millionen Menschen dem Krieg, den Krankheiten und der kaum kaschierten Sklavenarbeit zum Opfer, die die europäischen Eroberer mit sich brachten.

Christoph Kolumbus hieß das nicht nur gut, sondern verantwortete auch selbst Massaker und verschleppte Menschen. Will man einen solchen Mann noch ehren? Für nicht wenige Menschen lautet die Antwort heute: nein.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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