zum Hauptinhalt
Darüber ob die Geburt Jesu tatsächlich am ersten Weihnachtstag, also am 25. Dezember stattfand, weiß man heute aber kaum etwas.

© AFP / KOLA SULAIMON

Jesus ist mehr als ein Mythos : „Dass er gelebt hat, ist kaum zu bestreiten“ 

Der Theologe Wolfgang Reinbold zur aktuellen Jesus-Forschung. Historische Fakten, überprüfbare Schilderungen und nicht-christliche Quellen zur Existenz  des Wanderpredigers.

Von Daniel Behrendt, epd

Vor Weihnachten hat der Göttinger Theologe Wolfgang Reinbold die Bedeutung von Jesus Christus für die Kultur- und Alltagsgeschichte der zurückliegenden zwei Jahrtausende betont. „Jesus hat den Lauf der Welt beeinflusst, bis hinein in den Alltag eines jeden Einzelnen von uns“, sagte Reinbold, der Neues Testament an der Georg-August-Universität Göttingen lehrt.

Nicht nur, dass ohne Jesus kein Christentum denkbar sei: „Es gäbe weder Weihnachtsmärkte noch Weihnachtsgeschenke - und am 26. Dezember müssten wir wohl alle zur Arbeit gehen“, unterstrich der evangelische Theologie-Professor.

Noch wichtiger sei aber, „dass die deutsche Kultur, unser Kalender und unsere Rechtsordnung durch und durch christlich geprägt sind, sei es direkt, sei es indirekt oder im Widerspruch“. Die Wirkung des Zimmermanns Jesus aus Nazareth könne „größer kaum sein“. Noch vor rund einem Jahrhundert sei die Frage, ob Jesus wirklich gelebt habe, unter Wissenschaftlern kontrovers diskutiert worden, erläuterte Reinbold.

„Begründet wurde das damit, dass man sagte: Das Christentum ist ein Mythos, für den man nachträglich einen historischen Ursprung konstruiert hat.“ Eine andere Argumentationslinie sei davon ausgegangen, dass die historische Figur Jesus deshalb entstanden sei, weil man die Evangelien, die ursprünglich „so etwas wie Romane“ gewesen seien, im Nachhinein als Tatsachenberichte missverstanden habe.

Die historische Person existierte

Heute lasse sich aber kaum mehr bestreiten, dass die historische Person Jesus von Nazareth existiert habe. Dafür sprächen an gesicherten historischen Fakten überprüfbare Schilderungen im Neuen Testament, aber auch in nicht-christlichen Quellen, etwa bei den römischen Historikern Tacitus und Sueton.

Auch das Geburtsjahr von Jesus kennen wir nicht, weil sich die Überlieferungen widersprechen. 

Wolfgang Reinbold, Georg-August-Universität Göttingen

Dass die historische Person Jesus gelebt habe, zeige sich aber auch an der Verbreitung und Dauer, die das Christentum erlangt habe: „Vermutlich ließe sich christlicher Glaube auf die eine oder andere Weise auch als reiner Mythos konstruieren. Ich bezweifle aber, dass er dann die Kraft hätte, die ihm eigen ist“, unterstrich Reinbold.

Darüber hinaus wisse man von seinem leiblichen Bruder Jakobus. Er wird im Neuen Testament häufig erwähnt und spielte eine wichtige Rolle im ältesten Christentum. Auch die Evangelien ließen sich durchaus historisch auswerten, so Reinbold.  „Zwar bleibt dabei vieles unsicher. Aber einige harte historische Fakten lassen sich ihnen doch entnehmen, insbesondere über die Verurteilung Jesu durch Pontius Pilatus, dem Statthalter des römischen Kaisers Tiberius in der Provinz Judäa, und seinen Tod am Kreuz.“

4
vor Christus stirbt Herodes, das passt nicht zu den Weihnachtsgeschichten.

Darüber ob die Geburt Jesu tatsächlich am ersten Weihnachtstag, also am 25. Dezember stattfand, wisse man heute aber kaum etwas. Das Datum gehe zurück auf eine spätere Überlieferung, so Reinbold. „Die Evangelien und die ältesten christlichen Quellen wissen davon noch nichts.“ Im Markus- und im Johannesevangelium gebe es nicht einmal Berichte über seine Geburt. „Auch das Geburtsjahr von Jesus kennen wir nicht, weil sich die Überlieferungen widersprechen.“

Ein Zimmermann aus Nazareth

In den Weihnachtsgeschichten werden sowohl König Herodes als auch der römische Statthalter Quirinius erwähnt. Das aber passt nicht zusammen, denn Quirinius tritt sein Amt im Jahr 6 nach Christus an, während Herodes im Jahr 4 vor Christus stirbt. Die Wissenschaft hat sich den Kopf darüber zerbrochen, wie man das zusammenbringen soll - und bisher keine überzeugende Antwort gefunden. So oder so aber gilt: Dass Jesus gelebt hat, ist kaum zu bestreiten.

Nach allem was man heute weiß, war Jesus Zimmermann aus Nazareth in Galiläa, hatte mehrere Brüder und auch Schwestern. Die Beziehungen zu seiner Familie waren nicht immer gut. „Er war unverheiratet, und er verhielt sich auch sonst oft nicht so, wie es sich Eltern von ihren Kindern wünschen“, so Reinbold. Über seinen Bildungsweg sei  wenig bekannt.

In gewisser Hinsicht könne Johannes, der sogenannte „Täufer“, der in der Wüste am Jordan wirkte, als sein Lehrer gelten. Von ihm habe er sich taufen lassen, und über ihn habe er stets mit großem Respekt gesprochen. In der Mitte seines Tuns habe sein Wirken als Heiler der Kranken und Schwachen gestanden. „Überdies war er ein Lehrer und Dichter, ein Meister der Gleichnisse und der Erzählungen vom Reich Gottes, das für ihn schon gegenwärtig war“, sagte Reinbold.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false