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Das letzte Mahl eines jungen Gorgosaurus (Illustration) zeigt, wie die Jungtiere Konkurrenz mit ihren Eltern vermieden.

© Royal Tyrrell Museum of Palaeontology /Julius Csotonyi

Klein übt sich: ...was ein großer Raubsaurier werden will

Neben ihren Eltern sahen junge Raubsaurier aus der Familie der Tyrannosaurier mickrig aus, mussten sich aber wahrscheinlich vom Schlupf an selbst versorgen. Für diese Erkenntnisse studierten Forschende einen fossilen Magen samt Inhalt.

Von Annett Stein, dpa

Knabberten kleine Tyrannosauriden an dem herum, was ihre Eltern und andere Gruppenmitglieder erbeuteten oder suchten sie sich selbst Snacks passender Größe? Dazu gab es bisher nur Vermutungen. Die Analyse von Mageninhalt eines Tyrannosauriden stützt nun die Theorie, dass die Jungtiere selbst auf Beutefang gingen – und dabei ganz andere Arten im Blick hatten als ihre gigantischen Eltern.

Tyrannosauridae waren große, fleischfressende Dinosaurier, die gegen Ende der Kreidezeit vor etwa 80 bis 66 Millionen Jahren die Ökosysteme Asiens und Nordamerikas dominierten. Als Baby nur etwa einen Meter groß wuchsen manche von ihnen zu von der Schnauze bis zur Schwanzspitze bis zu zwölf Meter langen und sechs Tonnen schweren Kolossen heran, wie das Forschungsteam um François Therrien vom Royal Tyrrell Museum in Drumheller in Kanada jetzt im Fachjournal „Science Advances“ erläutert.

Ihre Körperproportionen veränderten sich im Zuge dieses Wachstums deutlich: von grazil, mit schmalem Schädel und schlanken Hinterbeinen zu wuchtig. Zunächst klingenartig, wurden ihre Zähne zunehmend groß und kantig, ideal zum Knochenbrechen. Forschende hatten daher bereits die Theorie entwickelt, dass sich mit dem Heranwachsen zum Megajäger auch das Beutespektrum veränderte. Direkte fossile Hinweise darauf fehlten jedoch.

Bauch und Keule

Das Forschungsteam untersuchte nun außergewöhnlich gut erhaltene versteinerte Überreste eines jungen Tyrannosauriden der Art Gorgosaurus libratus. Mit rund 330 Kilogramm habe das Tier nur etwa ein Achtel eines ausgewachsenen Exemplars seiner Art gewogen. Es lebte vor etwa 75 Millionen Jahren und war fünf bis sieben Jahre alt, als es starb.

In seinem Magen seien die letzten, kurz vorm Tod verschlungenen Mahlzeiten noch deutlich auszumachen: Hinterbeine zweier wesentlich kleinerer Dinosaurier. Auch von heute lebenden Fleischfressern würden die großen Muskeln der Hinterbeine und die Eingeweide in der Regel zuerst verzehrt, hieß es dazu.

Das Fossil war in der Dinosaur Park Formation in der kanadischen Provinz Alberta gefunden worden.

© University of Calgary/Darla Zelenitsky (specimen courtesy of Royal Tyrrell Museum)

Der Analyse zufolge handelt es sich bei der Beute um sogenannte Caenagnathidae der Art Citipes elegans, die jeweils im Alter von weniger als einem Jahr und kurz hintereinander erbeutet wurden. Die vogelähnlichen, wahrscheinlich gefiederten Dinosaurier gelten als Pflanzen- und Allesfresser. Die beiden erbeuteten Jungtiere hätten neun bis zwölf Kilogramm gewogen.

Kleine Beutetiere, aber viele

Weil ein erwachsener Gorgosaurus sich mit derlei winziger Beute kaum abgegeben hätte, schließen die Forschenden, dass das Jungtier selbst erfolgreich auf die Jagd ging - und nicht etwa darauf wartete, von den Großen seiner Gruppe etwas abzubekommen. Auch bei vielen modernen großen Reptilien wie Krokodilen und Komodowaranen gingen die Jungtiere selbst auf Beutefang, hieß es.

Junge und ausgewachsene Gorgosaurier im Größenvergleich zum Menschen

© University of Calgary /Jared Voris

Diese Erkenntnis bedeute auch, dass Gorgosaurus und wahrscheinlich auch andere Tyrannosauridae wie Tyrannosaurus rex im Laufe ihres Lebens wohl mehrere ökologische Nischen besetzten. In der Jugend widmeten sie sich anderen, kleineren Arten als in späteren Jahren, wenn sie zu gigantischen Spitzenräubern herangewachsen waren und mehr als eine Tonne wiegenden Planzenfresser ihrer Zeit attackierten.

In der Jugend andere Beutetiere zu nutzen als erwachsene Verwandte habe einen entscheidenden Vorteil, erläuterte Therrien: Innerartliche Konkurrenz zwischen Jung und Alt um Nahrungsressourcen werde vermieden. Junge Oviraptorosaurier wie Citipes habe es wahrscheinlich in großer Zahl als potenzielle Beute für kleine Tyrannosauridae gegeben, da ein Gelege solcher Dinos mehr als 30 Eier enthalten konnte.

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