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Und der T. rex, der hatte Zähne, doch die Zähne sah man nicht.

© Mark P. Witton

Schmallippige Raubsaurier: T. rex und Verwandte zeigten keine Zähne

Vielleicht liegt es an den vorhandenen Vorlagen: blanken, versteinerten Knochen und Zähnen. Lebende Raubsaurier sahen aber wahrscheinlich weniger monströs aus, als sie meist dargestellt werden.

Martialische Bilder und Filme von Raubsauriern mit riesigen Zähnen, die selbst aus dem geschlossenen Maul herausragen, sind schon lange echte Hingucker, vom Kinderbuch bis zum Kino. Doch die Tiere sind so eher schlecht getroffen, zeigt ein Team um Robert Reisz von der University of Toronto in der Zeitschrift „Science“.

„Raubsaurier sind also ganz normale Tiere und keine Urzeit-Monster, wie sie bisher oft gezeigt wurden“, erklärt Maximilian Kellermann. Der Paläontologe forscht an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie an Dinosauriern, war aber an der Studie der kanadischen Gruppe nicht beteiligt. „Weil für Rekonstruktionen den Funden oft die Haut eng über den Schädel gezogen wurde, ohne dabei weiches Gewebe zu berücksichtigen, das vielen Teilen des Gesichtes seine Form gibt, sehen viele längst ausgestorbene Tiere gefährlich aus“, sagt der Forscher weiter.

Lippen schützen das Gebiss vor Austrocknen

Von solchen Organismen aber bleiben viele Jahrmillionen nach ihrem Tod oft nur die harten Körperteile wie Knochen und Teile des Gebisses erhalten. Überreste einer möglicherweise über den Zähnen von Raubsauriern liegenden Haut wurden bislang nicht gefunden. Daraus wurde bisher oft gefolgert, dass die Zähne etwa von Tyrannosaurus rex ähnlich wie bei den Krokodilen aus dem geschlossenen Maul herausragten. Auch Vögel, die aus Sicht der Evolutionsbiologie sogar direkt zu den Dinos gehören, haben gar keine Lippen.

Beide Gruppen aber eignen sich nur bedingt für einen Vergleich: „Heutigen Vögeln fehlen die Zähne und Krokodile haben sich in 250 Millionen Jahren Entwicklung sehr gut an ein Leben im Wasser angepasst“, erklärt Kellermann. Dort müssen Zähne nicht vor dem Austrocknen geschützt werden, an der Luft schon. Der Zahnschmelz enthält geringe Mengen Wasser, die diese sehr harte Substanz stabilisieren. Um Schäden vorzubeugen, halten die Lippen von Landwirbeltieren daher die Feuchtigkeit im Maul und verringern so das Bruchrisiko für die Zähne.

Lebende Reptilien verbergen auch große Zähne

Schon seit einigen Jahren vermuten Forschende, dass auch Raubsaurier ihr Gebiss mit einer Haut vor dem Austrocknen geschützt haben könnten. Aber erst jetzt liefert das Team um Robert Reisz gleich drei stichhaltige Argumente für diese Theorie. So gibt es neben den längst ausgestorbenen Raubsauriern mit den noch heute lebenden Waranen eine weitere an Land lebende Gruppe von Reptilien, die im Vergleich zu ihren Schädeln lange Zähne haben. Trotzdem ragt das Gebiss bei keiner Art der Warane aus dem geschlossenen Maul heraus.

Das Lächeln des Tyrannosaurus: Mehr Waran (drittes von oben) als Krokodil (zweites)

© Mark P. Witton

Besonders groß und kräftig sind die Zähne bei den oft über zwei Meter langen Papuawaranen (Varanus salvadorii), die auf Neuguinea leben. „Vom Aussehen des Schädels würde man bei diesen Tieren nicht erwarten, dass die Zähne komplett von Lippen bedeckt werden“, erklärt Kellermann. Als das Team um Reisz die Raubsaurier mit den Waranen verglich, wich das Verhältnis zwischen Gebiss- und Schädelgröße kaum voneinander ab. Trugen T. rex und seine Verwandtschaft ihre riesigen Zähne also doch nicht offen wie Krokodile im Gesicht?

Verräterische Abnutzungsspuren bei Krokodilen

Darauf deutet auch ein Zahn hin, den das Team einem im Royal Tyrrell Museum im kanadischen Drumheller aufbewahrten Daspletosaurus zogen. Diese Tiere waren eng mit T. rex verwandt, mit einer Länge von acht bis neun Metern aber deutlich kleiner. Der untersuchte Zahn war zwar offensichtlich lange benutzt worden, hatte aber deutlich geringere Abnutzungsspuren als der Zahn eines Krokodils, dessen Schmelz auf der Außenseite stark abgeschliffen war. Auch das ist ein wichtiger Hinweis auf ausreichend Feuchtigkeit in einem geschlossenen Maul, die den Zahnschmelz stabilisierte.

Das dritte wichtige Indiz liefern Löcher im Kieferknochen, durch die Blutgefäße das außen liegende weiche Gewebe wie die Lippen versorgen. Deren Anordnung ähnelt sich bei Raubsauriern und Waranen, während sie sich bei beiden von der bei Krokodilen unterscheidet.

Es deutet als viel darauf hin, dass Raubsaurier weniger martialisch aussahen, als sie oft dargestellt werden. „Auch die großen Zähne der Raubsaurier sollten also wie bei den meisten anderen an Land lebenden Wirbeltieren ins geschlossene Maul gepasst haben“, sagt Kellermann.

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