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Der Braunkohletagebau bei Jänschwalde in der brandenburgischen Lausitz.

© dpa / Patrick Pleul

Kohleausstieg geht nur konsequent: Forschende sehen wenig Chancen für globalen Ausstieg

In einer Untersuchung wurde betrachtet, wie realistisch die Pläne der Nationen zum Kohleausstieg sind. Die Ergebnisse sind ernüchternd, es werden aber auch Handlungsoptionen aufgezeigt.

Die aktuelle Klimapolitik der Weltgemeinschaft wird nicht zu einem globalen Kohleausstieg führen, auch nicht durch die Bemühungen der „Powering Past Coal Alliance“, die auf dem Weltklimagipfel COP23 2017 ins Leben gerufen wurde, um den Ausstieg zu beschleunigen.

Das besagt eine aktuelle Studie, die am Montag in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlicht wurde. Die Forschenden um Hauptautor Stephen Bi vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Potsdam kommen zu dem Schluss, dass zusätzliche, konsequente Maßnahmen erforderlich sind, um Verlagerungseffekte in der „Powering Past Coal Alliance“ zu vermeiden.

Schwerindustrie mit einbeziehen

Zunächst müsste die Debatte zum Kohleausstieg über den Energiesektor hinausgehen und auch die Schwerindustrie einbeziehen. Die Bepreisung von Kohlenstoff sehen die Forschenden zudem als das effizienteste Instrument, um Schlupflöcher in den nationalen Vorschriften zu schließen. Beschränkungen des Kohleabbaus und der Exporte sind nach ihrer Ansicht am ehesten geeignet, um Trittbrettfahrer im Ausland abzuschrecken, erklärte Mitautor Nico Bauer vom PIK.

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Die Alliance könne wachsen, wenn die Mitgliedsstaaten an der Modernisierung ihres Stromsektors arbeiten. Aber das könnte auch zu einem Wiederanstieg der Kohlenutzung weltweit führen, warnen die Autor:innen der Studie. Eine solche „Leckage“ sei durch Markteffekte zu befürchten: „Wenn die Nachfrage an einigen Orten sinkt, sinken auch die Preise, was wiederum die Nachfrage anderswo erhöhen kann.“

Es ist ein wirklich entscheidender Moment.

Stephen Bi, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)

Die Forschenden schlagen vor, dass Länder, die aus der Kohleverstromung aussteigen wollen, ihre politische Strategie ausweiten sollten. Ansonsten würden sie Gefahr laufen, das überschüssige Kohleangebot in andere Industriezweige im eigenen Land zu verlagern, etwa in die Stahlproduktion.

„Es ist ein wirklich entscheidender Moment“, sagt Stephen Bi. Die Computersimulation der derzeitigen Klimaökonomie und -politik zeige, dass die Chancen für einen Kohleausstieg bis Mitte des Jahrhunderts weniger als fünf Prozent betragen. „Dies würde bedeuten, dass wir nur minimale Chancen haben, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen und schwerwiegende Klimarisiken zu begrenzen.”

Verblüfft hatte die Forschenden, dass in der Simulationen die meisten Länder durch Verlagerungseffekte fast keine Auswirkungen auf den gesamten zukünftigen Kohleverbrauch erzielten, obwohl sie beschlossen, die Kohleverstromung einzustellen. „Wir haben dieses Ergebnis dann genauer untersucht, um herauszufinden, was die politischen Entscheidungsträger tun können, um den Kohleausstieg tatsächlich zu erreichen“, so Bi. Einen Preis auf Kohlenstoff und Ausstieg aus Kohlebergbau nennen sie dafür als wirksamste Maßnahmen.

China spiele ein besondere Rolle. Laut Studie hat es die Chance, den Markt für erneuerbare Energien zu prägen – wenn es sofort mit dem Ausstieg aus der Kohle beginnt. Andernfalls könnte es den weltweiten Durchbruch der erneuerbaren Energien auf gefährliche Weise verzögern.

China produziert und verbraucht weltweit mehr als die Hälfte der Kohle . „Die chinesische Regierung muss jetzt schnell handeln“, sagt Bi. Die derzeitigen Kohlepläne würden Chinas jüngstes Versprechen, den Höhepunkt der heimischen Emissionen vor 2030 zu erreichen und bis 2060 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, gefährden.

Die Forschenden halten ihre Erkenntnisse für wesentlich belastbarer als frühere Analysen, da sie zum ersten Mal einen datengestützten Ansatz zur Simulation realer politischer Entscheidungen, die so genannte dynamische Politikbewertung, verwendet hatten.

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