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Reich bemalt ist der erste Innenraum im Grab des User, dem Bürgermeister von Elephantine im antiken Ägypten.

© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptischen Museums und Papyrussammlung / Sandra Steiß

Nachhaltige Archäologie in Ägypten: Die Rettung einer Nekropole

Die teils geplünderte Totenstadt von Qubbet el-Hawa Nord wird seit 2015 ausgegraben, gesichert und touristisch erschlossen. Eine Ausstellung im Ägyptischen Museum zieht zur Halbzeit Bilanz.

Ein schwerer Presslufthammer und das Modell eines Schaufelbaggers sind nicht unbedingt die Objekte, die man in einer Vitrine einer archäologischen Ausstellung erwarten würde. Doch in der Dokumentationsausstellung „Geplündert – Geschunden – Gerettet (?): Die Gräber der Qubbet el-Hawa Nord“ im Ägyptischen Museum und Papyrussammlung stehen beide für die Brutalität und Rücksichtslosigkeit von Grabräubern in Ägypten und anderswo.  

Mit solchem Werkzeug waren manche zu Zeiten des „Arabischen Frühlings“ zugange, als wegen mangelnder staatlicher Autorität niemand die Zerstörung und Ausplünderung von Kulturstätten verhinderte. Das Museum zeigt nun die ersten Ergebnisse des deutsch-ägyptischen Projekts, das die kleine Nekropole retten soll. Diese liegt 800 Meter nördlich des bekannten Gräberberges Qubbet el-Hawa in der Nähe von Assuan. Erst vor etwa zehn Jahren wurde sie entdeckt.

Mit Presslufthämmern verschafften sich die Grabräuber in Qubbet el-Hawa Nord Zutritt zu den wertvollen Kammern.
Mit Presslufthämmern verschafften sich die Grabräuber in Qubbet el-Hawa Nord Zutritt zu den wertvollen Kammern.

© Rolf Brockschmidt

Das ägyptische regionale Inspektorat der Antikenverwaltung hatte Friederike Seyfried, Direktorin des Ägyptischen Museums Berlin, um Hilfe bei der Sicherung und Erschließung der wertvollen Nekropole gebeten. Seit 2015 arbeiten ägyptische und deutsche Archäologen an dieser bedeutsamen Nekropole, in der die altägyptische Elite des Neuen Reichs (1500-1000 v. Chr.) bestattet worden ist.

Dieses auf zwölf Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt präsentiert nun seine Halbzeitbilanz in dieser sehenswerten Ausstellung. Auf Originalfunde aus Ägypten muss sie zwar verzichten, bietet aber mithilfe großer Schautafeln und Fotos auf Stoffwänden einen Überblick über die freigelegten Gräber und die Arbeitsweise der Archäolog:innen.

Wer war Khunis?

„Wie datiert man ein Grab?“, fragen die Ausstellungsmacher:innen und demonstrieren anhand von Fotos, wie man architektonische Merkmale oder Malereien aus der benachbarten, viel größeren Nekropole Qubbet el-Hawa vergleichen kann. Ideal sind Erwähnungen von Königsnamen im Grabkontext.

Grabungsarbeiten am bisher ältesten Grab auf der Qubbet el-Hawa Nord, das einem Mann namesn Khunis gehörte.
Grabungsarbeiten am bisher ältesten Grab auf der Qubbet el-Hawa Nord, das einem Mann namesn Khunis gehörte.

© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptischen Museums und Papyrussammlung / Robert Kuhn

Zum Beispiel gehört das älteste bisher freigelegte Grab Khunis (2260-2170 v. Chr.), der wohl unter anderem ein „Vorlesepriester“ und mit kultischen Handlungen betraut war. Diese fanden sich auf prächtigen Wandreliefs in den Vorhöfen der Grabes wieder. Vor dem Eingang befand sich ein Altar aus Lehmziegeln sowie eine Bank aus Bruchsteinen zur Ablage von Opfergaben. Hier wurden viele Keramikgefäße gefunden.

Im nächsten Jahr werden originalgetreue fotografische Repliken von zwei bemalten Wänden vom Grab eines Mannes mit dem Namen User in das Nubische Museum nach Assuan gehen. Er war Bürgermeisters von Elephantine und bekam eine prächtig ausgemalte Grabkammer. Diese ist jedoch zu eng und zu niedrig, um sie für Touristen zu öffnen. Um den Ort dennoch touristisch zu erschließen, wird ein Besucherzentrum errichtet, in dem diese Wände zu bewundern sein werden. Vielleicht wird ein kleines Fenster in der Eisentür einen Blick in die Originalkammer gewähren. Auch ein Modell des Hügels von Qubbet el-Hawa Nord, das die Lage der Gräber der Nekropole zeigt, wird in das Nubische Museum wandern. 

Das Grab des User ist reich bemalt: Es zeigt den Grabherrn mit Gemahlin.
Das Grab des User ist reich bemalt: Es zeigt den Grabherrn mit Gemahlin.

© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptischen Museums und Papyrussammlung / Sandra Steiß

Eine besonders bedeutende Entdeckung ist das Grab des Priestervorstehers Amen-hotep. Ein Wandbild zeigt, wie er Gold vor seinem Vorgesetzten, Nehi, dem Vizekönig des Reiches Kusch, abwiegt. Durch diesen Fund konnte der Sargdeckel von Nehi, dessen Fragmente sich im Depot in Berlin befanden, für diese Ausstellung vollständig restauriert werden.

Eine Vitrine mit Pinsel, Kelle und allerlei Zeichengeräten sowie Tagebüchern und Zeichnungen gibt einen Einblick in die filigrane Arbeitsweise der Archäolog:innen. Dass Friederike Seyfried auch eine begnadete Zeichnerin ist, belegen einige ihrer Werke aus dem Grab des Priesters Qen.

Abdelmonem Said vom Inspektorat Assuan zeigte sich sehr erfreut, dass die Deutschen sich nicht mit der Ausgrabung begnügen, sondern auch bei der Dokumentation und Konservierung sowie der touristischen Erschließung des gesamten Geländes helfen. Die Europäische Union und das Auswärtige Amt werden nun drei Jahre lang Mittel bereitstellen, um mit Schutzdächern und Ähnlichem die Monumente dauerhaft zu schützen. Die Hoffnung: Wenn die touristische Erschließung auch Arbeitsplätze entstehen lässt, werden die Einheimischen aus Eigeninteresse zum Schutz der Anlage beitragen.

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