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Die EU-Kommission will geringfügige Genveränderungen wie beim „waxy“-Mais deregulieren.

© Dupont Pioneer

Neue Gentechniken in der EU: Tausend Forschende plädieren für Neuregulierung

Über dreißig Nobelpreisträger und Hunderte Wissenschaftler fordern in einem offenen Brief die Abgeordneten des EU-Parlaments auf, „wissenschaftsfeindliche Panikmache zurückzuweisen“ und die Anwendung neuer Gentechniken zu ermöglichen.

Rund 1000 europäische Wissenschaftler, darunter 33 Nobelpreisträger, fordern EU-Parlamentarier in einem offenen Brief auf, „wissenschaftsfeindliche Panikmache zurückzuweisen“ und für eine, von der EU-Kommission vorgeschlagene Neuregulierung des Einsatzes neuer Gentechniken in der Landwirtschaft zu stimmen.

Der Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, wird nicht zufällig jetzt veröffentlicht: Am 24. Januar gibt der Umweltausschuss ENVI des Europäischen Parlaments sein Votum zum Kommissionsvorschlag ab. Und am 5. Februar soll dann die Plenarabstimmung im Parlament in Straßburg stattfinden.

Die Kommissionsvorlage sieht im Wesentlichen vor, dass gentechnische Veränderungen im Erbgut von Pflanzen, die, wenn auch langwieriger, auch über klassische Züchtung erfolgen könnten, von aufwendigen Prüfverfahren ausgenommen werden und auch aus der Kennzeichnungspflicht für gentechnische Produkte fallen sollen.

Nobelpreisträgerin Emmanuelle Charpentier beteiligt

Zu den Unterzeichnenden gehören auch die Biochemikerin Emmanuelle Charpentier und die Mikrobiologin Jennifer Doudna. Beide erhielten 2020 den Nobelpreis für die Entdeckung der Gen-Schere Crispr/Cas9. Diese und ähnliche moderne Gentechniken ermöglichen jene punktgenauen Erbgutveränderungen, die mit einer Neuregulierung des Gentechnikrechts in der EU jetzt anwendbarer in der Pflanzenzüchtung gemacht werden sollen. Auch der bekannte Kognitionsforscher Steven Pinker und der Philosoph Peter Singer haben den Brief unterzeichnet.

Wir fordern Sie auf, sich mit der überwältigenden Mehrheit der Landwirte und echten Experten auseinanderzusetzen und nicht mit den reaktiven Anti-Wissenschafts-Lobbyisten in der Brüsseler Blase.

Von über 700 Wissenschaftlern unterzeichneter Appell an EU-Parlamentarier.

In dem Papier wird gewarnt, dass der europäischen Wirtschaft jährlich 300 Milliarden Euro Nutzen entgehen würden, wenn der Kommissionsvorschlag nicht angenommen und die Anwendung neuer Gentechniken (NGT) weiter erschwert werde, so eine Schätzung der „Alliance for Science“. Die Techniken könnten Pflanzen so verändern, dass der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln in der Landwirtschaft drastisch reduziert werden und gleichzeitig die Ernährungssicherheit durch die Schaffung klimaresistenter Pflanzensorten erhöht werden könnte.

„Wir fordern Sie daher auf“, so die unterzeichnenden Wissenschaftler, „sich mit der überwältigenden Mehrheit der Landwirte und echten Experten auseinanderzusetzen und nicht mit den reaktiven Anti-Wissenschafts-Lobbyisten in der Brüsseler Blase.“ Die EU-Parlamentarier werden „inständig“ gebeten, „für die NGTs zu stimmen.“

Das Schreiben wurde vom niederländischen Mikrobiologen Hidde Boersma koordiniert und von „WePlanet“ verbreitet, einem „Zusammenschluss nationaler Umweltorganisationen“ und „Bürgerorganisationen, die sich für wissenschaftlich fundierte Lösungen für den Klimawandel, den Rückgang der biologischen Vielfalt und die Beseitigung der Armut einsetzen“, wie es auf der Website des Netzwerks heißt. Auch das deutsche „Öko-Progressive Netzwerk“ gehört dazu.

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