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Zwei gegen einen ist unfair, aber durchsetzungsstark.

© Paul Rose

Wildwechsel: Rüpeleien und Zusammenhalt unter Flamingos

Sie gelten als hübsch anzusehen, gefährlich höchstens für Zooplankton. Als Flamingo sollte man sich jedoch nicht mit den falschen Artgenossen anlegen.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

In der Natur sieht man aus großer Entfernung zuerst einen rosa Schleier, der sich über viele Hundert Meter am Ufer eines Gewässers entlangzieht. Wenn man sich nähert, erkannt man die Flamingos, wie sie ihre eigenartig geformten, aber dafür bestens geeigneten Schnäbel immer wieder von links nach rechts und wieder zurück durch das flache Wasser ziehen, um Essbares herauszufiltern. Außerdem sind da Gruppen, die einfach herumstehen, viele auf einem Bein, und rosa Wolken fliegender Flamingos, die den Standort wechseln.

Noch näher haben Forschende über mehrere Jahre im Slimbridge Wetland Centre in Großbritannien hingeguckt. Dort werden verschiedene Arten von Flamingos in unterschiedlich großen Gruppen unter naturnahen Bedingungen gehalten. In der Natur können die Schwärme zwei Millionen Tiere oder mehr enthalten, die teils riesige Gebiete durchstreifen. Beobachtungen an Einzeltieren sind in zoologischen Einrichtungen leichter umzusetzen, sagen die Forschenden.

Weg da! Ein aggressiver Kubaflamingo verscheucht zwei Artgenossen.

© Paul Rose

Wie sie kürzlich im Fachjournal „Scientific Reports“ berichteten, bestehen zwischen einigen Vögeln engere Bande, und das nicht nur zwischen Pärchen. Andere halten sich erkennbar fern voneinander. „Unsere Forschung zeigt, dass das Sozialleben der Flamingos deutlich komplizierter ist, als wir angenommen haben“, sagt Paul Rose, Verhaltensforscher von der Universität Exeter. Die Netzwerke und Gruppenbildungen der Tiere in der Kolonie werden stark von den individuellen Merkmalen ihrer Mitglieder beeinflusst. Gleich und gleich gesellt sich gern.

So bilden sich etwa Cliquen „frecher“ Vögel, die enge Beziehungen zueinander haben. Eher zurückhaltende Vögel verbringen dagegen mehr Zeit mit anderen Individuen, die sich in direkten Auseinandersetzungen eher unterordnen. Diese Persönlichkeitsmerkmale der Flamingos wurden mit den Beobachtungen von aggressivem Verhalten und Erkundungsbereitschaft dokumentiert.

„Wir haben Gruppen von aggressiven Vögeln beobachtet, die versuchen, andere zu dominieren, und häufiger in Kämpfe geraten“, berichtet Mitautorin Fionnuala McCully von der Universität Liverpool. Dagegen sei die Rolle der eher unterwürfigen Vögel wahrscheinlich nicht nur darauf beschränkt, das untere Ende der Hackordnung zu bilden. „Sie nutzen vielleicht einen anderen Ansatz, um zu kriegen, was sie brauchen“, vermutet McCully.

Flamingos einer Gruppe unterstützen sich gegenseitig, haben die Forschenden herausgefunden, indem sie sich etwa bei den häufigen Zankereien beiseitestehen. Wie Menschen übernehmen Flamingos entsprechend ihrer Persönlichkeit bestimmte Stellungen in der Gesellschaft, sagen die Forschenden. Sie gehen dabei – ebenfalls wie Menschen – aus unterschiedlichen Gründen engere Bindungen ein. „Dass diese so lange halten, ist auch ein Hinweis darauf, dass sie wichtig für ihr Überleben sind“, sagt Rose.

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