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Der Vulkanausbruch von Tonga Anfang 2022 hat die höchste jemals auf der Erde gemessene Aschewolke erzeugt.

© picture alliance/dpa/Simon Proud/Uni Oxford, RALSpace NCEO/Japan Meteorological Agency/-

Unterwasser-Infrastruktur: Unterseeische Vulkane gefährden weltweiten Datenverkehr

Ein gewaltiger Ausbruch eines Meeresvulkans in Tonga zeigt, welche Schäden solche Eruptionen anrichten können, die auch andernorts auftreten.

Bricht ein Vulkan explosionsartig aus, kann sich ein einige hundert Grad heißes Gemisch aus winzigen Teilchen und Gasen bilden, das mit einer Geschwindigkeit von bis zu 700 Kilometern in der Stunde talwärts strömt. Diese pyroklastischen Ströme können an Land enorme Verwüstungen anrichten und viele Menschenleben kosten, wie beim Ausbruch des Vesuvs im heutigen Italien im Jahr 79.

Während heute Touristen die Auswirkungen dieser heißen Ströme in den Ruinen der römischen Städte Pompeji und Herculaneum sehen können, war über die Auswirkungen solcher massiven Explosionen von Unterwasser-Vulkanen bis zum Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai-Vulkans in der Südsee am 15. Januar 2022 nur wenig bekannt.

Berlin wäre begraben worden

Diese Eruption jagte im Tonga-Archipel nicht nur eine Aschewolke 58 Kilometer hoch in die Stratosphäre, sondern ließ auch unter Wasser gewaltige Vulkanasche-Lawinen mit Geschwindigkeiten von bis zu 122 Kilometern in der Stunde mehr als hundert Kilometer weit über den Meeresboden strömen, berichtet eine Gruppe um Michael Clare und Isobel Yeo vom National Oceanography Centre Southampton im Süden Englands in der Zeitschrift „Science“.

95
Prozent des internationalen Datenverkehrs werden über Glasfaserkabel am Meeresgrund abgewickelt. 

Bei dieser Naturkatastrophe hatten innerhalb von sechs Minuten zwei Eruptionen gewaltige Mengen einer Mischung aus Lava, Gestein und Gasen in die Höhe geschleudert. Mehr als 6,3 Kubikkilometer dieser Massen stürzten nach den Berechnungen des Teams fast senkrecht aus der Luft ins Meer zurück. Diese Menge hätte genügt, um die Stadtfläche von Berlin rund sieben Meter hoch mit Asche und Geröll zu bedecken. In der Südsee fiel diese gewaltige Masse dagegen auf die Flanken des Unterwasser-Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha’apai und strömte hangabwärts.

Neun Minuten nach der ersten und eine Viertelstunde nach der zweiten Eruption zerstörten diese Unterwasser-Lawinen das Glasfaser-Kabel, das die Tonga-Inseln mit dem Rest der Welt verbindet und schnitten den Archipel damit von der Kommunikation weitgehend ab. 83 und 89 Minuten nach den beiden Ausbrüchen brach dann auch die Internet-Kommunikation im internationalen Seekabel in der Nähe der Inselwelt völlig zusammen, und die Geröll- und Aschemassen hatten auch diese Verbindung unterbrochen.

Unsichere Datenverbindung

Mehr als 89 Kilometer dieses Glasfaserkabels war zerrissen oder so tief unter den Geröllmassen begraben, dass auch ein spezialisiertes Reparatur-Schiff es nicht mehr bergen konnte. Erst fünf Wochen nach der Katastrophe war daher die Verbindung über das internationale Kabel wiederhergestellt. Bis die Internetverbindung über das auf einer Länge von 105 Kilometern defekte lokale Kabel zu den Tonga-Inseln wieder voll funktionierte, dauerte es sogar 18 Monate.

Obendrein hatten die vulkanischen Lawinen die Landschaft auf dem Meeresgrund völlig verändert: Nach der Eruption fanden automatische Unterwasserfahrzeuge dort über hundert Meter tief eingeschnittene Schluchten, die vorher nicht dort gewesen waren. Gewaltige Vertiefungen waren im Untergrund ausgewaschen.

Da Untersuchungen ähnliche Strukturen auch an einigen anderen Unterwasser-Vulkanen zeigen, scheinen solche gewaltigen Geröll-Lawinen öfter Unterwasserhänge hinunter zu jagen – und Seekabel in der Nähe zu gefährden. Damit weist das Team um die Forscher in England auf eine bisher wenig beachtete kritische Infrastruktur hin: Mehr als 95 Prozent des internationalen Datenverkehrs werden über diese Glasfaserkabel am Meeresgrund abgewickelt. Und rund drei Viertel aller vulkanischen Aktivitäten passieren unter Wasser.

„Allerdings dürften davon nur die Eruptionen im flachen Wasser mit weniger als tausend Metern Tiefe gefährlich werden können“, erklärt Philipp Brandl vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, der an der Studie nicht beteiligt war. „In größeren Tiefen ist der Wasserdruck dagegen so groß, dass er solche Ausbrüche stark dämpft“. Das soll aber keine Entwarnung sein: In Zukunft sollte man sich besser auf solche Katastrophen vorbereiten, um solche Zerstörungen rascher reparieren zu können.

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