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Viele Insektenarten, wie die Wildbiene, finden auf kurzgemähten Flächen kaum Lebensraum.

© Foto: Getty Images/500px Prime

Bewusst gepflegt: Wie Städte Insekten retten können

Parks, Gärten, Blühwiesen – Städte haben großes Potenzial, die biologische Vielfalt zu bewahren, zeigen Berliner Forschende in einer Studie. 

Nicht nur die Landwirtschaft, auch Städte können viel zum Schutz der Insekten beitragen – und zwar einfach und kostengünstig. Das zeigt eine Studie der Freien Universität Berlin, die in der Fachzeitschrift „Urban Forestry and Urban Greening“ veröffentlicht wurde. Der Schlüssel zum Erfolg liegt dabei vor allem in der Pflege von Grünflächen. Eine der wichtigsten Maßnahmen: weniger mähen.

Denn viele Insektenarten finden auf kurzgemähten Flächen kaum Lebensraum, kein Futter, keine Überwinterungsplätze vor, wie das Forschungsteam um den Biologie-Professor Jens Rolff von der FU Berlin herausgefunden hat. Wenn man bereits nur zwei mal im Jahr mäht, profitieren davon vor allem flugfähige Insekten wie Schmetterlinge und Wildbienen. Eben diese Insekten nisten nicht nur gerne im Totholz, sondern auch an Pflanzenstängeln, etwa von Disteln, Kletten, Beifuß.

40 Prozent
der Insekten weltweit sind vom Aussterben bedroht

„Das weltweite Insektensterben hat ein bedrohliches Ausmaß erreicht“, sagte FU-Wissenschaftlerin Sophie Lokatis in einer Mitteilung. Mittlerweile gelten weltweit um die 40 Prozent aller Insekten als vom Aussterben bedroht, Tendenz steigend. Allein in Deutschland sind mehr als ein Viertel der Insekten gefährdet, wie die aktuelle Rote Liste des Bundesamts für Naturschutz verdeutlicht.

Die Folge: Mit weniger Insekten, gibt es auch weniger Pflanzenvielfalt. Mehr als 80 Prozent aller Pflanzenarten sind abhängig von Bestäubung. Auch Tiere finden immer weniger Nahrung, Lebensraum. So hängt auch das Vogelsterben in Deutschland eng mit dem Schwinden der Schmetterlinge, Fliegen, Bienen und Käfer zusammen.

Wie dramatisch das ist, zeigt eine Studie vom Centre for Conservation Science aus dem vergangenen Jahr: Seit 1980 ist die Zahl der Vögel innerhalb der Europäischen Union demnach um mehr als 600 Millionen Individuen zurückgegangen. Und schlussendlich ist mit dem Insektensterben auch die Sicherung menschlicher Ernährung grundlegend gefährdet. Bestäuber, wie Bienen, sind immerhin für rund 35 Prozent der weltweiten Nahrungsmittelproduktion verantwortlich.

Weniger mähen, mehr Insekten

Dass weniger Mähen eine entscheidende Maßnahme sein kann, das Insektensterben zu verringern, ist zwar keine ganz neue Erkenntnis. Doch vergangene Studien konzentrierten sich meist auf nur ein oder zwei Standorte. Die Forschenden der FU Berlin haben in ihrer Metaanalyse 28 Studien aus verschiedenen Ländern Nordamerikas und Europas verglichen, was die Ergebnisse belastbar mache, sagte Erstautorin Anja Proske von der Deutschen Wildtierstiftung.

Allein in Berlin machen öffentliche Grünflächen rund 30 Prozent der Fläche aus und bieten damit ein großes Potenzial für den Schutz der biologischen Vielfalt.

Jens Rolff, Professor für Biologie an der FU Berlin

Darunter befinden sich auch Daten aus dem Projekt „Blühender Campus“ an der FU Berlin. Auf den Grünflächen, Blühwiesen, die über den gesamten Campus verteilt sind, wurde das Mähen bereits reduziert. Das Forschungsteam konnte dort eine zum Teil vierzigfach höhere Menge an Insekten nachweisen.

Gerade in Städten und Siedlungsgebieten gebe es zahlreiche öffentliche Grünflächen: von Parks über Friedhöfe bis Wiesen oder Böschungen, betonen die Forschenden. „Allein in Berlin machen öffentliche Grünflächen rund 30 Prozent der Fläche aus und bieten damit ein großes Potenzial für den Schutz der biologischen Vielfalt“, sagte Jens Rolff. Hinzu kämen die zahlreichen privaten Gärten, etwa in den Kleingartenanlagen.

Eine weitere zentrale Erkenntnis der Studie: Die insektenfreundlichere Pflege führt nicht, wie befürchtet, zu einem Anstieg von Schadinsekten, wie Wurzelschädlinge und Mücken. Schadinsekten kommen auf den wilderen, artenreichen Flächen sogar seltener vor. Ein möglicher Grund hierfür: Mit der steigenden Insektenvielfalt nimmt auch die Zahl der Beutegreifer zu, wie Spinnen, Käfer, Wespen.

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