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 Mit dem Einsetzen von Tausenden von Jungfischen versuchen viele Angelvereine regelmäßig, den Fischbestand und die Fischvielfalt in ihren Seen zu erhöhen. Die Studie zeigt nun, dass dies nicht hilfreich ist.

© dpa/Florian Möllers

Wenn die Fische sterben: Binnengewässer sollen ökologisch aufgewertet werden

Für die biologische Vielfalt in den Seen Deutschlands ist Lebensraummanagement am besten, zeigen aktuelle Forschungen – unterstützt von Anglervereinen.

Wenn ein Süßwassersee am Kippen ist und die Fische leiden, ist es keine gute Idee, einfach neue Fische anzusiedeln. Vielmehr muss man sich sorgfältig um den ökologischen Zustand des Sees kümmern. Zu diesem Ergebnis kamen Forschende aus Berlin und Bremen in einer groß angelegten Studie. Sie konnten zeigen, dass Fische in Süßwasserseen deutlich von Verbesserungen der Lebensräume profitierten, der Fischbesatz hingegen keine nachhaltig positiven Effekte hat. In dem großen Ganzsee-Experiment war es den Forschenden gelungen, 20 Seen in Niedersachsen ökologisch aufzuwerten.

Das Forschungsteam unter Leitung des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) in Kooperation mit der Hochschule Bremen veröffentlichte die Ergebnisse dazu nun im Fachmagazin „Science“. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit verschiedenen Anglervereinen.

Viele Anglervereine versuchen bislang durch das Einsetzen von Tausenden von Jungfischen, den Fischbestand und die Fischvielfalt in ihren Seen zu erhöhen. Die Wiederherstellung ökologischer Rahmenbedingungen ist hingegen die besser Option, so die Forschenden – sie komme ganzen Lebensgemeinschaften zugute.

Gewässerpflege scheitert oft an Kosten

Dieses sogenannte ökosystembasierte Management werde aber nicht zuletzt aus Kostengründen selten umgesetzt. Es fehle auch an überzeugenden Belegen, dass ein umfassender Gewässerschutz effektiver ist, als die für viele Menschen naheliegenden Alternativen, wie das Aussetzen von Tieren zur Bestandsaufstockung, so die Forschenden. Diese Belege liefere die Studie nun.

Dafür hatten die Wissenschaftler Maßnahmen zur Aufwertung von Lebensräumen und den – traditionell beliebten – Fischbesatz an 20 Baggerseen in Niedersachsen erprobt. In einigen Seen wurden zusätzliche Flachwasserzonen geschaffen, in anderen wurden Totholzbündel eingebracht, um die Strukturvielfalt zu erhöhen. Weitere Versuchsgewässer wurden mit fünf in der Fischerei begehrten Fischarten besetzt, unveränderte Kontrollseen dienten als Vergleich. Insgesamt gingen über 150.000 Fische in die Untersuchung ein.

Flachwasserzonen steigern Fischbestände

„Nur die Schaffung der Flachwasserzonen steigerte die Fischbestände nachhaltig“, erklärte Johannes Radinger vom IGB, Hauptautor der Studie. Diese Zonen seien für viele Fischarten ökologisch unverzichtbar, vor allem als Laichplatz und als Refugien für Jungfische. Das Einbringen von Totholz habe nur in einzelnen Gewässern positive Effekte gezeigt. Der Fischbesatz habe sein Ziel gänzlich verfehlt. „Die Wiederherstellung zentraler ökologischer Prozesse und Lebensräume –das ökosystembasierte Lebensraummanagement – kann Fischbestände nachhaltiger schützen und fördern als eng auf einzelne Arten ausgerichtete Maßnahmen wie Fischbesatz“, erklärt Radinger.

Die Forschenden leiten aus Ihren Ergebnissen zwei zentrale Botschaften ab, die ihrer Ansicht nach nicht nur für Baggerseen gelten: „Die Wiederherstellung ökologischer Prozesse wirkt sich nachhaltiger auf Lebensgemeinschaften und Arten aus als der enge Fokus auf den Schutz einzelner Arten.“ Solche Maßnahmen seien nötig, da der Verlust der biologischen Vielfalt in Binnengewässern besorgniserregend groß sei.

Zudem funktioniere Gewässerschutz besonders gut, wenn die Gruppen, die Gewässer nutzen – etwa Angelvereine – in Eigenverantwortung aktiv würden und von Behörden, Verbänden und der Wissenschaft unterstützt würden. So ließen sich Naturschutz und Naturnutzung in Einklang bringen. „Von der Aufwertung der Gewässer profitieren sowohl die Arten als auch die Gewässernutzer*innen.“

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