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Grizzlys (Ursus arctos) nutzen menschliche Wege häufiger, wenn keine Menschen darauf gehen.

© Mammal Spatial Ecology and Conservation Lab at WSU

Wildwechsel: Vorsicht, freilaufende Menschen!

Die meisten Wildtiere gehen Menschen lieber aus dem Weg. Wenn keine Menschen da sind, gehen sie aber auch gerne auf dem Weg.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Es war ruhig geworden, im Glacier-Nationalpark an der Grenze des US-Bundesstaats Montana zu Kanada, herrlich ruhig. Kojote, Grizzly-Bär und Weißwedelhirsch gingen ungestört ihren Geschäften nach. Doch seit einiger Zeit kommen sie wieder in größerer Zahl, mit Bärenglöckchen, Rucksack und Mückenspray: Menschen (Homo sapiens).

Auch wenn sie keine Gewehre tragen, sondern Kameras, Ferngläser und Trinkflaschen, gehen die meisten Wildtiere ihnen doch lieber aus dem Weg, oder, genauer gesagt, nutzen die für menschliche Besucher angelegten Wege weniger. Doch es gibt auch Ausnahmen.

Pumas (Puma concolor) kümmern sich im Gegensatz zu den meisten anderen Tieren nicht um die Anwesenheit von Menschen.

© Mammal Spatial Ecology and Conservation Lab at WSU

Ein Team von Angestellten des Nationalparks und Forschenden von der University of Washington hat den Tieren an den Wanderwegen Kamerafallen gestellt, in die sie regelmäßig hineintappten, während der Park im Sommer 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie zeitweise geschlossen war. Im Sommer 2021 war er wieder für Besucher geöffnet und die Forschenden konnten erkennen, welche Tiere versuchten, Begegnungen mit Touristen zu vermeiden und welche ihre Nähe suchten.

Denn für kleine Raubtiere und Pflanzenfresser könnte es eine Art Schutzzone um die Wege geben, wenn größere Räuber sie meiden. Solange Menschen da sind, sind sie dort eher ungestört.

Die Gebirgslandschaft in Montana bietet Lebensräume für alle Tiere, die man aus Wildwestgeschichten kennt, und einige, die man nicht kennt. Da sind die prominenten Raubtiere Grizzly, Schwarzbär, Puma, Luchs und Wolf, außerdem Kojote und Fuchs. Es gibt Elche, Weißwedelhirsche, in einigen Teilen des Parks sogar Bisons und viele kleinere Tiere wie Eichhörnchen, Schneeschuhhasen und das Kleine Streifenhörnchen.

Wie die Forschenden kürzlich im Fachjournal „Scientific Reports“ berichteten, meiden die meisten Arten die Auslaufgebiete für Menschen. Schwarzbär, Kojote, Elch und Weißwedelhirsch blieben lieber unter sich. Einige Arten wichen Menschen auch zeitlich aus und wurden wieder mehr nachtaktiv: Elch, Schneeschuhhase und Maultierhirsch. Wieder anderen waren die Menschen eher egal. Vor allem Pumas veränderten ihr Verhalten nicht erkennbar.

Schlauer Fuchs: Wo Menschen sind, wittert er bessere Jagdchancen.

© Mammal Spatial Ecology and Conservation Lab at WSU

Nur eine Art suchte scheinbar die Nähe der Menschen und war häufiger auf bewanderten Wegen anzutreffen als auf menschenleeren. Doch auch das beruhte nicht unbedingt auf Sympathie für Parkbesucher. Füchse könnten sich häufiger auf und nahe der Wege aufgehalten haben, weil Kojoten als ihre größten Konkurrenten sich dort eher fernhielten. Mit Menschen in der Nähe können Füchse offenbar ungestörter jagen.

Und wie verhält es sich mit dem Spitzenräuber der amerikanischen Naturlandschaft, dem Grizzly? Unter menschlichen Wanderern durch Bärengebiete binden sich einige Glöckchen an den Rucksack. Denn die Tiere könnten aggressiv reagieren, wenn sie sich plötzlich einem Menschen gegenüber sehen. Das stete Klingeln beim Wandern soll verhindern, dass es dazu kommt, weil die Bären die Menschen lange hören, bevor sie sie sehen.

Ihr Nutzen ist jedoch umstritten. Eine Studie im Glacier-Nationalpark belegte, dass Bären seltener Scheinangriffe auf Glöckchentragende starteten. Andere vermuten, dass sie die Tiere eher neugierig machen könnten, was dem Wanderequipment auch den Spitznamen „Dinner bells“ eingebracht hat.

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